1459/J

 

 

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Herbert Kaufmann, Rudolf Parnigoni

und Genossen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend ,,der unvollständigen Umsetzung der PauschalreiserichtIinie (90/314/EWG) durch

die Reisebürosicherungsverordnung des Wirtschaftsministers"

 

 

 

Mit 1. Jänner l995 trat in Östereich diese ,,Reisebürosicherungsverordnung" - mit der

Artikel 7 der Pauschalreiserichtlinie (90/314/EWG) umgesetzt werden sollte - in Kraft. Sie

wurde vom damaligen Wirtschaftsminister Dr. WoIfgang Schüssel erlassen.

Diese ist auf Pauschalreisen anzuwenden, die nach dem 1. Jänner 1995 gebucht wurden und

deren Abreisetermin frühestens mit 1. Mai 1995 festgesetzt ist. Nach Artikel 7 hat der

Veranstalter und/oder Vermittler, der Vertragspartei ist, nachzuweisen, daß im Fall der

ZahIungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise

des Verbrauchers sichergestellt sind. Nach Artikel 8 können die Mitgliedstaaten in dem unter

diese Richtlinie fallenden Bereich sogar strengere Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers

erlassen oder aufrechterhalten.

 

Mit der ,,Reisebürosicherungsverordnung" sollen somit Teilnehmer von Pauschalreisen im

Insolvenzfall des Reiseveranstalters geschützt werden. Die Absicherung der Konsumenten-

interessen soll entweder durch einen Versicherungsvertrag oder durch Abdeckung durch

Bankgarantie oder Garantieerklärung einer Körperschaft öffentIichen Rechts erfolgen. Der

Reiseveranstalter hat weiters in den von ihm verwendeten detaillierten Werbeunterlagen das

Versicherungsunternehmen, die Polizzennummer sowie die SteIle anzugeben, an die sich der

Reisende zwecks Abwicklung seiner Ansprüche wenden kann. Weiters hat er dem Reisenden

bei der Buchung eine Bestätigung auszufolgen, in der die vorgenannten Angaben enthalten

sind.

 

Bereits 1994 wurde bezweifelt, daß mit der Reisebürosicherungsverordnung die

Pauschalreiserichtlinie durch den Wirtschaftsminister vollständig umgesetzt wurde. So sind

bislang die Reiseveranstalter nur verpflichtet, lediglich einen gewissen Prozentsatz ihres

Vorj ahresumsatzes mittels Versicherung oä. abzusichern. Ob die vorgegebenen Prozentsätze

aber in jedem der bekannten Konkursfälle von Reisebüros ausreichend waren, war - mangels

entsprechender Kontrolle - in keiner Weise sichergestellt. Auch Bonitätsprüfungen waren

nicht vorgesehen.

 

Nachdem die Defizite dieser Reisebürosicherungsverordnung - gerade aufgrund der Konkurse

von Arena Clubreisen und Karthago Reisen GmbH - nicht mehr zu übersehen waren, kam es

zu einer Novellierung (BGBl. 1996/170). Dabei wurde zwar die quartalsmäßige Berechnung

der Versicherungssumme geändert, das System aber grundsätzIich beibehalten. Es kam auch

zu einer Newcomer-Regelung. Kontrollen, die die Einhaltung der Bestimmungen dieser

Verordnung sicherstellen soIlen, sind aber weiterhin nicht vorgesehen.

 

Obwohl die genannten insolventen Reiseveranstalter Maßnahmen zur Insolvenzsicherung -

allerdings unvollständige - getroffen haben, wird es nur zu einer anteilsmäßigen Befriedigung

der Ansprüche der betroffenen und geschädigten Urlauber kommen. Ungeklärt ist die

Situation beim Konkurs von Itas-Reisen und Ortner Reisen.

