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der Abgeordneten lng. Nußbaumer
und KolIegen
an den Bundeskanzler
betreffend geplanter Eintritt Österreichs in die dritte Stufe der Wirtschafts- und
Währungsunion am 01.01.1999
Der Europäische Rat hat sich inn Dezember 1995 in Madrid nicht nur über den
Namen einer zukünftigen einheitlichen Währung geeinigt, sondern auch seinen
WilIen dokumentiert, sowohl am Projekt der Europäischen Währungsunion fest-,
als auch die im Vertragswerk von Maastricht vorgegebenen TauschtabelIen auf
dem Weg zu diesem Ziel unbedmgt einzuhalten.
Demnach soll die dritte Stufe der WWU am 1. Jänner 1999 realisiert werden. Die
Wechselkurse zwischen den teilnehmenden Währungen sind unwiderruflich zu
fixieren, und die EZB soll an der Spitze des Europäischen Systems der
Zentralbanken (ESZB) die geldpolitische Verantwortung von den nationalen
Notenbanken übernehmen. Die gemeinsame Währung, der Euro, soll nach dem
derzeit geltenden Fahrplan ab 2002 als alleiniges ZahlungsmitteI eingeführt
werden.
Die Erhaltung dieses strikten Kurses wird nun beinahe täglich sowohl von
Vertretern der EU-Kommission als auch von Spitzenpolitikern der EU-
MitgIiedsstaaten beschworen, obwohl angesichts der dramatisch hohen
Arbeitslosigkeit (EU-weit sind rd.18 Millionen Menschen arbeitslos), angesichts
des hohen Konsolidierungsbedarfs der Budgets und vor dem Hintergrund einer
abgebremsten Konjunktur die Skepsis und Kritik am Fahrplan zur
Währungsunion ständig zunehmen.
Der Bevölkerung wird immer bewußter, daß durch die drastischen budgetären
Maßnahmen (Stichwort: Belastungspakete) und den strikten Sparkurs der
öffentlichen Hand mit dem Ziel, die fiskaIischen Konvergenzkriterien innerhalb
von zwei Jahren auf Biegen und Brechen zu erfüIlen, die ohnehin hohe
Arbeitslosigkeit in Österreich weiter zunehmen wird. Diese Befürchtung wird
nicht nur von heimischen Wirtschaftsforschern, sondern auch durch die
Prognosen der EU-Kommission bestätigt. AufgerütteIt durch diese alarmierende
Entwicklung am Arbeitsmarkt werden Maßnahmen zur Bekämpfung der
ArbeitsIosigkeit zwar vieIfach angekündigt, doch mangels finanziellen Spielraums
seitens des Staates, weil erhöhte Biidgetdefizite ja "Maastricht-schädlich" sind, ist
eine konkrete Umsetzung arbeitsmarkt- und soziaIpolitisch notwendiger
Initiativen nahezu unmöglich.
Weiters stand und steht die Frage der Stabilität einer zukünftigen europäischen
Währung im Mittelpunkt der Debatte um die gemeinsame Währung.
Die Währungspolitik der Oesterreichischen Nationalbank ist seit vielen Jahren mit
ErfoIg um größtmögliche Stabilität des SchiIlings bemüht. Gemeinsam mit
DeutschIand und einigeii wenigen anderen Staaten bildet Österreich einen
HartwährungsbIock mnerhalb der Europäischen Union.
Die überwiegende Zahl der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hat jedoch
bisher keine derartige Währungspolitik verfoIgt, sondern wesentlich höhere
lnflationsraten toleriert und damit den stetigen Verfall ihrer Währungen
begünstigt. Es ist daher zu befürchten, daß diese Tendenzen auch im Rahmen der
gemeinsamen Währung durchschlagen und zu zusätzlichen Belastungen der
bisherigen Hartwährungsländer führen könnten.
Entgegen allen offiziellen Erklärungen, wonach die zukünftige gemeinsame
europäische Währung mmdestens so stabil wie der österreichische SchilIing sein
soll, ist daher eine gememsame Weichwährung Euro nicht auszuschIießen.
Alle diese Bedenken erzeugen ernste Zweifel an der Sinnhaftigkeit der
Einführung des Euro zum vorgesehenen Zeitpunkt. Unabdingbar ist jedenfalls die
eindeutige Klärung der Stabilitätsfrage, die auch mit dem Kreis der die
gemeinsame Währung einführenden Teilnehmerstaaten zusammenhängt, sowie
eine umfassende lnformation der Bürger über alle Aspekte der gemeinsamen
Währung. Darüber hinaus darf der österreichische SchilIing nur mit Zustimmung
der Österreicherinnen und Österreicher, die im Rahmen einer Volksabstimmung
zum Ausdruck gebracht wird, durch eine gemeinsame europäische Währung
abgeIöst werden.
Da der Termin für die beabsichtigte Einführung der gemeinsamen Währung
immer näher rückt, hingegen die ZahI der offenen Fragen und fehlenden
Antworten stetig zunehmen, stellen die unterfertigen Abgeordneten an den
Bundeskanzler nachstehende
A N F R A G E
1) lnwieweit erfüllt Österreich im Jahre 1996 aufgrund der vorIiegenden Daten
die Konvergenzkriterien ?
2) Welche Konvergenzkriterien werden nach Ihrer Ansicht von Österreich im
Jahre 1997 inwieweit erreicht?
WeIche Konvergenzkriterien werden im Jahre 1997 nicht erreicht?
3) Wird der österreichische Vertreter im Rat dafür eintreten, die
Konvergenzkriterien durch enie politische Entscheidung weiter auszulegen, um
mehreren MitgIiedsstaaten (im Moment erreicht nur Luxemburg die Kriterien) die
Teilnahme am EURO zu ermöglichen ?
Wenn ja, welche Kriterien können aus Ihrer Sicht um wieviel aufgeweicht
werden?
4) Welche Kriterien sind aus lhrer Sicht unbedingt in welcher Höhe einzuhalten?
5) Welche Konvergenzkriterien können nach Ihrer Ansicht ohne Beeinträchtigung
der Wirtschafts- und Währungsunion uin wievieI verändert werden?
6) Deutschland erfüllt zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Konvergenzkriterien.
Halten Sie es für realistisch. daß eine gemeinsame Währung ohne DeutschIand
eingeführt werden kann ?
Wenn ja, wie verhält sich Österreich, wenn Deutschland nicht, aber Österreich
Teilnehmerland sein körinte?
7) Gibt es seitens der Bundesregierung bzw. seitens ihres Ressorts über Vor- und
Nachteile einer einheitlichen Währung für Österreich Berechnungen oder
Studien?
Wenn ja, welche und was besagen diese konkret für die verschiedenen
Volkswirtschaftssubjekte (Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen,
Arbeitnehmer, Konsumenten)?
Wenn nein, warum nicht und kann Österreich dann ohne Bedenken in die dritte
Stufe der WWU eintreten ?
8)Treten Sie vor Einführung des Euro in Österreich für eine österreichische
Volksabstimmung in dieser Frage ein?
Wenn nein, warum nicht?
9) Treten Sie für die Aufnahme der Beschäftigung aIs zusätzliches
Konvergenzkriterium ein?
Wenn ja, warum und welchen EinfIuß hätte dies auf die Erreichung der
Konvergenzkriterien ?
Wenn nein, aus weIchen Gründen nicht?