1865/J XX.GP

 

der Abg. Dr.. Haider, Haller, Dr. Povysil, Dr. Pumberger, Apfelbeck

an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Diskriminierung von Österreicherinnen gegenüber Ausländerinnen

bei den Voraussetzungen für die Ausübung medizinischer Berufe - tödliche

Gefahr für Österreichs Patienten

"Vor vier Monaten kam Monika M. nach Wien, ihr Diplom aus Polen wäre nach

Ablegung einiger Prüfungen auch in Österreich anerkannt worden. Ein

tragischer Fehler, ein Mißverständnis - womöglich hervorgerufen durch die

Sprachschwierigkeiten der aus Polen stammenden Schwester, berichtet die

Ärztliche Direktorin Angelika Rosenberger-Spitzy"  (Kurier, 19.1.1997),

nachdem sich im Geriatriezentrum .,Am Wienerwald,' ( Lainz ) der zweite schwere

Behandlungsfehler innerhalb weniger Tage in Wiener Spitälern zugetragen hatte.

"So weit bis jetzt bekannt , hätte die 84jährige Erna K. ( nähere Details

wurden nicht bekanntgegeben) eine Infusion bekommen sollen. Doch die Krankenschwester

Monika M. verabreichte ihr das Kaliumchlorid irrtümlich pur in Form einer

Injektion (die sie grundsätzlich nicht geben dürfte) , anstatt sie in die

Infusionsflasche zu spritzen. Durch die hohe Konzentration starb die

Patientin wenige Minuten später." ( Kurier,19.1.1997 )

Die Stadt Wien als Arbeitgeber rekrutiert und beschäftigt also Kranken-

schwestern, die weder hinsichtlich ihrer Sprachkenntnisse noch ihres

Ausbildungstandes geprüft, sondern einfach auf die Patienten nach der Methode

"trial and error angesetzt werden!

Am nächsten Tag modifizieren die Verantwortlichen ihre in der ersten Ver-

wirrung getätigten Aussagen: "Sprachprobleme sind sicher nicht die Ursache

für den Fehler der Krankenschwester, meint Angelika Rosenberger-Spitzy, die

ärztliche Direktorin des Geriatriezentrums am Wienerwald. Die Polin konnte

sehr gut Deutsch sprechen - so die Direktorin - und war seit vier Monaten

für das Krankenhaus tätig. Während dieser Zeit habe sie bereits für die

Prüfung zur Diplomschwester gelernt. ,.. . . ',In Polen sei es durchaus üblich,

daß Krankenschwestern auch intravenöse Infusionen geben. ',Aber bei uns ist

das verboten und auch nicht üblich, erklärt die Direktorin, deshalb haben

wir die Krankenschwester fristlos entlassen. ,' (Kurier, 20. 1. 1997 )

'Die Krankenschwester wurde außer Dienst gestellt und auf freiem Fuß ange-

zeigt . Ihr droht ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung . ,' ( Presse , 20 . 1 . 1997 ) .

Es bestand also seitens der Spitalsverantwortlichen nicht nur Unklarheit über

die tatsächlichen Deutschkenntnisse der Krankenschwester, sondern es wurde

auch toleriert nicht dem österreichischen Standard

entsprach, sondern für die Prüfungen erst nebenher gelernt werden muß.

Die Arbeitgeber der polnischen Krankenschwester erteilten dieser offenbar

nicht einmal die im Interesse der Patienten notwendige Rechtsbelehrung über

ihre Befugnisse hinsichtlich Injektionen und Infusionen.

Der tödliche Behandlungsfehler wird nun ihr allein angelastet.

Ob sie sich den Vorwürfen in einem Gerichtsverfahren stellen oder Österreich

wieder verlassen wird, wird die Zukunft zeigen.

