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der Abgeordneten Ing. Nußbaumer
und Kollegen
an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
betreffend Ministerkonferenz der WTO in Singapur vom 09. bis zum 13. Dezember 1996
Vom 09. bis zum 13. Dezember fand in Singapur die erste reguläre Ministerkonferenz der seit
01. Jänner 1995 bestehenden Welthandelsorganisation (WTO) statt.
Auf wegweisende Ergebnisse war bereits vor Beginn der Konferenz nicht zu hoffen, nachdem
sich die WTO-Delegierten in Genf schon zuvor nicht auf eine gemeinsame Vorgangsweise zur
Handelsliberalisierung für die Ministerkonferenz einigen konnten.
Die Vertretung östereichischer Interessen übernahm in Anwendung des Art 113 EGV für den
größten Teil der zu verhandelnden Bereiche die Europäische Gemeinschaft und mit ihr die
Europäische Kommission, der die Sprecherrolle übertragen wurde.
Dabei wurde offensichtlich, daß die Europäische Union sowohl Meistbegünstigung und
Nichtdiskriminierung mit Tarifbindungen in einzelnen Konzessionslisten aus dem Titel des
GATT und des GATS-Abkommens einfordert und sich selber auch auferlegt, als auch selber
zahlreiche mengenmäßige Importbeschränkungen, neben jenen der Mitgliedstaaten, anwendet
und Drittstaaten auch zum Abschluß freiwilliger Exportbeschränkungen (VER's, voluntary
export restraints) drängt. Dies geschieht natürlich in Sektoren, die große strukturelle
Schwächen aufweisen und international nicht konkurenzfähig wären.
In Vorbereitung dieser Konferenz hat die Kommission bereits zu Beginn dieses Jahres im
Kommissionsbericht KOM(96) 53 endg. unter dem Titel ,,Welthandel als globale
Herausforderung: Eine Marktöffnungsstrategie der Europäischen Union" ihre Position zu den
anstehenden Fragen der WTO erarbeitet.
So sieht der Kommissionsbericht selber Probleme, wenn mit der Öffnung des Marktes in den
kommenden Jahren ein erhöhter Wettbewerbsdruck und auch die Notwendigkeit von
Umstrukturierungsmaßnahmen in der europäischen Industrie, besonders in arbeitsintensiven
Industriewzeigen (z.B. Bekleidung, Schuhe, Schiffbau), einhergehen werden. Nichtsdestotrotz
wird im darauffolgenden Satz die Integration und der freie Zugang der Volkswirtschaften
Mittel- und Osteuropas zum Gemeinschaftsmarkt gefordert.
Als Kompensation sieht der Bericht die Möglichkeit der aktiven Präsenz von europäischen
Unternehmen in entstehenden großen Märkten in bestitnmten geographischen Gebieten (mit
dem Beispiel China). An Wanderungsverluste zuungunsten europäischer und damit auch
österreichischer Arbeitnehmer wird in diesem Zusammenhang offensichtlich nicht gedacht.
Aber auch der für die Weltwirtschaft so grundsätzliche Ansatz einer akkordierten
internationalen Wettbewerbspolitik scheint keine Chance aufVerwirklichung zu erhalten.
Aus Anlaß der ersten abgehaltenen regulären Ministertagung der WTO in Singapur und
angesichts der oben gezeichneten drohenden Tendenzen stellen unterfertigte Abgeordnete an
den Bundesminister für wirtschaftliche Angelgenheiten daher folgende
Anfrage
1) Welche Ergebnisse wurden bei der Umsetzung der Uruguay-Runde des GATT,
insbesondere bei der seit 01.01.1996 eingetretenen zweiten Runde des
Zollsenkungsabbauplans, erzielt?
2) Mit welchen antragstellenden Staaten wurden konkrete Ergebnisse zur Aufnahme in die
WTO erzielt?
3) Welche Auswirkungen wird die (weitere) Aufnahme dieser in Beantwortung der Frage 2)
genannten Staaten mit deutlich geringeren Arbeits-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards
auf die Beschäftigten in der österreichischen Industrie haben?
