1599/J
des Abgeordneten Mag. Kukacka
und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst
betreffend Vergabe einer 3. Mobilfunk-Lizenz nach dem DCS-1800 Standard
(Umsetzung der EU-Richtlinie 96/388/EWG)
Mobilfunk hat bei der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes innerhalb der EU, die
rechtsverbindlich bis 1.1. 1998 zu erfolgen hat, seit jeher eine Schrittmacherfunktion inne. Mit
Verabschiedung der Richtlinie 96/2/EG für Mobilkommunikation und Personal
Communications wurden am 16. Jänner 1996 die Mitgliedstaaten verpflichtet, die besonderen
und ausschließlichen Rechte in bezug auf den Mobilfunk aufzuheben. - Eine Beschränkung der
Zahl der zu vergebenden Frequenzen ist grundsätzlich nur noch aus Gründen der
Frequenzknappheit zulässig.
Insbesondere werden werden die Mitgliedstaaten zur Vergabe von DCS-1800 Lizenzen bis
spätestens 1.1.1998 verpflichtet. Die östereichische Bundesregierung ist - nach Aussage von
Marcel HAAG (Vetreter der GD IV - Wettbewerb) - gegenüber der EU-Kommission sogar
die politische Verpflichtung eingegangen, mindestens eine DCS-1800-Lizenz schon vor diesem
letztmöglichen Stichtag zu vergeben.
Ohne ersichtlichen Grund ist jedoch bis heute nicht einmal eine Ausschreibung einer
entsprechenden Lizenz durch den zuständigen Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und
Kunst erfolgt.
1. Wenn ein Markt so rasch wächst, wie jener der Mobilfunk-Kommunikation (Marktwachs-
tum 1/95 bis 1/96: +40%, A1-Kunden 1/96 bis 10/96: +133%) ist klar, daß jede Woche ohne
weitere Konkurenten die Marktstellung der bestehenden Anbieter verfestigt und die
Eintrittsschwelle für einen Neuanbieter erhöht.
Hinzu kommt zweitens, wie aus aktuellen Untersuchungen (Studie von Athur D. Little) her-
vorgeht, daß sich für neu in den Markt eintretende Mobilfunk-Anbieter das zu gewinnende
Kundenpotential immer stärker in den Bereich der "Wenig-Telefonierer'' verlagert. Dement-
sprechend sinken die Umsatz- und Gewinnerwartungen der Spätstarter.
Weiters ist drittens zu berücksichtigen, daß der Aufbau eines Mobilfunk-Netzes im DCS-
1800-Bereich wesentlich höhere Investitionskosten als der Aufbau eines herkömmlichen GSM-
Netzes erfordert, weil im Frequenzbereich um l 800-Megahertz drei- bis viermal soviele
Sendeanlagen errichtet werden müssen, um eine flächendeckende Versorgung zu erreichen.
Alle diese Rahmenbedingungen mindern daher die für die Republik Östereich zu erlösende
Lizenzgebühr empfindlich, je länger mit der Vergabe weiterer Mobilfunk-Lizenzen zugewartet
wird. Wie Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen, verringert eine kleine Zahl
an Anbietern aber auch die Chance aufWettbewerb. Damit verhindert die Verzögerung der
Zulassung neuer MobiIfunkbetreiber aber auch die Chance aufPreisreduktionen im Interesse
des Kunden, aufMarktwachstum und Wertschöpfung und letztlich auch auf Steuereinnahmen
für den Staat.
2. Aus verschiedenen Aussagen des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst war
zu entnehmen, daß er die zu vergebende DCS-1800-Lizenz "in einem zweistufigen Verfahren"
versteigern will. Wie der Ablauf dieses Verfahrens aussehen soll, ist jedoch nach wie vor
ungeklärt. Dazu ist festzuhalten, daß überhöhte Lizenzgebühren (Negativbeispiel: max.mobil)
zwar kurzfristig Mehreinnahmen für die Republik bringen würden, auflange Sicht allerdings
ein wesentliches Ziel der Telekom-Liberalisierung - durch Wettbewerb eine spürbare
Preisreduktion für den Kunden zu erzielen - konterkarieren würden. Überhöhte Lizenzge-
bühren werden in jedem Fall auf die Kunden übergewälzt, bedeuten - volkswirtschaftlich
betrachtet - einen enormen Standortnachteil und führen insgesamt letztlich zu deutlich
geringeren Steuerleistungen der Mobilfunk-Anbieter.
