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des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend Unterstützung der Republik Slowenien bei einer Schließung des Atomkraftwerkes
Krsko
Das nur 70km von Österreich entfernte Atomkraftwerk Krsko steht im seismisch aktivsten
Gebiet Sloweniens. Die akute Erdbebengefahr erfordert eine rasche Schließung des AKW
Krsko aus Sicherheitsgründen.
Der in Krsko erzeugte Atomstrom könnte durch ein Bündel von energiepolitischen
Maßnahmen ersetzt werden: Durch den Import von Strom aus Österreich, den Bau von
hocheffizienten Gaskraftwerken, den forcierten Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung in der
Industrie und im Fernheizbereich, die Erhöhung der Energieeffizienz auf der
Verbraucherseite und den Einsatz erneuerbarer Energieträger.
Der österreichische Nationalrat hat in seinem Entschließungsantrag vom November 1995 die
österreichische Bundesregierung aufgefordert, "die Republik Slowenien zur Erleichterung
des Ausstiegs aus dem Atomkraftwerk Krsko beim Aufbau eines umweltverträglichen
Energiesystems zu unterstützen". . und "diese Vorgangsweise rechtzeitig vor der
Volksabstimmung der Republik Slowenien offiziell mitzuteilen. "
Im März und April 1996 läuft in SIowenien die Eintragungsperiode für ein Referendum
über die vorzeitige Schließung des AKW Krsko aus Sicherheitsgründen ab.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1 . Welche Initiativen wurden von der österreichischen Bundesregierung seit November
1995 gesetzt, um dem Ersuchen des Nationalrates zur Unterstützung der Republik
Slowenien bei einer Schließung des Atornkraftwerkes Krsko nachzukommen und mit
welchem Erfolg?
2. Welche offiziellen Kontakte bestehen zwischen den zuständigen slowenischen und
österreichischen Stellen zum Thema Krsko? Welche Gespräche wurden seit November
1995 mit Slowenien geführt und mit welchem Ergebnis?
3. Welche Aktivitäten bezüglich Krsko wurden im Rahmen der von der Bundesregierung
eingerichteten Arbeitsgruppe zwischen Österreich und Slowenien diskutiert bzw.
ausgearbeitet?
4. Welche Forderungen wurden von sIowenischer Seite für die Schließung des AKW
Krsko gestellt? Welche Bedingungen bezüglich Preis, Ausfallsicherheit, Transport und
Ort der Lieferung wurden bezüglich möglicher österreichischer Stromexporte nach
Slowenien gestellt?
5 . Der Direktor des AKW Krsko hat in einer Diskussion die Gestehungskosten des
Krsko-Stroms mit 7-8 pf/kWh beziffert, wovon 3 pf/kWh variable Kosten seien.
Gibt es konkretere, nachvoIlziehbare Kalkulationen, wie hoch die
Stromgestehungskosten in Krsko sind, welcher Anteil davon variabeI ist und wie hoch
die Differenz zu dem Preis ist, zu dem österreichische
Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Strom an Kroatien liefern könnten?
6. Gibt es offizielle Regierungskontakte zu Kroatien bezüglich Krsko? Wurde mit
kroatischen Pat.tnern über eine mögliche Schließung des AKW Krsko bzw. über
Ersatzleistungen für den Strom aus Krsko gesprochen? Wenn ja. welche Vorstellungen
wurden von kroatischer Seite geäußert? Gibt es konkrete Zahlen, weIchen Preis
Kroatien an Slowenien für den Strom aus Krsko bezahlt, wie hoch der Anteil für die
Abdeckung variabler Kosten ist und wie hoch die Differenz zu dem Preis ist, zu dem
österreichische Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Strom an Kroatien liefern
könnten?
7. Die Verbundgesellschaft hat nach der Unterzeichnung eines Memorandums
gemeinsam mit der slowenischen Elektrizitätsgesellschaft ELES am 16. 11 . 1995
weitere Schritte der Politik überlassen.
