1351/J
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Annemarie Reitsamer, Emmerich Schwemlein,
Dr. Ewald Nowotny
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend ,,Ausschluß der Öffentlichkeit nach § 213 Finanzstrafgesetz"
Am 4. Juli 1996 hätte am Landesgericht Salzburg der sog. ,,kleine WEB-Prozeß" stattfinden
sollen, bei dem sich die Angeklagten wegen millionenschwerer Steuerhmnterziehung
verantworten sollten. Dabei wurde aber die Öffentlichkeit sofort nach § 213 Abs. 1 Z a
Finanzstrafgesetz vom Verfahren ausgeschlossen. Dieser Ausschluß der Öffentlichkeit
erstreckt sich auch auf die Akteneinsicht Dritter sowie auf die Verkündigung der
Urteilsentscheidungsgründe. Der Staatsanwaltschaft steht gegen diese Entscheidung kein
Rechtsmittel zu.
Dieser Ausschluß ist Ausfluß des sog. ,,Steuergeheimnisses", da in einem
Finanzstrafverfahren auch betriebliche und steuerliche Verhältnisse der Angeklagten erörtert
werden. Dieser Grundsatz wurde auch dieser Ausschluß-Entscheidung zugrundegelegt,
obwohl dieses Finanzstrafverfahren bzw. dessen Ausgang für das ,,große" WEB-
Strafverfahren und für annhängige Zivilverfahren (die bereits von geschädigten Anlegern
angestrengt wurden) rechtlich von wesentlicher Bedeutung ist.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Wann kann in Österreich die Öffentlichkeit von gerichtlichen Strafverfahren bzw.
Verwaltungsstrafverfahren generell ausgeschlossen werden?
2. Halten Sie diese Regelungen noch für gerechtfertigt?
3. Halten Sie den Ausschluß der Öffentlichkeit (inkl. der Verwehrung der Akteneinsicht
durch Dritte) nach § 213 Fmanzstrafgesetz fuür noch gerechtfertigt?
4. Gibt es diese bzw. ähnliche Ausschlußgründe bei Finanzstrafverfahren auch in der
BRD?
5. In welchen sonstigen europäischen Ländern existieren diese oder ähnliche
Ausschlußgründe bei Finanzstrafverfahren?
6. Führt nicht dieser Ausschluß der Öffentlichkeit - mit dem sog. Grundsatz des
Steuergeheimnisses gefolgt wird - dazu, daß dabei zwar ,,Steuersünder" geschützt
werden, jedoch Personen, die sich als Privatbeteiligte einem gerichtlichen
Strafverfahren angeschlossen haben (z.B. durch fehlende Akteneinsicht bzw.
Parteistellung), benachteiligt werden.
7. Sehen Sie dabei nicht auch diese Nachteile für Personen (z.B. geschädigte Anleger),
die gegen dieselben Personen ein Zivilverfahren angestrengt haben.
8. Wenn nein, warum nicht?
9. Sind Sie bereit, einer Novellierung von § 213 Finanzstrafgesetz dahingehend
zuzustimmen, daß die Öffentlichkeit in Zukunft dann nicht mehr ausgeschlossen
werden kann, wenn darüberhinaus in einem Zivilverfahren über strittige Ansprüche
Dritter gegenüber den in einem Finanzstrafverfahren Angeklagten oder in einem
weiteren gerichtlichen Strafverfahren über die strafrechtliche Relevanz entschieden
wird?
10. Sind Sie auch bereit, einer Novellierng von § 213 Finanzstrafgesetz dahingehend
zuzustimmen, daß der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit gegeben wird, gegen eine
derartige Entscheidung ein Rechtsmittel zu ergreifen?