1426/J
der Abgeordneten Wabl, Petrovic, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz
betreffend Anrainerschutz bei Massentierhaltung
Massentierhaltungsanlagen geraten immer mehr in den Blickpunkt einer kritischen
Öffentlichkeit, sei es aus Gründen des Tier- und Konsumentenschutzes oder aufgrund von
Umweltbelastungen und den damit verbundenen Folgekosten. Aufgrund der politischen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft ist die Konzentration in der
Tierhaltung tendenziell stark ansteigend. Dieser Umstand führt dazu, daß es in der letzten
Zeit seitens der von den Emissionen betroffenen Anrainer zunehmend zu Beschwerden
wegen enormer Geruchsbelästigungen und des Verdachtes auf Gesundheitsgefährdung
kommt. Neben einem Mangel an speziell auf die Massentierhaltung zugeschnittenen bundes-
und landesgesetzlichen Regelungen gibt es auch eklatante Vollzugsdefizite in der
öffentlichen Verwaltung.
Um die Belastungen und Schwierigkeiten der Anrainer, ihre Rechte durchzusetzen, zu
demonstrieren, seien einige Beispiele genannt:
In den letzten Jahren hat in Lichtenwörth bei Wr. Neustadt ein erheblicher Anteil der
landwirtschaftlichen Betriebe ihre Betriebsanlage umgestellt von Mischtierhaltung auf
intensive Schweinemast- und Zuchtbetriebe. So fallen 1996 auf 2900 Bewohner dieser
Gemeinde 10.706 Schweine. In Lichtenwörth liegt ein Großteil der landwirtschaftlichen
Betriebe im Ortszentrum, wodurch im Ortskern eine ständige Gestankwolke feststellbar ist.
Besonders belastend ist die Situation für die betroffenen Anrainer. Versuche, die Landwirte
in Einzelgesprächen und Bürgerversammlungen für einen höheren technischen Standard
ihrer Anlagen zu gewinnen , blieben ebenso ergebnislos wie die Interventionen bei den
zuständigen Behörden.
Ein anderes Beispiel ist der Legehennenbatteriebetrieb und die Kottrocknungsanlage der
Gnaser Frischeiproduktions GesmbH & Co KG, wo nach Feststellungen des
Gemeindearztes bereits eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung der Anrainer gegeben ist.
In St. Johann in Tirol sorgt eine Kälbermastanstalt, die auch Jungrinder importiert, für
Diskussionen u.a. auch deshalb, weil sie ohne Genehmigung erichtet wurde und es
Entsorgungsprobleme mit der Gülle gibt.
Es handelt sich bei diesen Betrieben nicht mehr um bäuerliche Betriebe, sondern um
gewerbliche Unternehmen. Dennoch finden nach der Gewerbeordnung den Nachbarschutz
regelnde Bestimmungen für das Betreiben von Anlagen für das Halten von Nutztieren zur
Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse keine Anwendung. Lediglich die
Bauordnungen der Länder kommen kommen zur Anwendung. Wie jedoch allein die jüngste
Gesetzesnovelle des Niederöstereichischen Landtages zeigt, werden auch in diesem
Verfahren die Nachbarn hinausgedrängt. §6 der NÖBauO gibt nur jenen Nachbarn
Parteienstellung, welche mit dem geplanten Betrieb eine gemeinsame Grenze haben. Daher
sind Nachbarn von Massentierhaltung ohne behördlichen Schutz.
Die unterfertigten Abgeordneten stelIen daher folgende
ANFRAGE:
1. Der Distriktarzt macht bezüglich der Kottrocknungsanlage der Gnaser
Frischeiproduktions GesmbH die Feststellung, daß in der Nachbarschaft dieses Betriebes
im Verlaufe der letzten Jahre auffallend gehäuft Erkrankungen (Hustenanfälle,
Bindehautentzündungen, Schleimhautreizungen der Nase) von dort wohnenden Leuten
auftraten , die sonst eigentlich so konzentriert nicht bei der Bevölkerung vorkommen.
Welche Maßnahmen werden Sie angesichts zum Schutz der Gesundheit der Anrainer von
Massentierhaltungsanlagen ergreifen?
2. Werden die typischen Krankheitsbilder von Geruchseinwirkungen in Östereich als
Gesundheitsgefährdung anerkannt? Wenn nein , warum nicht?
3. Für Anrainer ist es meist sehr schwierig, Gesundheitsgefährdungen durch
Massentierhaltungsanlagen nachzuweisen. Gibt es Studien , die sich mit der
gesundheitlichen Auswirkungen der Geruchsreize bzw. der toxischen Bestandteile der
Abluft bei solchen Anlagen befassen? Wenn ja, welche? Wenn nein , werden sie solche in
Auftrag geben?