1216/J
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend mangelhafte Umsetzung von EU-Richtlinien
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil ,,Francovich" aus dem Gemeinschaftsrecht
den Rechtsgrundsatz abgeleitet, ,.daß die Mitgliedsstaaten zum Ersatz der Schäden
verpflichtet sind, die dem einzelnen durch Verstöße gegen das Gememschaftsrecht entstehen,
die diesen Staaten zuzurechnen sind".
Bei Richtlinien, die entgegen der Verpflichtung aus Artikel 189 Abs. 3 EGV nicht
fristgerecht und/oder nicht ordnungsgemäß in das innerstaatliche Recht umgesetzt wurden,
haftet der Staat für sein gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten.
Der betreffende Mitgliedsstaat ist somit gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, den
Geschädigten den verursachten Schaden zu ersetzen. Dieser Anspruch auf Schadenersatz ist
im Rahmen des nationalen Haftungsrechtes durchzusetzen.
In Etmangelung einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung ist es Sache der nationalen
Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedsstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und
das Verfahren für die Schadenersatzklagen entsprechend auszugestalten bzw. ein eigenes
Verfahren vorzusehen.
Art. 5 EGV verpflichtet daher die Mitgliedsstaaten - nun auch Östereich - ihr nationales
Haftungsrecht so aus- bzw. umzugestalten, daß es den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen
zur Staatshaftung entspricht.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Sind Sie auch der Auffassung, aus Gründen der Rechtssicherheit das nationale
Haftungsrecht den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zur ,,Staatshaftung" angepaßt
werden soll ?
2. Wenn nein, warum nicht ?
3. Wenn ja: Soll das Amtshaft.ungsverfahren nach dem Amtshaftungsgesetz
gemeinschaftsrechtskonform ausgestaltet oder der normale Schadenersatzprozeß vor
den ordentlichen Zivilgerichten entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben
auch auf gemeinschaftsrechtliche Schadenersatzforderungen erstreckt werden ?
4. Treten Sie dafür ein, überhaupt ein eigenes Verfahren unter Bestimmung eines
ausgewählten zuständigen Gerichtes vorzusehen ?
5. Gibt es für die unter Punkt 3 und 4 geschilderten Möglichkeiten bereits in Ihrem
Ministerium entsprechende Vorarbeiten??
6. Wenn ja: Wie sehen diese aus und wann werden Sie damit an die Öffentlichkeit treten
bzw. eine Regierungsvorlage einbringen ?