3. Internationale Beispiele (Skandinavien) zeigen, daß erst ein dritter Wettbewerber im
Mobilfunkmarkt zu mehr Konkurenz, billigeren Endverbraucher-Preisen und zu stärkerer
Marktdurchdringung führt. Deshalb wurden bisher in keinem europäischen Land an
bestehende GSM-Netzbetreiber weitere Lizenzen im DCS 1800-Bereich vergeben. Der
Begründung der Richtlinie 96/2/EG für Mobilkommunikation und Personal Communications
vom 16. Jänner 1996 ist in Punkt 8 zu entnehmen, daß auch die EU-Kommission einer solchen
"Ausdehnung einer marktbeherschenden Stellung'' ablehnend gegenübersteht: ''... Vor allem
wenn ein Mitgliedstaat DCS 1800-Lizenzen erteilt, oder bereits erteilt hat, dürfen neue
Lizenzen an bestehende G.SM- oder DCS I800-Betreiber nur unter Bedingungen erteilt
werden, die aufAufrechterhaltung eines effektiven Wettbewerbes zielen ''. Her Marcel
HAAG, Vetreter der EU-Kommission (GD IV - Wettbewerb), hat diese Haltung anläßlich
eines Wien-Aufenthaltes bekräftigt. Von seiten des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr
und Kunst ist uns bisher jedoch keine Aussage darüber bekannt, ob er den von den beiden
bisherigen GSM-Betreibern geforderten Markteintritt in die DCS 1800-Technologie schon bei
der Vergabe der dritten Mobilfunk-Lizenz zulassen wird.
4. Laut einer Aussage von Dr. Alfred Stratil, Beamter der Fernmeldebhörde im
Verkehrsministerium, vom 6. 9.1996 ist die Ausschreibung sowohl einer dritten
östereichweiten Mobilfunk-Lizenz im DCS 1800-Standard als auch die Vergabe regionaler
DCS 1800-Lizenzen geplant. Zu dieser Aussage fehlt bisher jegliche Verifizierung durch den
Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, sowie jegliche Erläuterungen, in
welchem Umfang die Vergabe regionaler DCS 1800-Lizenzen geplant ist, respektive wie diese
durchgeführt werden soll. Die Vergabe mehrerer regionaler Lizenzen könnte jedenfalls dazu
führen, daß sich die Investition in ein östereichweites DCS 1800-Netz nicht mehr rechnet und
es daher zu keiner flächendeckenden Vollversorgung der Bevölkerung mit DCS
1800-Mobilfunk kommt.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für
Wissenschaft, Verkehr und Kunst folgende
Anfrage :
ad 1.)
. Wann werden Sie als Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst eine
dritte Mobilfunk-Lizenz nach dem DCS-1800 Standard ausschreiben?
. Warum wurde bisher noch keine DCS-1800-Lizenz ausgeschrieben, obwohl dies
längst möglich gewesen wäre und Österreich sich gegenüber der EU-Kommission zu
einer Lizenzvergabe vor dem letztmöglichen Termin (1.1.1998) verpflichtet hat?
. Warum wollen Sie als Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst den
Wachstumstumsmarkt Mobilkommunikation in Österreich durch lhre zögerliche Politik
künstlich klein halten und die bisherigen Lizenzinhaber vor weiterem Wettbewerb
schützen?
ad 2.)
. Wie wird das angekündigte "zweistufige" Versteigerungsverfahren für die Vergabe
der DCS-1800-Lizenz im Detail ablaufen?
. ln welcher Höhe bewegen sich die vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr
und Kunst erwarteten Einnahmen für die DCS-1800-Lizenz?
. Wird für die DCS 1800-Lizenzgebühr eine Obergrenze festgesetzt werden, um es
den Betreibem zu ermöglichen, die Tarife im lnteresse ihrer Kunden niedrig zu
halten?
. Wenn ja, wie in welcher Höhe wird sich diese Obergrenze bewegen?
ad 3.)
. Beabsichtigen Sie die derzeitigen lnhaber einer Mobilfunk-Lizenz von der Vergabe
der ersten DCS 1800-Lizenz auszuschließen?
. Wenn nein, warum nicht?
- Wenn ja, für welchen Zeitraum planen Sie die derzeitigen GSM-Betreiber von der
Vergabe von DCS 1800-Lizenzen auszuschließen?
ad 4.)
. Beabsichtigen Sie die Vergabe einer bundesweiten DCS 1800-Lizenz oder die
Vergabe mehrerer regionaler DCS 1800-Lizenz - oder beides?