1851/J XX.GP

 

ANFRAGE

des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Wiener Kurden-Mord

Die Witwe Susanne Rashoul-Rockenschaup überlieferte der Justiz nun ein Dokument

der haarsträubenden Fahndungsbannen österreichischer Behörden nach dem Mord an

ihrem Mann, dem Politikwissenschaftler Fadil Rashoul am 13. Juli 1989. Rashoul war

gemeinsam mit den Führern der demokratischen Partei Kurdistans, Abdul Rahman

Ghassemlou und Abdullah Chaderl bei geheimen Friedensgesprächen in einer Wiener

Wohnung von drei iranischen Verhandlungspartnern hingerichtet worden. Die

mutmaßlichen Attentäter konnten Österreich unter skandalösen Umständen unbehelligt

verlassen. Ermutigt durch den Mykonos-Prozeß hat Susanne Rashoul-Rockenschaup

nun der österreichischen Justiz eine Sachverhaltsdarstellung über die gravierendsten

Ungereimtheiten übermittelt. Zitat: "Am Tatort wurden zwei Personen nämlich Amir

Bozorgian und Mohammed Sahraroodi vorgefunden, die widersprüchlich aussagten.

Wenn in einem Raum drei Personen erschossen werden und zwei andere Personen

offenbar bei dieser Besprechung dabei waren, ist der Verdacht gegen beide

Überlebende so gravierend, daß absolut unverständlich ist, warum nicht ein

Haftbefehl wegen § 75 StGB gegen diese beiden Verdächtigen beantragt wurde ".

Und weiter: "Am 14. Juli 1989 fand eine gerichtliche Obduktion der Leichen statt.

Vergleicht man diesen objektiven Obduktionsbefund und die Tatortbeschreibung mit

den Aussagen von Bozorgian und Sahraroodi, so ergibt sich ganz eindeutig, daß die

Aussagen dieser beiden Personen den Untersuchungsergebnissen widersprechen. Trotz

dieses ganz eindeutigen Widerspruches wurde die Untersuchungshaft/t weder beantragt

noch verhängt, sodaß der des Mordes dringend Verdächtigte Sahraroodi Ende .Juli

1989 aus Österreich unbehelligt ausreisen konnte. ... Wäre pflichtgemäß nach

Vorliegen des Obduktionsbefundes die Untersuchungshaft verhängt worden, wäre eine

Strafverfolgung in Österreich gesichert gewesen. . . . Ein weiterer aufklärungswürdiger

Umstand ist die Tatsache, daß der Verdächtige Bozorgian offenbar um den 30.

November l9ß9 ausreisen konnte, obwohl ein Haftbefehl wegen des Verdachtes gemäß

§ 75 StGB am 28. November erlassen wurde. ... Nachdem im Strafakt befindlichen

Bericht befand sich Bozorgian am 29. November angeblich in der iranischen

Botschaft. ... Bereits am 29. November ordnete der Generaldirektor für öffentliche

Sicherheit per Weisung, welche von Oberrat Dr. Neworal mit einem Aktenvermerk

festgehalten wurde, an, daß die Personenkontrolle vor der iranischen Botschaft nur

mehr schonend durch die Kriminalbeamten durchzuführen sei. ... Die dargestellte

Reduktion der Überwachung erleichterte jedenfalls die Flucht Bozorgians. "

 

Erst ab 19. Dezember und damit ein halbes Jahr nach dem Mord wurden die drei

Iraner per Haftbefehl international gesucht.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten aus diesem Grund an den Bundesminister

für Inneres folgende schriftliche

ANFRAGE:

1 . Ist Ihnen die oben angeführte Sachverhaltsdarstellung bekannt?

2. Wenn ja, seit wann und zu welchen konkreten Konsequenzen hat die

Sachverhaltsdarstellung bislang geführt?

3 . Wie lautet der Wortlaut der Sachverhaltsdarstellung?

4. Sind die entsprechenden Passagen aus dem Akt korrekt wiedergegeben? Wenn

nein, in welchen Details nicht?

5. Wie erklärt sich der Minister aus heutiger Sicht die aufgelisteten skandalösen

Pannen?

6. Existierte damals eine politische Weisung, die Attentäter entkommen zu lassen?

7. Hat es unmittelbar nach dem Attentat eine Kontaktaufnahme der österreichischen

mit den iranischen Behörden gegeben? Wenn ja, mit welchem konkreten Inhalt von

wem wurde sie realisiert und welche Konsequenzen hatte sie?

8. Wie wurde die Weisung der reduzierten Überwachung der iranischen Botschaft

durch den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit begründet?

9. Haben sich in den Jahren seit dem Attentat neue Anhaltspunkte für die

österreichischen Behörden ergeben? Wenn ja, welche konkret im Detail?

10. Hat es in dieser Angelegenheit Kooperation mit ausländischen Diensten

gegeben? Wenn ja, mit welchen und in welchem konkreten Detail und