Am übernächsten Tag lieferten die Verantwortlichen eine neue Variante:

Generaloberin Charlotte Staudinger, oberste Chefin des Pflegepersonals:

"In Österreich sind 15 % des Pflegepersonals Ausländer, und die werden'

einer schweren Deutschprüfung unterzogen.(Kurier, 21.1.1997)

 

Inzwischen widerruf Monika M. im Polizeiverhör ihre erste Aussage:

Sie gab zu, nicht nur Infusionen, sondern auch regelmäßig Injektionen

gegeben zu haben, allerdings nur subkutan, also unter die Haut. Dafür

habe es aber nie - wie es Vorschrift wäre - eine vorherige schriftliche

Anordnung der Ärzte gegeben. Diese habe sie meist nur im nachinein be-

kommen. Intravenöse Injektionen habe sie in Österreich nicht gegeben. "

(Kurier, 21.1.1997 ) In mindestens diesem einen tödlichen Fall aber doch .

Eine Wiener Gesundheitsexpertin der Opposition meint dazu:

',Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Schwester da in Eigeninitiative

gehandelt hat. Sie wird das getan haben, was alle anderen auch tun müssen. .,

(Kurier, 21.1.1997)

Eine ungenannt bleiben wollende Krankenschwester kommentiert das Injektions-

problem dahingehend, daß das Spritzen eine ungeliebte Aufgabe sei, die vom

ärztlichen Personal gerne an die Schwestern delegiert werde. Ob das Pflege-

personal sich gegen das Spritzengeben wehren könne ,hänge von seinem Durch-

setzungsvermögen ab. (Kurier, 21.1.1997).

Die bevorzugte Einstellung ausländischen Pflegepersonals ohne gültige Nostri -

fizierung durch die Stadt Wien als Arbeitgeber gewinnt unter diesem Aspekt

eine besonders patientenfeindliche Dimension.

Wiederholungsfälle dieser Art sind geradezu vorprogrammiert:

Wie die Anfragesteller in Erfahrung bringen konnten, hat die Stadt Wien

ca. 20 chinesische Krankenschwestern in ihrem Heimatland rekrutiert und

in Wiener Krankenanstalten beschäftigt, wobei in den wenigsten Fällen

eine ordnungsgemäße Nostrifikation vorliegen dürfte .

Österreicherinnen, die im Ausland einen medizinischen Beruf erlernen

und danach in Österreich arbeiten wollen, werden demgegenüber geradezu

hemmungslos schikaniert :

Eine Tirolerin , die in Deutschland und Österreich eine zweieinhalbjährige

Masseurausbildung absolvierte , wollte Physikotherapeutin werden und einen

EU-weit anerkannten Nachqualifikationslehrgang besuchen. Sie erkundigte

sich im Bundesministerium für Gesundheits und Konsumentenschutz im Mai 1996

über die weiteren Voraussetzungen, nachdem sie an einen ersten Lehrgang in

Köln teilgenommen hatte. Seither bekommt sie einander widersprechende

Auskünfte vom BMGK: einmal soll sie ein Praktikum machen, dann eine Ergän-

zungsprüfung, dann wieder wird ihr mitgeteilt , sie solle wieder nach

Deutschland gehen. Bis dato hat sie keinen rechtsgültigen Bescheid erhalten.

Eine Ministerialrätin des BMGK meinte am Telefon: "Mit den Österreichern

verfahren wir, wie wir wollen, mit den EU-Bürgern dürfen wir das nicht!"

Aber nicht nur EU-Bürger, sondern auch Krankenschwestern aus Oststaaten

und Entwicklungsländern genießen offenbar (bis auf Widerruf auf Grund von

Behandlungsfehlern) -eine Bevorzugung gegenüber Österreicherinnen mit

gleicher oder besserer Qualifikation in Gesundheitsberufen..

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin

für Gesundheit und Konsumentenschutz die nachstehende

A n f r a g e:

 

1. Zur Aussage von Generaloberin Charlotte Staudinger, wonach in Österreich

15% des Pflegepersonals Ausländer seien:

a) Wieviele Personen sind das in absoluten Zahlen ?

b ) Wie verteilen sich diese Personen auf die einzelnen Kategorien

des Pflegepersonals ?

c ) Wieviele dieser Personen haben ihre .Ausbildung vollständig in Österreich

absolviert?

d) Wieviele dieser Personen haben im Nostrifikation ihrer im Ausland

absolvierten Ausbildung angesucht ?

e) Wievielen Personen wurde diese Nostrifikation

i) nach Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen,

ii) unter Erteilung teilweiser Nachsicht von den gesetzlichen

Anforderungen,

iii) Im vorhinein mit der Möglichkeit des Nachbringens der erforder--

    lichen gesetzlichen Voraussetzungen ,

iiii) unter Verzicht auf die Erbringung der gesetzlichen Anforderungen

erteilt ?

f) Wieviele Personen ausländischer Herkunft üben in Österreich Pflege-

berufe aus , ohne rechtsgültig nostrifiziert worden zu sein ?