 

Nach einer Studie von Dun & Bradstreet ist in Östereich jedes 5. Reiseunternehmen

insolvenzgefährdet. Nach den Insolvenzen von Arena Reisen, Karthago Reisen, Ortner Reisen

dürfte der ITAS-Konkurs nicht der letzte in dieser Branche gewesen sein. Nach diesen

Konkursen muß daher zu Recht die Frage aufgeworfen werden, ob die östereichische

Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (90/314/EWG)

zur Sicherung der bereits entrichteten Zahlungen und des Rücktransportes des Reisenden im

FaIle einer Pauschalreise bei Zahlungsunfähigkeit oder Konkurs des Reisebürounternehmers

vollständig - entsprechend der o.g. Richtlinie - erfolgt ist.

 

Geschädigte Privatpersonen führen aufgrung der Arena-Insolvenz bereits Musterprozesse

(Staatshaftungsverfahren) gegenüber der Republik Österreich wegen unvollständiger

Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie durch den Wirtschaftsminister.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt überdies einen Musterprozeß im Auftrag

der Bundesarbeiterskammer, ob Doppelzahlungen vor Ort als notwendige Kosten der

Rückreise zu sehen sind.

 

Die Bundesrepublik Deutschland wurde vor kurzem durch eine Entscheidung des

Europäischen Gerichtshofes wegen der verspäteten Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie

verurteilt, die Pleiteopfer des Reiseveranstalters MP Travel Line zu entschädigen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche

Angelegenheiten nachstehende

Aufrage:

 

1. Warum wurde die ,,Reisebürosicherungsverordnung" erst mit 1. Jänner 1995 in Kraft

gesetzt, obwohl nach dem EWG-Vertrag dies bereits mit 1. Jänner 1994 erfolgen hätte

müssen.

 

2. Welche Maßnahmen wurden durch das Bundesministerium für wirtschaftIiche

AngeIegenheiten bislang gesetzt, um die Einhaltung der Bestimmungen dieser

Verordnung östereichweit sicherzustellen?

 

3. Wurden die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden konkret mit der Kontrolle der

Einhaltung der Bestimmungen der Reisebürosicherungsverordnung konkret beauftragt?

 

4. Wenn nein, werden KontroIlen durch die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden in

Zukunft vorgesehen?

 

5. Entsprach die Höhe der Versicherungssumme (Insolvenzversicherung) von Arena Club

Reisen GmbH der Reise-bürosicherungsverordnung?

Wenn nein, warum nicht?

 

6. Entsprach die Höhe der Versicherungssumme (Insolvenzversicherung) von Karthago

Reisen der Reisebüro-sicherungsverordnung?

Wenn nein, warum nicht?

 

7. Entsprach die Höhe der Versicherungssumme (Insolvenzversicherung) von ITAS den

Bestimmungen der Reisebürosicherungsverordnung (i.d.F. der Verordnung BGBl.

1996/170)?

Wenn nein, warum nicht?

 

8. Sind Sie bereit, die ,,Reisebürosicherungsverordnung" dahingehend zu novellieren, daß

die Richtigkeit der Angaben und vor alIem aber, ob die gewählte Höhe der Ver-

sicherungs- oder Garantiesummen zumindest den jeweiIs güItigen gesetzlichen

Bestimmungen entspricht?

 

9. Werden Sie bei der Novelle der ,,Reisebürosicherungsverordnung" eine Klarstellung

dahingehend vornehmen, daß Gelder, die für den bereits konsumierten Aufenthalt von

ausländischen Höteliers zusätzlich vor Ort abgepreßt werden, auch aus der

Insolvenzversicherung bezahlt werden müssen.

 

10. Wenn nein, handelt es sich Ihrer Auffassung nach bei diesen Geldern nicht um

,,notwendige Aufwendungen für die Rückreise" i.S. der Pauschalreiserichtlinie?

 

11. Worauf stützt sich die Rechtsmeinung des Bundesministeriums für wirtschaftliche

Angelegenheiten, wenn gegenüber der Europäischen Reiseversicherungs AG die

Auffassung vertreten wird, daß unrechtmäßige Forderungen von Hoteliers an die

Reisenden nicht unter die versicherten Leistungen fallen, obwohl derzeit dies

Gegenstand gerichtlicher Verfahren ist?

