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des Abgeordneten Van der Bellen, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

 

 

In der Zeitschrift "Recht der Wirtschaft " , Nr. 2/1996, S. 79, erschien unter der Überschrift

"Konsum: Steuerfreier Sanierungsgewinn auch für Kapitalanleger? " folgender mit "W.D. "

gezeichneter Artikel:

 

 

"Kapitalanleger wollen aus der Konsum-Sanierung einen steuerfreien Sanierungsgewinn

lukrieren und ihre Rendite damit erheblich steigern. Kapitalanleger sind allerdings in der

Regel vom steuerfreien Sanierungsgewinn ausgeschlossen.

 

Laut einer APA-Meldung (vom 2 7. 10. 1995; siehe auch Tiroler Tageszeitung vom 28. 10. 95,

S. 25; Anm. VdB) haben sich rund 3500 Zeichner von atypisch stillen Beteiligungen mit

Hilfe der Kapital- & Wert-Gruppe an Tochtergesellschaften des insolventen Konsum-

Konzerns beteiligt und erwarten einen steuerfreien Sanierungsgewinn, nachdem sie bereits

die Verluste steuerlich voll verwertet hatten. Das Finanzierungsvolumen soll 1,2 Milliarden

Schilling betragen haben, die erhofften Renditen bewegen sich zwischen 22 und 38 Prozent.

 

Das Gesetz behandelt den Sanierungsgewinn allerdings nur dann steuerfrei, wenn der

Schulderlaß "zum Zwecke der Sanierung" erfolgt. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist

unter anderem die "Sanierungsbedürftigkeit" : Das Unternehmen muß vor dem

wirtschaftlichen Zusammenbruch stehen, also notleidend sein (VwGH 16.5.1956, 2370/55 ,

FSlg 1430). Sanierungsbedürftigkeit ist nur anzunehmen, wenn weder mittels Vermögen

anderer Betriebe noch aus dem Privatvermögen des Unternehmers Abhilfe geschaffen

werden kann. Daher ist bei Personengesellschaften auch das Privatvermögen der

Gesellschafter maßgeblich; die Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit kann bei den einzelnen

Gesellschaftern einer Personengesellschaft zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (Nolz,

FS Bauer, 196; ausführlich Doralt, ÖStZ 1996, 65).

 

Damit ist die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne bei Kapitalanlegern regelmäßig

ausgeschlossen; denn es gehört zum Charakteristikum des Kapitalanlegers, daß er über

genügend anderes Vermögen und Einkommen verfügt.

 

Entgegen der PressemitteiIung von KapitaI & Wert kann daher der Gewinn aus der

Sanierung des Konsums bei den Kapitalanlegern nicht steuerfrei bleiben. "

 

(Als weitere Literatur vgl. auch Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts.

Band 1,5. Auflage. Wien 1994, S. 202 f. ; W. Doralt, Vorschläge für eine neue

Steuerreform, Österreichische Steuer-Zeitung, Nr. 10/1995, S. 1 70)

 

Da offenbar namhafte Steuerrechtler mit der von Kapital & Wert vertretenen Auffassung

über die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen nicht übereinstimmen, richten die

unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

1 . Teilen Sie grundsätzlich die bei Doralt/Ruppe, op. cit. , S. 202, vertretenen Auffassungen

über die Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen? Wenn nein

oder nur bedingt, welche Punkte betrifft das und wie begründen Sie Ihre Auffassung?

 

2. Teilen Sie im speziellen die Auffassung, daß nicht nur Sanierungsabsicht seitens der

Gläubiger, sondern auch Sanierungsbedürftigkeit seitens des Schuldners für die

Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen vorzuliegen hat?

 

3. Sind Sie der Auffassung, daß auch Kapitalanleger allgemein in den Genuß von

steuerfreien Sanierungsgewinnen kommen können und sollen?

 

4. Hat das Finanzministerium der Kapital- & Wert-Gruppe, oder deren Kapitalanlegern, im

Sinne der APA-Aussendung vom 27.10.95 Auskunft gegeben? Wenn ja, wie

begründen Sie das? Wenn nein, ist Ihrer Auffassung nach die von Kapital & Wert

vertretene Ansicht über die Steuerfreiheit der Sanierungsgewinne rechtlich haltbar und

ökonomisch vertretbar?

 

5. Werden Sie veranlassen, oder haben Sie bereits veranlaßt, daß im vorliegenden Fall den

Kapitalanlegern von Kapital & Wert die Steuerbefreiung bis zur Klärung durch den

Verwaltungsgerichtshof versagt bleibt?

 

6. Wie werden Sie in Zukunft sicherstellen, daß Kapitalanleger, für die die Begünstigung

des § 36 EStG nicht gedacht bzw. bestimmt ist, diese Begünstigung auch tatsächlich

nicht erhalten?

 

7. Teilen Sie die Auffassung, daß die Steuerbefreiung nach § 36 EStG gestrichen werden

soll, wenn der Verlustvortrag nicht wie bisher 7 Jahre, sondern unbefristet gilt?. Wenn

nein, warum nicht? Wenn ja, wird die Streichung der Steuerbefreiung im Begleitpaket