1688/J
des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Hakenkreuz-Symbole des Österreichischen Turnerbundes
Im Juli 1995 erstattete die Sozialistische Jugend beim Bundesministerium für Inneres,
bei der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich, der Bundespolizeidirektion Wels und
der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis Anzeige gegen den Österreichischen
Turnerbund wegen Verstößen gegen das Abzeichengesetz: An der Außenwand der
"Bundesturnschule" in Ried im Innkreis war ein schmiedeeisernes, aus vier F (für
" frisch, fromm, fröhlich, frei") gebildetes Hakenkreuz-Symbol angebracht. Dasselbe
Symbol fand sich in dunkelbraunem Stuck an der Decke der - nach einem NSDAP-
Kreisschulungsleiter benannten - "Moritz-Etzold-Halle " des ÖTB in Wels.
Im Juni und Juli 1996 erstattete die Sozialistische Jugend beim Bundesministerium für
Inneres, bei der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich sowie den jeweils
zuständigen Unterbehörden Anzeige gegen den Österreichischen Turnerbund wegen
weiterer Verstöße gegen das Abzeichengesetz: Auch auf Denkmälern in Krems, Tulln
und Orth an der Donau sowie auf Turnhallen in Amstetten und Ybbs war das
beschriebene Hakenkreuz-Symbol entdeckt worden.
Die Sozialistische Jugend verwies auf das rechtsextreme und rassistische
Gedankengut, das der Österreichische Turnerbund in der Tradition des "Turnvaters "
Friedrich Ludwig Jahn (Zitat: " Franzosen, Polen, Pfaffen, Junker und Juden sind
Deutschlands Unglück! ") pflegt. In dieser zum Nationalsozialismus hinführenden
Tradition steht das Hakenkreuz für die " Überlegenheit der arischen Rasse" .
Juristisch berief sich die Sozialistische Jugend auf Artikel 9 des Staatsvertrages vom
15. Mai 1955 (Zitat: "Österreich wird auch die Bemühungen fortsetzen, aus dem
österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des
Nazismus zu entfernen . . . ") , vor allem aber auf eine Stellungnahme des
Bundesministeriums für (nneres , welche lautete: Das Hakenkreuz (Sonnenrad) in allen
Abarten und Unterformen verstößt gegen das ausdrückliche Verbot des § 1
Abzeichengesetz. Dies gilt zweifelsfrei auch für das vom Österreichischen Turnerbund
verwendete Symbol (so der damalige Kabinettschef Dr. Peter Heindl im Jahr 1995).
Das ÖTB-Hakenkreuz in Ried im Innkreis wurde um die Jahreswende 1995/96
endgültig entfernt.
In Wels wurde im März 1996 der dunkebraune Stuck weiß bemalt, das Symbol als
solches also belassen, was nach den Kommentaren zum Abzeichengesetz keineswegs
ausreichend ist (vgl. auch die aktuelle Informationsbroschüre des Bundesministeriums
für Inneres, Abteilung II/7: " . . . durch technische Eingriffe ganz entfernt . . . "). Der
Welser Bürgermeister Karl Bregartner (SPÖ) sprach sich sogar gegen die Bemalung
aus : Denn man müsse "eine Linie beibehalten" (OÖ. Nachrichten vom 20. März
1996). Der Budgetvoranschlag der Stadt Wels für das Jahr l997 sieht neuerlich eine
Subventionierung der hakenkreuzbestückten "Moritz-Etzold-Halle '' mit 520.000
Schilling vor.
In Krems , Tulln, Orth an der Donau, Amstetten und Ybbs unterblieb bisher jede
Änderung des gesetzwidrigen Zustandes.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten aus diesem Grund an den Bundesminister
für (nneres folgende schriftliche
ANFRAGE:
1 . Wie ist der Stand der Verfahren, die durch die Anzeigen der Sozialistischen
Jugend gegen den Österreichischen Turnerbund ausgelöst wurden?
2. Warum haben die zuständigen Behörden noch nicht für die Entfernung der
gesetzwidrigen ÖTB-Hakenkreuze in Wels, Krems, Tulln, Orth an der Donau,
Amstetten und Ybbs gesorgt?
3. Wann werden die zuständigen Behörden die Entfernung dieser Symbole
veranlassen?
4. Erachten Sie es - auch im Lichte völkerrechtlicher Verpflichtungen der Republik
(Artikel 9 des Staatsvertrages vom 15. Mai 1955) - als dem Ansehen der
österreichischen Demokratie zuträglich, wenn staatliche Organe wie der Welser
Bürgermeister medial für die Beibehaltung eines gesetzwidrigen Hakenkreuzes
eintreten und die neuerliche Förderung einer hakenkreuzbestückten Turnhalle
aus öffentlichen Mitteln beabsichtigen?