1623/J
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend der notwendigen Novellierung der Reisebürosicherungsverordnung aufgrund ,,der
unvollständigen Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (90/314/EWG) durch den Wirtschafts-
minister"
Mit l . Jänner l995 trat in Österreich diese Reisebürosicherungsverordnung" - mit der Artikel
7 der Pauschalreiserichtlinie (90/314/EWG) umgesetzt werden sollte - in Kraft. Sie wurde
vom damaligen Wirtschaftsminister Dr. Wolfgang Schüssel erlassen. Diese ist auf Pauschal-
reisen anzuwenden, die nach dem 1. Jänner 1995 gebucht wurden und deren Abreisetermin
frühestens mit 1. Mai 1995 festgesetzt ist. Nach Artikel 7 hat der Veranstalter und/oder
Vermittler, der Vertragspartei ist, nachzuweisen, daß im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder
des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sicher-
gestellt sind. Nach Artikel 8 können die Mitgliedstaaten in dem unter diese Richtlinie
fallenden Bereich sogar strengere Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers erlassen oder
aufrechterhalten.
Mit der ,,Reisebürosicherungsverordnung" sollen damit Teilnehmer von Pauschalreisen im
Insolvenzfall des Reiseveranstalters geschützt werden. Die Absicherung der Konsumenten-
interessen soll entweder durch einen Versicherungsvertrag oder durch Abdeckung durch
Bankgarantie oder Garantieerklärung einer Körperschaft öffentlichen Rechts erfolgen. Der
Reiseveranstalter hat weiters in den von ihm verwendeten detaillierten Werbeunterlagen das
Versicherungsunternehmen, die Polizzennummer sowie die Stelle anzugeben, an die sich der
Reisende zwecks Abwicklung seiner Ansprüche weden kann. Weiters hat er dem Reisenden
bei der Buchung eine Bestätigung auszufolgen, in der die vorgenannten Angaben enthalten
sind.
Bereits 1994 wurde bezweifelt, daß mit der Reisebürosicherungsverordnung die Pauschal-
reiserichtlinie durch den Wirtschaftsminister vollständig umgesetzt wurde. Diese Kritik teilte
auch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz. So sind bislang die
Reiseveranstalter nur verpflichtet, lediglich einen gewissen Prozentsatz ihres Vorjahres-
umsatzes mittels Versicherung oä. abzusichern. Ob die vorgegebenen Prozentsätze aber in
jedem der bekannten Konkursfälle von Reisebüros ausreichend waren, war - mangels
entsprechender Kontrolle - in keiner Weise sichergestellt. Auch Bonitätsprüfungen waren
nicht vorgesehen.
Nachdem die Defizite dieser Reisebürosicherungsverordnung - gerade aufgrund der Konkurse
von Arena Clubreisen und Karthago Reisen GmbH - nicht mehr zu übersehen waren, kam es
zu einer Novellierung (BGBl. 1996/170). Dabei wurde zwar die quartalsmäßige Berechnung
der Versicherungssumme geändert, das System aber grundsätzlich beibehalten. Es kam auch
zu einer Newcomer-Regelung. Kontrollen, die die Einhaltung der Bestimmungen dieser
Verordnung sicherstellen sollen, sind aber weiterhin nicht vorgesehen.
Obwohl die genannten insolventen Reiseveranstalter Maßnahmen zur Insolvenzsicherung -
allerdings unvollständige - getroffen haben, wird es nur zu einer anteilsmäßigen Befriedigung
der Ansprüche der betroffenen und geschädigten Urlauber kommen. Ungeklärt ist die
Situation bei den Konkursen von Itas-Reisen und Ortner Reisen.
Nach einer Studie von Dun & Bradstreet ist in Östereich jedes 5. Reiseunternehmen
insolvenzgefährdet. Nach den Insolvenzen von Arena Reisen, Karthago Reisen, Ortner Reisen
dürfte der ITAS-Konkurs nicht der letzte in dieser Branche gewesen sein. Nach diesen
Konkursen muß daher zu Recht die Frage aufgeworfen werden, ob die österreichische
Umsetzung der Richtlinie des Rates vom l3. Juni l990 über Pauschalreisen (90/314/EWG)
zur Sicherung der bereits entrichteten Zahlungen und des Rücktransportes des Reisenden im
Falle einer Pauschalreise bei Zahlungsunfähigkeit oder Konkurs des Reisebürounternehmers
vollständig - entsprechend der o.g. Richtlinie - erfolgt ist.
Geschädigte Privatpersonen führen aufgrund der ,,Arena-Insolvenz" bereits Musterprozesse
(Staatshaftungsverfahren) gegenüber der Republik Österreich wegen unvollständiger
Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie durch den Wirtschaftsminister; Auch Staatshaftungs-
verfahren aufgrund der ,,Itas-Insolvenz" werden bereits vorbereitet. Der Verein für
Konsumenteninformation (VKI) führt überdies einen Musterprozeß im Auftrag der Bundes-
arbeitskammer, ob sogenannte Doppelzahlungen vor Ort als notwendige Kosten der
Rückreise zu sehen sind.
