XX.GP.-NR
1453/J
A n f r a g e
der Abg. Mag. Haupt, Dr. Salzl, Aumayr, Ing. Reichhold, Koller, Wenitsch an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft
betreffend Lockerung der Richtlinie 92/118/EWG durch den EU-Rat
Am 24.7.1996 unterbreitete die EU-Kommission dem EU-Rat den Vorschlag einer Änderung der Richtlinie 92/118/EWG über die tierseuchenrechtlichen und gesundheitlichen Bedingungen für den Handel mit Erzeugnissen tierischen Ursprungs in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft.
In der Begründung heißt es: "Nach der Richtlinie 892/118/EWG sind für die Einfuhr der unter die Richtlinie fallenden Erzeugnisse Listen der Drittlandsbetriebe zu erstellen. Es zeigt sich, daß zum Schutze der Gesundheit von Tier und Mensch solche Listen für bestimmte Erzeugnisse wie Huftierhäute, Knochen, Hörner, Klauen und ihre Erzeugnisse, Imkereierzeugnisse, Jagdtrophäen, Gülle, Wolle, Haare, Borsten und Federn sowie Honig nicht mehr gerechtfertigt sind. Zur Vereinfachung sollte daher die Forderung zur Erstellung solcher Listen aufgehoben werden.
Für bestimmte andere Erzeugnisse wird vorgeschlagen, bei Drittländern, deren Erzeugung den Gemeinschaftsbedingungen entspricht, gleichfalls von der Verpflichtung zur Erstellung einer Liste der Betriebe abzuweichen.
...
Die Umsetzung dieser Richtlinie dürfte in den Mitgliedstaaten keine besonderen Probleme aufwerfen."
Angesichts der wieder aufgeflammten Maul- und Klauenseuche in Süd- und Osteuropa sowie in der Türkei eine Lockerung der Richtlinie vorzuschlagen, offenbart die vollkommene Verantwortungslosigkeit der EU-Kommission in tierseuchenrechtlicher Hinsicht. Dieser Vorschlag beweist, daß die im Zuge der BSE-Krise gemachten Äußerungen des EU-Agrarkommissars über eine umfassende und lückenlose Kennzeichnung von Rinderprodukten nichts als leer Worte sind.
Da dieses Dokument 11967 EU-XX. GP erst in der ersten Oktoberwoche 1996 an die Parlamentsklubs verteilt wurde, erhebt sich auch die interessante Frage nach dem Verhalten der Ratsmitglieder, insbesondere des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft der Republik Österreich, in der Zwischenzeit.
Weiters läßt die Bemerkung der Kommission, daß eine Lockerung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten keine besonderen Probleme aufwerfe, darauf schließen, daß anscheinend bisher in den Mitgliedstaaten gar keine Drittlandlisten geführt wurden, was die unkontrollierte Einschleppung von Tierseuchen sehr begünstigt.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die nachstehende
A n f r a g e :
1. Wann erhielten Sie den Kommissionsvorschlag zur Lockerung der Richtlinie 92/118/EWG ?
2. Wie reagierten Sie auf den Kommissionsvorschlag, wonach für Huftierhäute, Knochen, Hörner, Klauen und ihre Erzeugnisse, Imkereierzeugnisse, Jagdtrophäen, Gülle, Wolle, Haare, Borsten und Federn sowie Honig die Erstellung von Listen der Drittlandbetriebe entfallen wird ?
3. Wie reagierten Sie auf den Umstand, daß die Kommission diesen Lockerungsvorschlag mit 1. Juli 1996 in Kraft setzen will, obwohl der diesbezügliche Kommissionsvorschlag mit 24. 7. 1996 datiert ist ?
4. Wann haben Sie dieses EU-Dokument vom 24.7.1996 dem österreichischen Nationalrat übermittelt ?
5. Welche österreichischen Stellen sind seit dem EU-Beitritt für die Führung der bisher laut Richtlinie geltenden Drittlandslisten zuständig ?
6. Wurden
diese Listen seit dem EU-Beitritt von den zuständigen Stellen für
alle von der Richtlinie 92/118/EWG betroffenen Produkte vollständig
geführt ?
Wenn nein: warum nicht ?
7. Wann wurde diese Richtlinienlockerung im Amtsblatt der EU veröffentlicht ?
8. Welche Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinienlockerung haben Sie bisher ergriffen?
9. Welche Gegenmaßnahmen ergreifen Sie gleichzeitig, um ein unkontrolliertes Einschleppen von Tierseuchen aus Drittstaaten hintanzuhalten ?
10. Welche
Maßnahmen ergreifen Sie
a) als Bundesminister der Republik Österreich,
b) als Mitglied des EU-Rates,
um die angeblichen Bestrebungen des EU-Agrarkommissärs nach
lückenlosem Herkunftsnachweis und Kennzeichen von Rinderprodukten in die
Tat umzusetzen ?