'

 

12. Warum wird eine derartige Leistung vom Bundesministerium für wirtschaftliche

Angelegenheiten in diesem Schreiben als ,,eine über die EU-Pauschalreiserichtlinie

hinausgehende Regelung" bezeichnet?

 

13. Ist es nicht vielmehr so, daß diese Aufwendungen ,,als notwendige Aufwendungen für

die Rückreise" anzusehen sind, da ansonsten die Rückreise von den Urlaubern über-

haupt nicht vorgenommen werden kann?

 

14. Werden Sie die Reisebürosicherungsverordnung dahingehend noveIlieren, daß Urlauber

im Konkursfall des Veranstalters bis Urlaubsende am Urlaubsort verbleiben können und

nicht vorzeitig ihre Rückreise antreten müssen?

 

15. Werden Sie die ,,Reisebürosicherungsverordnung" dahingehend novellieren, daß

Schadens- und Gewährleistungsansprüche, die bislang nur im Konkursverfahren

angemeldet und höchstens anteilig befriedigt werden können, von der

Reisebürosicherungsverordnung erfaßt werden?

 

16. Werden Sie die ,,Reisebürosicherungsverordnung" dahingehend novellieren, daß im

Konkursfall des Veranstalters auch der restliche Aufenthalt vor Ort von der

Insolvenzversicherung garantiert und der Urlaub nicht vorzeitig abgebrochen werden

muß?

 

17. Werden Sie bei der Novellierung der Reisebürosicherungsverordnung sichersteIlen, daß

Urlauber bezahlte - jedoch nicht konsumierte - Leistungen wegen vorzeitiger Rückreise

aus dem Titel des Schadenersatzes von der Insolvenzversicherung zurückerstattet

bekommen?

1 8. Sind Sie bereit - da die Reiseveranstalter durch die österreichische Reisebürosicherungs-

verordnung bislang lediglich verpflichtet sind, einen Teil ihres Umsatzes für den Fall

der Insolvenz abzusichern -, einer Schirmversicherung aller Reiseveranstalter, mit der

jedes verbleibende Kundenrisiko abgedeckt werden soll, zuzustimmen?

 

19. Wenn ja, sind Sie einverstanden, wenn diese Schirmversicherung beim Fachverband der

Reisebüros eingerichtet wird?

 

20. Was erwarten Sie sich von der Einführung einer befristeten Lizenz, die nach

Presseberichten von der Gewerbebehörde vergeben werden soll?

 

21 . Aus der Bundesrepublik Deutschland wird auch beaknnt, daß bestimmte Reise-

veranstalter den vorgeschriebenen ,,Sicherungsschein" fälschen. Welche Maßnahmen

werden Sie anordnen, um dies in Östereich zu verhindern?

 

22. Welche Maßnahmen werden Sie im Rat vorschlagen, damit im Insolvenzfall eines

Reiseveranstalters örtliche Hoteliers im Urlaubsland vor Ort, von österreichischen

Urlaubern keine Zahlungen mehr abpressen können?

 

23. Werden Sie gegenüber der EU-Kommission dafür eintreten, daß auch die Pauschalreise-

richtlinie geändert wird, damit ua. bekanntgewordene Auswüchse gegenüber Urlaubern

für die Zukunft ausgeschlossen werden können?

 

24. Werden Sie die Forderung nach einer europaweiten verpflichtenden Ausfallsver-

sicherung für Hoteliers prüfen und diese allenfalls als Ergänzung der Pauschalreise-

richtlinie einfordern?

 

25. Welche Länder haben die Richtlinie 90/314/EWG (Pauschalreise - RL) noch nicht

umgesetzt?

 

26. In wievielen Fällen hat die Kommission ein Verstoßverfahren gemäß Artikel 169 EWG-

Vertrag gegen die Mitgliedstaaten eingeleitet, die die Richtlinie nicht umgesetzt haben?