Die Bundesrepublik Deutschland wurde vor kurzem durch eine Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes wegen der verspäteten und unvollständigen Umsetzung der
Pauschalreiserichtlinie verurteilt, die Pleiteopfer des Reiseveranstalters MP Travel Line zu
entschädigen. Schaden ca.12 Mio DM, den die Steuerzahler zu begleichen haben. Eine
Verurteilung der Republik Österreich ist - gerade nach diesem Urteil - daher in
Staatshaftungsverfahren absolut nicht mehr auszuschließen !
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende
Anfrage:
1 . Ist Ihnen bekannt, daß gegen die Republik Östereich sogenannte
Staatshaftungsverfahren wegen mangelnder Umsetzung der Pauschalreise - RL
angestrengt wurden ?
2. Haben Sie einen derartigen Bericht bereits von der Finanzprokuratur erhalten ?
3. Wenn ja, wie lautet dieser Bericht ?
4. Welche Maßnahmen werden Sie vom Bundesministerium für wirtschaftliche
Angelegenheiten einfordern, um die Einhaltung dieser europäischen
Konsumentenschutzbestimmungen in dieser Verordnung östereichweit
sicherzustellen, damit zumindest für die Zukunft sogenannte Staatshaftungsverfahren
ausgeschlossen werden können ?
5. Sind Sie bereit, für die Novellierung der ,,Reisebürosicherungsverordnung" gegen-
über dem Wirtschaftsministerium dahingehend einzutreten, daß die Richtigkeit der
Angaben und vor allem aber, ob die gewählte Höhe der Versicherungs- und
Garantiesummen zumindest den jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen
entspricht und regelmäßigen Kontrollen unterworfen ist?
6. Sind Sie bereit für die Novellierung der ,,Reisebürosicherungsverordnung" gegenüber
dem Wirtschaftsministerium dahingehend einzutreten, daß Gelder, die für den bereits
konsumierten Aufenthalt von ausländischen Hoteliers zusätzlich vor Ort abgepreßt
werden, auch aus der ,,Insolvenzversicherung" bezahlt werden müssen.
7. Wenn nein, handelt es sich lhrer Auffasung nach bei diesen Geldern nicht um
,,notwendige Aufwendungen für die Rückreise" i.S. der Pauschalreiserichtlinie?
8. Oder sind diese Aufwendungen Ihrer Auffassung nach ,,als notwendige
Aufwendungen für die Rückreise" anzusehen, da ansonsten die Rückreise von den
Urlaubern überhaupt nicht vorgenommen werden kann?
9. Sind Sie bereit für die Novellierung der Reisebürosicherungsverordnung
dahingehend gegenüber dem Wirtschaftsministerium einzutreten, daß Urlauber im
Konkursfall des Veranstalters bis Urlaubsende am Urlaubsort verbleiben können und
nicht vorzeitig ihre Rückreise antreten müssen?
10. Sind Sie bereit für die Novellierung der ,,Reisebürosicherungsverordnung"
dahingehend gegenüber dem Wirtschaftsministerium einzutreten, daß im Konkursfall
des Veranstalters auch der restliche Aufenthalt vor Ort von der
Insolvenzversicherung garantiert und der Urlaub nicht vorzeitig abgebrochen werden
muß?
11. Sind Sie bereit für die Novellierung der ,,Reisebürosicherungsverordnung" dahin-
gehend gegenüber dem Wirtschaftsministerium einzutreten, daß Schadens- und
Gewährleistungsansprüche, die bislang nur im Konkursverfahren angemeldet und
höchstens anteilig befriedigt werden können, ebenfalls von der
,,Insolvenzversicherung" erfaßt werden?
12. Sind Sie bereit für die Novellierung der ,,Reisebürosicherungsverordnung" dahin-
gehend gegenüber dem Wirtschaftsministerium einzutreten, daß Urlauber bezahlte -
jedoch nicht konsumierte - Leistungen wegen vorzeitiger Rückreise aus dem Titel
des Schadenersatzes von der Insolvenzversicherung zurückerstattet bekommen?
13. Sind Sie bereit - da die Reiseveranstalter durch die österreichische Reisebüro-
sicherungsverordnung bislang lediglich verpflichtet sind, einen Teil ihres Umsatzes
für den Fall der Insolvenz abzusichern -, eine Schirmversicherung aller Reiseveran-
stalter, mit der jedes verbleibende Kundenrisiko abgedeckt werden soll, im Rahmen
dieser Novelle von Wirtschaftsministerium einzufordern ?
14. Wie hoch schätzen Sie bzw. die Finanzprokuratur die Schadenersatzansprüche
östereichischer Urlauber aufgrund der Konkurse von den gen. Reisebüros gegenüber
der Republik Östereich ein ?
15. Wo und in welcher Form wurde in den Bundesbudgets 1996/ und 1997 den
möglichen Forderungen geschädigter östereichischer Staatsbürger aufgrund von
Staatshaftungsverfahren (z.B. Pauschalreise-RL) Rechnung getragen ?
16. Wenn nein, warum nicht ?
17. Ist zumindest für das Budget l998 geplant, für derartige Staatshaftungsverfahren im
Budget Vorsorge zu treffen ?
18 Wenn ja, welchem Fachbudget wird dies zugerechnet und wo wird dies budgetiert ?