4) In welchen Zweigen der östereichischen Industrie sehen Sie die größten Gefahren von
Standortverlagerungen, die mit Verlusten von Arbeitsplätzen einhergehen?
5) Welche Erfolge konnten im Abbau von Handelshemmnissen zum besseren Zugang zu den
Märkten dritter Länder erreicht werden?
6) Welche Fortschritte konnten in dem für Österreich so wichtigen Bereich der
Dienstleistungen im Rahmen des GATS-Abkommens erzielt werden?
7) Konnten die bestehenden Konzessionslisten im Rahmen des GATS-Abkommens (etwa im
Bereich der Finanzdienstleistungen) erweitert werden ?
Wenn ja, in welchen räumlichen und inhaltlichen Dimensionen?
Wenn nein, warum nicht?
8) Konnten weitere Sektoren der Dienstleistungen in den Katalog der WTO aufgenommen
werden?
Wenn ja, welche?
9) Welche Ergebnisse konnten zu den bei der Konferenz in Singapur neu behandelten Themen
erzielt werden?
Die Themenbereiche betreffen: Handel und Investitionen
Handel und Umwelt
Handel und soziale Bedingungen
10) Sind Sie der Ansicht, daß die in der WTO verankerten Handelsregeln gegenüber einer
offensichtlich nicht durchsetzbaren weltweiten Wettbewerbspolitik eine ,,second-best-policy"
bleiben wird?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, welche Ansicht vertreten Sie?
1 1) Kam es in Singapur zu einer zumindest teilweisen Vereinheitlichung der nationalen
Wettbewerbsgesetze?
Wenn ja, in welchen Bereichen?
12) Konnten verbindliche Grundregeln für eine globale Wettbewerbspo1itik vereinbart
werden?
Wenn nein, warum nicht?
13) Kennen Sie den oben genannten Bericht der Kommission (KOM (96) 53 endg.) über eine
Marktöffnungsstrategie der Europäischen Union?
Wenn ja, tei1en Sie grundsätzlich die darin beschriebene Vorgansweise zur Globalisierung der
Wirtschaft?
Wenn nein, warum nicht?
14) In Punkt 19. des Kommissionsberichtes .ist die Kommission der Ansicht, daß die für den
TextiI- und Bek1eidungssektor erwachsenden Nachteile aus der Aufhebung mengenmäßiger
Beschränkungen in den nächsten Jahren und der dadurch bewirkten stärkeren Konkurenz auf
dem heimischen Markt durch höhere Absatzchancen außerhalb der Gemeinschaft , fairen
Wettbewerb und einem höheren Schutz vor Betrug und Nachahmung aufgehoben werden
können.
TeiIen Sie diese Ansicht?
Wenn ja, welche Faktoren sprechen aus östereichischer Sicht dafür?
Wenn nein, warum nicht?
15) In Punkt 21 . Abs c) zählt nach Ansicht der Kommission zu den Schritten in Richtung zu
einer konkreten Marktöffnungsstrategie auch die Überwindung der durch die Globalisierung
der Wirtschaft entstehenden neuen Probleme und neuen Hindernisse.
We1che nicht im Konkreten angeführten Bereiche sind Ihrer Ansicht nach in diesem
Zusammenhang gemeint und welche Auswirkungen haben diese auf Östereich?
16) Punkt 26. enthält die Aussage, daß eine Spezialisierung der europäischen Industrie auf
einen intensiven Einsatz von Technologie angesichts der heutigen weltweiten Arbeitsteilung
unbedingt von Nöten ist.
Teilen Sie diese Auffassung?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, welche Ansätze schlagen Sie vor?
Ist Östereich für diese Herausforderung ausreichend gerüstet?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
Werden der österreichischen Forschung und technologischen Entwicklung für diese Zwecke
ausreichende fmanzielle Mittel zur Verfügung gestellt?
Wenn ja, durch welche Vorhaben und Projekte?
Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor?