1305/J
der Abgeordneten Motter, Kier und Partner/innen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend gepIante Abschiebung eines in Österreich integrierten türkischen
Staatsbürgers
Gegen dem türkischen Staatsbürger Serdar Yücel (geb. 25.12.1975) wurde mit
Bescheid (Frb-4250a-57/96) in zweiter lnstanz ein Aufenthaltsverbot von 5 Jahren
erlassen. Alles, was sich der 20jährige Türke zuschulden kommen ließ, ist eine
Reihe von Verwaltungsübertretungen gemäß Kraftfahrgesetz und Straßenverkehrs-
ordnung. Diese Übertretungen rechtfertigten wahrscheinIich den Entzug des
Führerscheins, sicherlich jedoch nicht ein sofortiges Aufenthaltsverbot und eine
Abschiebung in die Türkei. Denn Yücel wurde in Österreich geboren und hat einen
Großteil seines Lebens (seit 1986 ununterbrochen) in unserem Land verbracht. Er
besitzt überhaupt keine familiären oder sonstigen Wurzeln mehr in der Türkei,
weshalb eine Abschiebung, wenn auch durch eine rigide Auslegung des
Fremdengesetzes vielleicht gedeckt, eine Unmenschlichkeit sondergleichen
darstellt.
Daß selbst die Behörde offenbar ein schlechtes Gewissen bekommen hat, ist schon
daran abzulesen, daß die Länge des Aufenthaltsverbots in zweiter Instanz von 10
auf 5 Jahre verkürzt wurde, was an der unerträglichen Situation für YüceI nichts
ändert.
ln diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für lnneres:
1 . Sind Sie der Auffassung, daß es sich im Falle von Serdar YüceI um einen in
Österreich integrierten Ausländer handeIt? Wenn nein, warum nicht?
2. Wenn ja, warum wird in seinem Fall nicht § 20 Fremdengesetz (Unzulässigkeit
eines Aufenthaltsverbotes) angewendet, obwohl hierfür die Dauer des
Aufenthalts, das Ausmaß der lntegration und die lntensität der familiären und
sonstigen Bindungen ausschlaggebend sind?
3. Selbst im zitierten Berufungsbescheid wird festgehalten, daß es sich bei Serdar
Yücel um einen integrierten Ausländer handelt und das Aufenthaltsverbot einen
schweren Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstellen würde (Seite 9).
Welche Tatsachen rechtfertigen dann die öffentlichen Interessen zugunsten des
Aufenthaltsverbotes?
4. Sind Sie der Auffassung, daß ein Ausländer, dessen Vergehen im wesentIichen
darin bestanden, mehrmals alkoholisiert am Steuer gesessen zu sein (aber dabei
keinen Unfall verursacht zu haben), die öffentIiche Ruhe, Sicherheit und Ordnung
derart zu gefährden, daß er für 5 Jahre des Landes verwiesen werden muß?
Wenn ja, warum?
5. lnwiefern rechtfertigt das Vergehen des alkoholisierten Steuerns eines
Fahrzeuges die Anwendung der Bestimmung des § 10 Abs 1 Z 6 StbG, d. h., daß
Yücel die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verIiehen werden dürfe, wenn
er nicht ''der Republik Österreich bejahend gegenübersteht''? Wäre in diesem
Fall nicht § 20 Abs 2 Fremdengesetz sehr wohl anzuwenden gewesen?
6. Hätte man der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit
nicht auch Genüge getan, indem man Yücel den Führerschein auf unbestimmte
Zeit entzogen hätte, anstatt ein Aufenthaltsverbot zu verhängen?
7. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit in Österreich integrierte und
aufgewachsene Ausländer, die keinen Bezug mehr zu ihrem ''Heimatland'' haben,
nicht mit einem Aufenthaltsverbot belegt werden, zumindest dann nicht, wenn sie
sich keines Verbrechens schuldig gemacht haben?