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der Abgeordneten Pollet-Kammerlander, Anschober, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend Nuklearwaffenstationierung in Österreich durch einen NATO-Beitritt
Gemessen an den Aussagen des Verteidigungsressorts könnte der Eindruck entstehen, als
wäre absolut auszuschließen, daß in Östereich im Falle eines NATO-Beitrittes jemals
Nuklearwaffen stationiert werden könnten, nicht zuletzt deshalb, weil es in Europa gar
keine NATO-Atomwaffen mehr gebe. Bei näherer Betrachtung ist diese Linie massiv
anzuzweifeln, mehr noch scheint eine Nuklearwaffenstationierung sehr realistisch, und
lassen vor alIem die dokumentierten Beinahe-Katastrophen im Umgang mit den derzeit 520
NATO-A-Bomben in Europa für Östereich auch ein massives "konventionelles" Strahlen-
Risikopotential befürchten.
Denn jenseits der Aussagen Minister Fasslabends, es gebe keine "bodengestützten" NATO-
Nuklearwaffen in Europa, ist von einer Anzahl von rund 520 -außerhalb ihrer
Besitzerländer- in Westeuropa stationierten Atombomben auszugehen (Greenpeace, "520
Forgotten Bombs"). Diese amerikanischen und britischen taktischen Sprengköpfe sind an 14
Orten in Deutschland, Großbritannien, Belgien, Niederlande, Italien, Griechenland und der
Türkei stationiert. Die beiden Bombentypen haben eine Sprengkraft von jeweils bis zu 400
Kilotonnen, ihre Gesamtsprengkraft beträgt etwa 98 Megatonnen. Das entspricht dem mehr
als 7500-fachen Potential der Hiroshima-Bombe bzw. der sechzehnfachen Sprengkraft aller
im Zweiten Weltkrieg eingesetzten Bomben. Die in den letzten Jahrzehnten dokumentierten
Berichte über Unfälle und Beinahe-Katastrophen im Umfeld dieser NATO-
Atomwaffenstationierung nnd ihres Transportes lassen den Schluß zu, daß nahezu alles an
theoretischen Unfallszenarien, sei es noch so unbeabsichtigt oder unwahrscheinlich, als
Möglichkeit in Betracht gezogen werden muß. Die Rede ist etwa von
nuklearwaffenbestückten Flugzeugen, die im Mittelmeer versunken sind und nach wie vor
als vermißt gelten, von irrtümlich ausgeklinkten Atombomben, die in der Folge
Lokalbevölkerung langfristig verstrahlte, von ganzen LKW-Ladungen Nuklearraketen , die
bei Unfällen über Felshänge gestürzt sind.
Aus dem NATO-Strategiepapier "Study On NATO Enlargement" vom September l995 und
diversen Aussagen etwa Generalsekretär Solanas geht hervor, daß es im Beitrittsfall zu
einem Transport oder einer Stationierung von Nuklearwaffen auch in Österreich kommen
kann.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie kann die Mitteilung des Verteidigungsministeriums, "Gegen den Willen eines
Staates ist die Stationierung von Atomwaffen nicht möglich. Eine entsprechende
Bedingung wäre allenfalls auch von NA TO-Neubewerbern bei den
Aufnahmeverhandlungen einzubringen " (apa, 30.7.1996) mit der Aussage folgender
Zeitungsmeldung (Die Presse, 30.4./1.5.1996) ''NA TO-Generalsekretär Javier Solana
hat potentielle Mitglieder der Allianz darauf hingewiesen, daß sie prinzipiell zur
Stationierung von Atomwaffen aufihrem Territorium bereit sein müssen '' in
Übereinstimmung gebracht werden, bzw. welche konkreten Garantien gibt es, daß in
Österreich im Falle eines NATO-Beitrittes unter keinen Umständen und zu keiner Zeit
Atomwaffen stationiert würden?
2. In einer Studie der NATO über die Osterweiterung der Allianz (Study On NATO
Enlargement, September 1995) heißt es: ''Die höchste Garantie der Sicherheit der
Bündnispartner besteht in den strategischen Kernwaffen des Bündnisses. Die neuen
Mitglieder genießen die Vorteile und Verpflichtungen, die sich daraus ergeben, in der
gleichen Weise wie alle anderen Bündnispartner in Übereinstimmung mit dem
strategischen Konzept. Es wird erwartet, daß die neuen Mitglieder das Konzept der
Abschreckung sowie die wesentliche Rolle unterstützen, die Kernwaffen für die
Bündnisstrategie der Kriegsverhinderung gemäß dem strategischen Konzept spielen ''.
Welche Verpflichtungen würden sich daraus für Österreich ergeben? Bekennt sich
Österreich zum Konzept der nuklearen Abschreckung und unterstützt es dieses
Konzept?
3. Weiter heißt es in dieser Studie: ''Die neuen Mitglieder werden zur Entwicklung und
Umsetzung der NA TO-Strategie einschließlich ihrer nuklearen Bestandteile beitragen ".
In welcher Weise würde Östereich an der Umsetzung der nuklearen NATO-Strategie
teilhaben?
4. In Artikel 13. (Verbot von Spezialwaffen) des Staatsvertrages heißt es u.a. , daß
Östereich Atomwaffen weder besitzen, herstellen, noch zu Versuchen verwenden
soll. Würden Sie -abgesehen von der streng juristischen Auslegung- einen
sinngemäßen Widerspruch zwischen diesem Teil des Staatsvertrages und einer
Atomwaffenstationierung in Östereich sehen?