Wurden seitens der zuständigen Ministerien weitere Verhandlungen mit Slowenien
über mögliche Stromlieferungen geführt bzw wurden Überlegungen über die mögliche
Durchführung und Finanzierung von Stromersatzlieferungen nach Slowenien oder
Kroatien angestellt?
8. Derzeit zahlt der größte slowenische Stromabnehmer, das Aluminiumwerk TALUM
rund 30 Groschen pro kWh Strom.
Wurden Überlegungen angestellt, im Rahmen der Liberalisierung des europäischen
Energiemarktes Direktlieferungen an große slowenische Stromabnehmer zu
vereinbaren, unter dem Gesichtspunkt, daß diese eventuell einen höheren Stromtarif
akzeptieren würden. als die ELES der Verbundgesellschaft zu zahlen bereit ist?
9. Welche Fonds und Budgetmittel stehen der österreichischen Bundesregierung für die
Ausarbeitung und Umsetzung eines energiewirtschaftlichen Kooperationspaketes zur
Verfügung?
10. Wann und in welcher Form hat die österreichische Bundesregierung der slowenischen
Regierung offiziell mitgeteilt, daß Österreich im Falle der Zustimmung des
slowenischen Volkes zu einem Ausstieg aus dem AKW Krsko zur gemeinsamen
Erarbeitung eines energiewit.tschaftlichen Kooperationspaketes bereit ist? Wurden
auch slowenische Medien von den Absichten Österreichs unterrichtet?
11 . Wird der österreichische Bundeskanzler beim geplanten trilateralen Gipfel mit Italien
und Slowenien das Thema Krsko ansprechen, bzw. der slowenischen Seite ein
Ausstiegsangebot vorlegen?
12. Welche Übereinkommen mit Slowenien bezüglich einer sofortigen und umfassenden
Information über Störfälle im AKW Krsko gibt es? Welche Notfallpläne für
Österreich im Falle eines Unfalls im nur 100km von Graz entfernten und stark
erdbebengefährdeten AKW Krsko gibt es? Welche Haftung übernimmt Slowenien für
Schäden durch die Emission radioaktiver Substanzen in Österreich im Falle eines
schweren Unfalls im AKW Krsko?
Vom Unfall in Tschernobyl ist bekannt, daß das finanzielle Ausmaß der Schäden
durch einen schweren Unfall die Höhe von tausenden Milliarden Schilling erreichen
kann. Schäden in dieser Größenordnung können weder von der Betreibergesellschaft
NEK noch der Republik Slowenien abgedeckt werden.
Werden die in Österreich entstandenen Schäden eines Unfalls in Krsko von einer
Versicherung gedeckt und wenn ja, in welcher Höhe?
13. Welche Aktivitäten zur vorzeitigen Schließung des AKW Krsko bzw. zur
Konkretisierung der energiewirtschaftlichen Kooperation wird die österreichische
Bundesregierung im Zuge der von Slowenien angepeilten Beitrittsverhandlungen zur
EU setzen?
14. Welche Projekte im Rahmen von EU-Progtammen (Interreg, Phare usw.) könnten zu
einer vorzeitigen Schließung von Krsko beitragen? Worin liegt der österreichische
Beitrag zu diesen Projekten? Inwiefern setzt sich Österreich dafür ein, daß die
energiepolitischen Programme der EU sich auch am Ziel der Schaffung eines
atomfreien Mitteleuropas orientieren?
15. Welche Maßnahmen wurden bzw. werden von der österreichischen Bundesregierung
gesetzt, um österreichische Unternehmen zu fördern, die in Slowenien an
energiewirtschaftlichen Projekten - insbesondere solchen zur Förderung der
erneuerbaren Energien, der Kraft-Wärme-Kopplung bzw. zur Steigerung der
Energieeffizienz - interessiert sind?
16. Gibt es spezielle Förderungsmittel für österreichische Firmen, die Projekte zur
Nutzung erneuerbarer Energien und zur Realisierung von Effizienzprogrammen in
Slowenien interessiert sind? Gibt es bei österreichischen bzw. internationalen
Finanzorganisationen spezielle KreditIinien für die Förderung solcher
energiewirtschaftlicher Kooperationsprojekte?