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des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Autobahnskandal - Detailermittlungen
Der östereichische Autobahnskandal wäre ohne rechtsfreundliche Unterstützung nicht
realisierbar gewesen. Unter anderem spielte in dieser Affäre die Beratungsgesellschaft
L. eine wesentliche Rolle. Geschäftsführer der L. ist Herr F. Im Frühjahr 1993 fand
in der L.-Steuerberatungsgesellschaft in Wien eine Hausdurchsuchung statt. Dabei
wurden Klientenunterlagen beschlagnahmt. Univ.-Prof. Dr. Werner DoraId hat in
diesem Zusammenhang am 8.1.1996 Strafanzeige gegen Hern F. wegen des
Verdachts der Beweismittelfälschung bzw. Beweismittelunterdrückung eingebracht mit
dem konkreten Verdacht, wie sich die Hausdurchsuchung bei der L.-
Steuerberatungsgesellschaft in Wien zugetragen habe: während im oberen Stockwerk
der Staatsanwalt auf Hern F. wartete, gab Her F. seiner Sachbearbeiterin einen
Stock darunter die Weisung, jenen Klienten, der Gegenstand der Hausdurchsuchung
gewesen wäre, aus den Safe wegzuräumen. Buchstäblich hinter dem Rücken des
Staatsanwaltes ließ der Steuerberater den Klientenakt beiseite schaffen und habe damit
dem Staatsanwalt einen präparierten Akt übergeben - so der Verdacht.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten aus diesem Grund an den Bundesminister
für Justiz folgende schriftliche
ANFRAGE:
1. Gibt es Richtlinien für die Hausdurchsuchung bei Rechtsanwälten und
Steuerberatern?
2. Wie wird sichergestellt, daß Rechtsanwälte und Steuerberater nicht während der
Hausdurchsuchung für sie und ihre KIienten belastendes Material beiseite
schaffen und dem Staatsanwalt damit zum Naren halten?
3. Geht die Justiz von der Vermutung aus, daß Rechtsanwälte und Steuerberater
bei Hausdurchsuchungen grundsätzlich nicht versuchen, den Klienten zu
decken? Worauf gründet sich gegebenenfalls eine solche Vermutung?
4. Kann sich die Staatsanwaltschaft mit einer ''Nobelhausdurchsuchung" (den
freiwillig herausgegebenen Unterlagen) ohne die geringste zusätzliche Kontrolle
zufrieden geben, noch dazu, wenn gegen den Steuerberater bereits der Verdacht
der Mittäterschaft bestand?
5. Wird die Justiz in Zukunft Maßnahmen treffen, um zu verhindern, daß während
einer Hausdurchsuchung Akten verschwinden (z.B.
HausdurchsuchungsprotokoIle, die von allen mit dem Klienten beschäftigten
Mitarbeitern unterschrieben werden, fortwährende Beobachtung des
Rechtsanwaltes während der Hausdurchsuchung, Stichproben in den
Aktenschränken und im Safe)?
6. Teilt die Justiz die Auffassung der Staatsanwaltschaft, daß ein Rechtsanwalt und
Steuerberater, der während der Hausdurchsuchung einen Klientenakt wegräumt,
auf Grund der Rechtslage oder der mangelnden Beweisbarkeit straflos bleibt?
Wenn ja, hält die Justiz eine solche Rechtslage für vertretbar?
7. Wie endete jene in der Begründung angeführte Anzeige? In welchem
Verfahrensstadium befindet sie sich derzeit?
8. Ist es richtig, daß es einen Unterschied macht, ob der Hausdurchsuchungsbefehl
übereicht worden ist? Wenn ja, warum hat der Staatsanwalt im konkreten FalI
den Hausdurchsuchungsbefehl nicht übereicht und damit dem Steuerberater die
Möglichkeit gegeben, den Akt straflos wegzuräumen?
9. Teilt die Justiz die Auffassung, daß der Steuerberater den Akt wegräumen kann
und die Staatsanwaltschaft beweispflichtig ist, daß der Akt beschlagnahmefähig
war? Oder ist die Sache gegenteilig zu beurteilen, daß nämlich der Steuerberater
sich grundsätzlich strafbar macht, wenn er Aktenteile während der
Hausdurchsuchung wegräumt und beweispflichtig ist, wenn er behauptet, daß
der von ihm beiseite geschaffte Akt dem Beschlagnahmeverbot unterlag?
10. Warum wurde die Hausdurchsuchung nicht wiederholt und zwar wie kurz nach
der Hausdurchsuchung als der dringende Verdacht bestand, daß sich die
fehlenden Aktteile nach wie vor im Besitz des Steuerberaters befunden haben,
noch auch ein zweites Mal nach der förmlichen Strafanzeige und zwar obwohI
gegen den Steuerberater von Anfang an der Verdacht der Mittäterschaft
bestanden hat?
11. Welche Maßnahmen kann die Justiz im konkreten Fall noch unternehmen, um
der beiseite geschafften Unterlagen habhaft zu werden und dem Steuerberater
gegebenenfalls strafrechtlich zu belangen?
12. Ist es richtig, daß nicht einmal der Versuch unternommen wird, den
Steuerberater wegen BeweismittelverfäIschung bzw. Beweismittelunterdrückung
zu verfolgen? Handelt es sich bei dem beschlagnahmten Akt tatsächlich nur um
beschlagnahmefähige Unterlagen? Von wem erhielt der Steuerberater den
Auftrag, den Akt zu zerlegen? Da die Zerlegung eines Aktes mehrere Stunden
benötigt: Wurde dem Klienten dafür ein Honorar in Rechnung gestellt?