1719/J
der Abgeordneten Kier und Partner/innen
an den Bundesminister für lnneres
betreffend Verweigerung der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen wegen des
Vorlieigens von "Scheinehen"
Durch verschiedene Bestimmungen in den Fremdengesetzen, insbesondere § 8 Abs
1, § 5 Abs 1 und indirekt § 3 Abs 2 Aufenthaltsgesetz, soll Vorsorge getroffen
werden, daß Ausländerinnen und Ausländern eine Aufenthaltsbewilligung nicht
erteilt bzw. aberkannt wird, wenn sie eine "Scheinehe" mit Österreicherinnen oder
Österreichern führen. Undurchsichtig bleibt in vielen dieser Fälle die Vorgangsweise
der Behörden bei der Beweisaufnahme. Da es in jedem Einzelfall um das Schicksal
von Familien geht, sollten einem diesbezüglichen Bescheid keinesfalls unrichtige
oder einseitige Annahmen zugrunde liegen.
Den unterzeichneten Abgeordneten liegt konkret der Bescheid MA 62-9/1144470/2
vor, in dem einem philippinischen Staatsbürger nach 6 Jahren Ehe mit einer
Österreicherin und legalem Aufenthalt in Österreich die Aufenthaltsbewilligung
entzogen wird, weil die Ehegattin angibt, lediglich eine Scheinehe eingegangen zu
sein. Der Bescheid wurde am selben Tag der Einvernahme der Ehegattin erstellt,
ohne Parteiengehör nach § 37 AVG zu gewähren und ohne dem Philippinen
Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu gewähren (§
45 Abs. 3 AVG).
Mit dieser Vorgangsweise ist dem Mißbrauch insoferne Tür und Tor geöffnet, als
österreichische Ehegattinnen und Ehegatten von Ausländern diese nach
mehrjähriger Ehe mit dem Hinweis auf eine angebliche Scheinehe durch
Abschiebung "loswerden" könnten, weil sie sich auseinandergelebt haben.
Dem Vernehmen nach ist der hier geschilderte Zustand kein Einzelfall. Auch die
zweite lnstanz (BMl) wählt die selbe fragwürdige Vorgangsweise, wobei im Regelfall
sofort nach Bescheiderlassung die Fremdenpolizei zur Vorbereitung der
Abschiebung eingeschaltet wird.
ln diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für lnneres:
1 . ln welcher Form werden Erkundigungen über das Vorliegen einer "Scheinehe"
eingeholt?
2. ln wievielen Fällen wurden - aufgeschlüsselt nach den Jahren 1993 bis 1996
sowie nach Geschlecht - die Erteilung einer Erstaufenthaltsbewilligung mit der
Begründung, es läge eine "Scheinehe" vor, verweigert?
3. ln wievielen Fällen wurden - aufgeschlüsselt wie bei Frage 1 -
Aufenthaltsbewilligun-gen aberkannt bzw. nicht verlängert, weil eine "Scheinehe"
vorlag?
4. ln wievielen der in den Fragen 1 und 2 genannten Verfahren wurden beide
Ehepartner niederschriftlich einvernommen, in wievielen nur der/die
österrreichische Partner/in, in wievielen Fällen nur der/die ausländische
Partner/in?
5. Gegen wieviele dieser Bescheide wurde berufen und wie fielen die bereits
rechtskräftigen Entscheidungen aus?
6. ln wievielen der diesbezüglich rechtskräftig gewordenen Bescheide wurden die
Ehen der Antragsteller tatsächlich annulliert?
7. Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht die Vorgangsweise der MA 62, aber
dem Vernehmen nach auch des lnnenministeriums, in einem solchen Verfahren
auf die Einvernahme der betroffenen Ausländer/innen zu verzichten, beigelegte
Dokumente zu ignorieren und somit die Glaubwürdigkeit einer Person an die
österreichische Staatsbürgerschaft zu binden bzw. ein Ermittlungsverfahren nach
dem AVG zu ersetzen?
8. Wie beurteilen Sie den in der Einleitung geschilderten Fall?
9. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um die Rechtmäßigkeit,
Gründlichkeit und Objektivität der Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz zu
garantieren?