1478/J
der Abgeordneten Gredler und Partner/innen
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Abschluß eines ''Sicherheitsabkommens'' mit der WEU
Anläßlich der Herbsttagung der Westeuropäischen Union (WEU) in Oostende
schloß Österreich, das seit 1. 1. 1995 nur Beobachterstatus hat, am 19.11.1996
(durch den Ministerrat abgesegnet) ein sog. ''Sicherheitsabkommen'' mit der WEU
ab, womit offensichtlich die Tatsache verschleiert werden soll, daß unser
Mitentscheidungsrecht im Rahmen dieses Verteidigungsbündnisses mangelhaft bis
kaum vorhanden ist. Entgegen dem nach Interviews mit dem Außenminister in den
Medien dargestellten Anschein geht es allerdings offenbar nicht um den Austausch
zusätzlicher wichtiger Informationen, die den Beobachtern sonst nicht zustehen
würden, sondern ausschließlich um einen erhöhten Vertraulichkeitsschutz der
Dokumente.
Um an dem für die Zukunft der EU-Friedens-. Sicherheits- und Verteidigungspolitik
entscheidenden Prozeß der Einbindung der WEU in die EU-Strukturen und den
damit wahrscheinlich verbundenen Aufbau des von allen Beteiligten gewünschten
gesamteuropäischen Sicherheitssystems gleichberechtigt teilhaben zu können, setzt
die Bundesregierung also weiterhin keine adäquaten Schritte, nämlich die
Vorbereitung unseres Landes auf den WEU-Beitritt. Ohne eine diesbezügliche
Entscheidung kann sich die Bundesregierung folgerichtig auch nicht zum
Fürsprecher einer lntegration der WEU in die 2. Säule der EU machen und schwächt
in diesem Bereich die Phalanx der integrationswilligen Staaten.
ln diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:
1 . Welche Art zusätzlicher ''vertraulicher'' Dokumente wird Österreich durch den
Abschluß des Sicherheitsabkommens mit der WEU erhalten, die es ohne dieses
Abkommen nicht bekommen könnte?
2. Welche sonstigen Vorteile bringt Österreich dieses Sicherheitsabkommen
gegenüber dem bisherigen Beobachterstatus?
3. Welche Art von Informationen wird Österreich als nicht gleichberechtigtes
Mitglied der WEU weiterhin nicht erhaIten können?
4. Aus welchem Grund muß durch dieses Abkommen ein zusätzlicher ''möglichst
lückenloser Schutz des klassifizierten lnformationsflusses'', wie es dazu in der
Mitteilung des Ministerratsdienstes heißt, erfolgen? Von welchen lnformationen
soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen bleiben?
5. Offensichtlich gab es bei den WEU-Mitgliedern Uneinigkeit darüber, inwieweit ein
''Beobachter'' wie Österreich weiter in die Strukturen der WEU eingebunden
werden sollte. Welche WEU-Staaten sind gegen eine Vertiefung der
diesbezüglichen Beziehungen, solange Österreich nicht seine Neutralität aufgibt
und die Vollmitgliedschaft beantragt?
6. Sie haben bei der Herbsttagung der WEU laut ''PRESSE'' vom 20.11.
angekündigt , daß Österreich in die ''operative Planung'' der WEU einbezogen
werden soll. ln welcher Form soll und kann dies geschehen, solange Österreich
nicht Vollmitglied der WEU ist?
7. Werden Sie den Text des Sicherheitsabkommens mit der WEU dem Parlament
zukommen lassen?
8. Wie lautet lhre Erklärung zum WEU-Ministerrat im Volltext?
9. Welche Vorteile brächte eine Vollmitgliedschaft Österreichs in der WEU
gegenüber dem jetzigen Status?
10.Aus welchem Grund soll das österreichische Parlament erst 1998 mit der
Möglichkeit einer WEU-Mitgliedschaft ''befaßt'' werden, obwohl die
sicherheitspolitischen Optionen Österreichs schon heute klar auf der Hand liegen
und eine weitere Verzögerung der Entscheidung bei den meisten EU-Partnern
Verwunderung bis Befremdung auslösen würde?
11.Welche Auswirkungen hätte Ihrer Einschätzung nach ein Nicht-Beitritt zur WEU,
d.h., die Nichtteilnahme an einem sich daraus entwickelnden Sicherheitssystem,
für ein in diesem Fall weiterhin neutrales Österreich auf Investitionen bzw. das
Beschaffungswesen im Bereich der Landesverteidigung?
12. Warum werden Sie sich im Rahmen der Regierungskonferenz bestenfalls für
eine Übernahme der sog. "Petersberger Aufgaben'' (Maßnahmen zur
Herbeiführung des Friedens usw.) der WEU in die 2. Säule der EU aussprechen,
nicht jedoch für eine Übernahme des gesamten WEU-Vertrages?
13. Halten Sie den Weg für gangbar, zur schrittweisen Integration der WEU in die
EU alle WEU-Aufgaben mit Ausnahme des Art. V des WEU-Vertrages
(Beistandsverpflichtung) in den EU-Vertrag aufzunehmen und die
Beistandsverpflichtung in ein Protokoll zum EU-Vertrag überzuführen?