1187/J
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Langthaler, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz
betreffend nationaler Alleingänge im Bereich Lebensmittel
Zahlreiche KonsumentInnen und Konsumenten befürchteten, daß es durch den Beitritt Österreichs zur EU zu einer Überflutung- von qualitativ geringwertigen Lebensmitteln kommen wird, die zudem billiger sein werden als die in Österreich produzierten. Strenge Produktionsbestimmungen lassen sich nur für die heimische Lebensmittelerzeugung aufrechterhalten, alle anderen in EU-Ländern hergestellte Lebensmittel, die nicht den österreichischen Standards entsprechen, müssen dennoch zugelassen werden. Durch den EU-Beitritt ist mit einer Zunahme von Zusatzstoffen in den Lebensmitteln zu rechnen, weiters werden radioaktiv bestrahlte und gentechnisch veränderte Lebensmittel in Österreich auf den Markt kommen, die laut Umfragen von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden. Zudem können die derzeitigen EU-
Kennzeichnungsbestimmungen die Ansprüche an eine umfassende Verbraucherinformation (Stichwort E-Nummern) nicht erfüllen. In Österreich wurde über Jahrzehnte eine andere Lebensmittelpolitik betrieben als in der EU. Während das österreichische Lebensmittelrecht auf einer Art "Schutzphilosophie" aufbaut, gründet sich das EU-Recht in erster Linie auf einer Art "Informationsphilosophie".
Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz folgende
ANFRAGE
1. Sie haben sich für einen möglichen nationalen Alleingang im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ausgesprochen. Für welche Bereiche in Ihrem Ressort können Sie sich ebenfalls einen nationalen Alleingang innerhalb der EU vorstellen, bzw. für welche Bereiche wollen Sie einen derartigen Alleingang vollziehen?
2. Sollten Sie tatsächlich eine nationale Kennzeichnungsregelung für gentechnisch veränderte Lebensmittel verabschieden, die infolge aufgrund einer nicht so strengen EURegelung (Stichwort: Novel Food) EU-widrig wäre, was werden Sie unternehmen, um dennoch dem Wunsch der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten (97% fordern eine umfassende, lückenlose Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln) nachzukommen?
3. Werden Sie trotzdem an der österreichischen Regelung festhalten oder werden Sie diese Regelung wieder aufheben?
4. Wieviele nationale Alleingänge sind von Ihnen in Ihrem Kompetenzbereich bisher in der EU vorgenommen worden (bitte um genaue Auflistung)?
5. Gibt es Lebensmittelnormen in Österreich, die aufgrund des EU- bzw EU-Beitrittes nicht aufrechterhalten werden konnten bzw. verschlechtert wurden? Wenn ja, bitte um genaue Auflistung?
6. Gibt es für Sie Bereiche, wo lebensmittelpolitische Maßnahmen sinnvoller Weise direkt am Produkt ansetzen; wenn ja, in welchen Bereichen und wie wollen Sie diese Maßnahmen innerhalb der EU umsetzen?
7. Mehr als 80% der Österreicherinnen und Österreicher wollen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel auf dein Markt haben. Werden Sie, sollte es zu keinen konsumentengerechten Kennzeichnungssystemen kommen und sollte die lückenlose Kontrolle über derartige Produkte nicht gewährleistet werden können, notfalls nationale Alleingänge (Produktionsverbote, Importverbote bzw. Inverkehrbringungsverbote) machen?
8. Artikel 19 der EU-Richtlinie 90/20/EWG regelt die behördliche Handhabung von vertraulichen Angaben. Diese müssen im Antrag als solche klar gekennzeichnet sein. Die nicht vertraulichen Angaben sind ebenfalls klar gekennzeichnet und diese können auch aktiv an die Öffentlichkeit gebracht werden, wie es in einigen EU- und EWRMitgliedstaaten üblich ist. Wieso informieren Sie nicht die Öffentlichkeit über die Tatsache, daß Inverkehrbringungsanträge gentechnisch veränderter Nutzpflanzen in Ihrem Ressort zur Stellungnahme vorliegen?
9. Die Tatsache, daß derartige Anträge bei Ihnen einlangen und uni welche Pflanzen es sich handelt, sind auf jedenfall nicht vertrauliche Angaben. Dies bestätigte auch das Umweltministerium im Zuge der Anfragenbeantwortung 1180/J vom 21.7.1995. Glauben Sie nicht, daß die Öffentlichkeit ein Anrecht auf diese Informationen hat und' werden Sie in Zukunft diesbezüglich von Ihrem Informationsrecht Gebrauch machen? Wenn nicht, warum nicht?
10. Wieviele und welche Änderungen des österreichischen Lebensmittelkodex hat es seit dem EWR- bzw. EU-Beitritt Österreichs gegeben (bitte um genaue Auflistung jeder Änderung mit Grund der Änderung und dem Änderungsdatum)?
11. Welche diesbezüglichen Änderungen des Lebensmittelkodex haben Ihrer Meinung nach zu einer Verbesserung der Situation im Lebensmittelbereich geführt?
12. Welche diesbezüglichen Änderungen des Lebensmittelkodex haben Ihrer Meinung nach zu einer Verschlechterung der Situation im Lebensmittelbereich geführt?
13. Wieviele und welche Änderungen im Bereich der österreichischen Lebensmittel bzw. in der österreichischen Lebensmittelpolitik hat es seit dem E@- bzw. EU-Beitritt Österreichs gegeben und welche waren aus Ihrer Sicht von Vorteil und welche von Nachteil für die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten?