1432/J
der Abgeordneten Haidlmayr, Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend Einberufung von Doppelstaatsbürger, der bereits in Deutschland Zivildienst
geleistet hat
Seit 16.02.1996 hat Thomas Gerhard Majewski neben seiner deutschen auch die
östereichische Staatsbürgerschaft erworben. Er hat bereits in der Bundesrepublik
Deutschland seinen Zivildienst zwischen 1.09. 1994 und 30.11.1995 abgeIeistet.
Grundsätzlich haben Deutschland und Östereich das "Übereinkommen über die
Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsbürgerschaft (BGBl471/1975) '' über die
gegenseitige Anerkennung der Wehrpflicht unterzeichnet. Das heißt, wer in Deutschland
seine Wehrpflicht erfüIlt hat, wird in Östereich nicht mehr einberufen, wenn er
Östereicher wird und umgekehrt.
Der Fall Majewski zeigt, daß die Ergänzungsabteilung des Militärkommandos Wien die
geübte Praxis und die Einhaltung des bezeichneten Übereinkommens verlassen hat und nun
Herrn Majewski zum Wehrdienst in Östereich einberufen will, obwohl er in Deutschland
bereits ZiviIdienst geleistet hat. Darüberhinaus wurde Thomas Gerhard Majewski bei der
Stellung in einer Weise informiert, daß er keinen Wehrdienst mehr in Östereich leisten
müsse, und damit auch kein Zivildienstantrag notwendig sei.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Auf welcher RechtsgrundIage wurde Her M. , der bereits in der Bundesrepublik
Zivildienst geleistet hat, in Östereich mit Einberufungsbefehl für den 2.Jänner (ZI. :
777.767/1-2.7/96 v. 16.09. l996) zur Militärdienstleistung in Österreich einberufen?
2) Stellt diese Einberufung nicht eine grundlegende Änderung der Anwendungspraxis
und eine VerIetzung des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung der
Wehrpflicht dar?
3) Wann wurde die Auslegungspraxis bezüglich dieses Übereinkommens geändert und
Zivildienstleistung in einem anderen Staat nicht mehr als Erfüllung der Wehrpflicht
anerkannt?
4) Wann wurde das Übereinkommen mit der Bundesrepublik aufgekündigt?
5) Wird mit Staatsbürgern anderer Staaten in gleichgelagerten FälIen ebenso verfahren
wie mit deutsch-östereichischen Doppelstaatsbürgern?
6) Hat es bereits andere dem Fall M. vergleichbare Fälle gegeben?
7) Meinen Sie nicht, daß diese östereichischerseits offensichtIich einseitig erfolgte
Aufkündigung des Übereinkommens von gegenseitiger Anerkennung der
Wehrpflichtableistung unter Umständen diplomatische Schwierigkeiten zur Folge
haben wird?
8) Meinen Sie nicht, daß diese Auslegung des Übereinkommens von gegenseitiger
Anerkennung der Wehrpflichtableistung zuungunsten der Betroffenen die damit einmal
Zivil- und einmal Wehrdienst leisten müssen, letztlich auch Östereicher die eine
deutsche Staatsbürgerschaft annehmen, bald betreffen wird?
9) Erachten Sie im Sinne des Gleichheitssatzes den Fall M. , der - geht es nach den
Militärbehörden Östereichs - nun seine Wehrpflicht doppelt abdienen soll, für
gerechtfertigt?
10) Her Majewski würde durch die Ableistung des Wehrdienstes in Östereich nicht nur
doppelt dienen müssen, sondern auch die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren.
Erachten Sie diese Vorgangsweise der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos
Wien für angemessen?
11) Meinen Sie nicht, daß durch diese Vorgangsweise der Militärbehörden Östereichs,
unter Umständen jetzt auch (nach Amnesty und dem Europarat) die deutsche
Bundesregierung auf die abgeschaffte Gewissensfreiheit für Waffenverweigerer
hierzulande aufmerksam werden könnte, da Her M. im guten Glauben seine
Wehrpflicht als Zivildienst bereits erfüIlt zu haben, genau nach Verstreichen der
Monatsfrist zur Zivildienstantragstellung, den völlig unüblichen und überaschenden
Einberufungsbefehl zugestellt bekommen hat und nun nicht einmal mehr die Chance
hat einen Zivildienstantrag zu stellen?