1718/J
der Abgeordneten Gredler und Partner/innen
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Grundrechte im Rahmen der Regierungskonferenz
Am 3. Dezember 1996 hat sich der Hauptausschuß des Nationalrates für EU-
Angelegenheiten mit dem Thema Grundrechte im Rahmen der Regierungskonferenz
beschäftigt und eine entsprechende Stellungnahme gemäß Art. 23e B-VG
verabschiedet. Diese ist allerdings relativ allgemein gehalten, um der Bundes-
regierung bei den Verhandlungen in dieser Frage einen ausreichend großen
Spielraum zu erhalten.
Um sich über den Fortschritt im Bereich der Grundrechte zu informieren und um
einige Präzisierungen zur Haltung der Bundesregierung in diesen Fragen zu
erhalten, stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:
1 . Welche Ergebnisse bzw. Fortschritte brachte das Treffen der Staats- und
Regierungschefs in Dublin im Bereich der Beratungen zur Regierungskonferenz
betreffend Grundrechte?
2. Österreich vertritt die Auffassung, daß die EU der ERMK beitreten soll. Welche
Voraussetzungen müssen dafür noch geschaffen werden und was werden Sie
unternehmen, um diejenigen Staaten, die diesen Standpunkt nicht vertreten, zu
überzeugen?
3. lm Positionspapier der österreichischen und der italienischen Delegation zu den
Grundrechten wird verlangt, daß folgender Absatz 5 in Artikel F des Vertrages
über die Europäische Union aufgenommen wird: "Die Union anerkennt die
verfassungsrechtliche Stellung der Kirchen und anderer Religionsgemein-
schaften in den Mitgliedstaaten als Ausdruck ihrer ldentität und Kultur sowie als
Teil des gemeinsamen kulturellen Erbes." Aus welchem Grund soll diese
Bestimmung in den Vertrag aufgenommen werden?
4. lst geplant, durch eine solche "Kirchensicherungsklausel" das Konkordat, das
zwischen dem Heiligen Stuhl und Österreich 1933/34 abgeschlossen wurde, und
welches einige umstrittene Bestimmungen enthält, durch die Aufnahme in den
EU-Vertrag auf europäischer Ebene abzusichern?
5. lst der Vorschlag nach Einführung dieser "Kirchensicherungsklausel" eine
akordierte Position der Bundesregierung?
6. Der Hauptausschuß hat beschlossen, daß ein allgemeines
Diskriminierungsverbot in die Verträge aufgenommen werden soll. ln welchen
Vertragsteil soll dieses, lhrer Vorstellung nach, integriert werden?
7. Der diesbezügliche Vorschlag der irischen Präsidentschaft enthielt zwei
Optionen: a) Einführung einer generellen Antidiskriminierungsklausel in Art. F
des EU-Vertrages oder b) Einführung eines neuen Artikels 6a im EG-Vertrag.
Würde nicht Option b) aufgrund des vorgesehenen komplizierten
Konsultationsmechanismus und der Forderung, daß Beschlüsse einstimmig
zustande kommen müssen, eine Schwächung des Anliegens bedeuten?
8. Welche Option wurde - wenn überhaupt - beim Europäischen Rat in Dublin
beschlossen bzw. wofür haben Sie sich eingesetzt?
9. lm Hauptausschuß des Nationalrates wurde ein Antrag auf Stellungnahme
betreffend die Stärkung des Grundsatzes der Gleichstellung von Männern und
Frauen sowie die Ermöglichung von Maßnahmen zur Bevorzugung von Frauen
mit Mehrheit abgelehnt. Halten Sie dieses Abstimmungsergebnis für hilfreich, wo
doch im Positionspapier der Bundesregierung zur Regierungskonferenz genau
diese Forderungen aufgestellt werden?
10. Welche Position vertreten Sie bezüglich der Ausweitung der Rechte von
Staatsangehörigen aus Drittstaaten der EU? Werden Sie sich dafür einsetzen,
daß Drittlandsausländern, die über einen Zeitraum von 5 Jahren legal in einem
Mitgliedsland der EU ansässig sind, die Unionsbürgerschaft gemäß Art. 8 EGV
und die Freizügigkeit gemäß Art. 48 bis 66 EGV gewährt werden kann? Wenn
nein, warum nicht?