1807/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Stadler.

und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Umsetzung von EU-Normen

Seitens der Europäischen Kommission werden regelmäßig Berichte erstellt, die den jeweiligen

Stand der Umsetzungen von Richtlinien in den EU-Mitgliedstaaten angeben. Weiters wird

von der GD XV der Europäischen Kommission, die zuständig für Binnenmarkt und Finanz-

dienste ist, jährlich ein Bericht erstellt, der u.a. eine Statistik über den Stand der Umsetzungen

der Weißbuchmaßnahmen enthält.

Laut dem vom Generalsekretariat der Europäischen Kommission im Juli d.J. veröffentlichten

"Dreizehnten Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts 1995"

(Komm(96) 600 endg. vom 29.Mai 1996) liegt Österreich bei der Umsetzung des gesamten

Acquis mit einer Quote von 84,2 % an vorletzter Stelle vor Finnland.

Nach dem Bericht vom 20. Februar 1996 "Der Binnenmarkt 1995 - Bericht der Kommission

an den Rat und das Europäische Parlament" (Komm(96) 51 endg.) liegt Österreich per 31.

Dezember 1995 bei der Umsetzung des Weißbuchs mit einer Umsetzungsquote von 87,4 % an

letzter Stelle.

Die Säumigkeit Österreichs bei der Umsetzung des EU-Gemeinschaftsrechts wurde auch im

Jahre 1996 trotz gegenteiliger Behauptungen nicht behoben. Die Frage der Säumigkeit hat

jedoch nicht zuletzt dadurch Bedeutung erlangt, daß der Gerichtshof der Europäischen Ge-

meinschaft in seinem Urteil vom 8. Oktober 1996, Rs. C-178/94 u.a., festgestellt hat, daß ein

Schadenersatzanspruch gegenüber den säumigen Mitgliedstaaten besteht, wenn die Nichtum-

setzung einer Richtlinie innerhalb der dafür festgesetzten Frist als solche einen qualifizierten

Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellt und die Gemeinschaftsvorschriften die Ver-

 

leihung von Rechten an den einzelnen mit bestimmbarem Inhalt zum Ziel haben und ein

Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden besteht.

Die Festlegung dieser. gemeinschaftsrechtlichen "Mindeststandards" für die Durchsetzung des

Schadenersatzanspruchs des einzelnen auf nationaler Ebene wird auch im Zusammenhang mit

gegen die Republik Österreich anhängig gemachten Vertragsverletzungsverfahren von Be-

deutung sein.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler die nachstehende

ANFRAGE

1. Wie ist der Stand der Umsetzung des EU-Gemeinschaftsrechtes in Österreich zum 1.

Jänner 1996 ?

2. Wie ist dieser Umsetzungsstand im Vergleich mit den anderen Mitgliedsstaaten zu be-

werten?

3. Welche Normen des EU-Gemeinschaftsrechts wurden bisher noch nicht in innerstaatliches

Recht umgesetzt?

4. Welche Hindernisse standen der Umsetzung dieser Normen bisher entgegen, wer ist dafür

verantwortlich und wann ist mit der Umsetzung zu rechnen?

5. Haben Sie sich persönlich für eine raschere innerstaatliche Umsetzung des Gemein-

schaftsrechts eingesetzt?

Wenn ja, inwiefern?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wie viele Vertragsverletzungsverfahren wurden bisher bei den EU-Organen gegen Öster-

reich (Bund und Länder) anhängig gemacht und wie wurden diese Verfahren begründet?

 

7. Wie viele dieser Verfahren wurden bereits entschieden und wie lautete jeweils die Ent-

scheidung?

8. In wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden bereits Schadenersatzansprüche gegen die

Republik Österreich (Bund und Länder) geltend gemacht und welche Maßnahmen werden

Sie konkret ergreifen, um für die Zukunft auszuschließen, daß die Republik Österreich zu

Schadenersatz herangezogen werden kann?