2. Zur Situation in Wiener Krankenanstalten:

a) Wie hoch ist der Prozentsatz an Pflegepersonal ausländischer Herkunft

in Wiener Krankenanstalten?

b) Wieviele Personen, sind dies in absoluten Zahlen ?

c) Wie verteilen sich diese Personen auf die einzelnen Kategorien

des Pflegepersonals ?

d) Wieviele dieser Personen haben ihre Ausbildung vollständig in Österreich

absolviert ?

e) Wieviele dieser Personen haben um Nostrifikation ihrer im Ausland

absolvierten Ausbildung angesucht?

f) erfolgen diese Ansuchen einzeln oder - im Falle der Stadt Wien als

Arbeitgeber - gesammelt ?

g) wievielen Personen wurde die Nostrifikation

   i) nach Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen,

   ii) unter Erteilung teilweiser Nachsicht von den gesetzlichen

       Anforderungen,

   iii)im vorhinein mit der Möglichkeit des Nachbringen der erforder-

       lichen gesetzlichen Voraussetzungen,

   iiii) unter Verzicht auf die Erbringung der gesetzlichen Anforderungen

         erteilt ?

h) Wieviele Personen ausländischer Herkunft über in Wien Pflegeberufe aus ,

ohne rechtsgültig nostrifiziert worden zu sein ?

i) Ist Ihrem Ressort bekannt, in welcher Art und Weise die gesetzlich

geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache der in Wiener Kranken-

anstalten im Pflegeberuf tätigen Ausländer/innen überprüft werden ?

j) Wer führt diese Prüfungen über die Sprachkenntnisse durch ?

 

k) Wie ist der Sachverhalt hinsichtlich der Fragen 2.d.bis 2.j. bei den

ca. 20 von der Stadt Wien in Krankenanstalten beschäftigten chinesischen

Krankenschwestern ?

l) Wie ist der Sachverhalt hinsichtlich der Fragen 2.e. bis 2.j. bei der

seit vier Monaten im Geriatriezentrum "Am Wienerwald" (Lainz ) beschäf-

tigt gewesenen Krankenschwester aus Polen, Monika M. , die einer '

Patientin irrtümlich eine tödliche Injektion verabreichte ?

3 . Zu den Schikanen des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumenten-

schutz gegenüber einer Masseurin aus Tirol, die Physiotherapeutin werden will:

a) Warum ist Ihr Ressort seit Mai 1996 nicht in der Lage, Frau Elisabeth H.

eine rechtsverbindliche Auskunft über die zur Berufsberechtigung als

Physikotherapeutin erforderlichen Zusatzqualifikationen über die in

Deutschland absolvierte Ausbildung als Masseurin hinaus zu erteilen ?

b) Wieso gibt Ihr Ressort seit einem Dreivierteljahr der betroffenen

Österreicherin telefonisch und schriftlich widersprüchliche und

unverbindliche Auskünfte ?

c) Wie lautet die Stellungsnahme Ihres Ressorts zu der Äußerung einer

Ministerialrätin Ihres Ressorts gegenüber der um Auskunft ersuchenden

Österreicherin: "Mit den Österreichern verfahren wir, wie wir wollen,

mit den EU-Bürgern dürfen wir das nicht ! "

d) Aus welchem Grund diskriminiert Ihr Ressort Österreicherinnen, die

medizinische Berufe ausüben wollen, während gleichzeitig Ausländerinnen

in Österreich medizinische Berufe in städtischen Krankenanstalten

ausüben dürfen, ohne die entsprechenden Voraussetzungen mitzubringen ?

4. Zur Gefährdung österreichischer Patienten durch mangelhaft ausgebildetes,

nicht und ausländisches Personal in Gesundheitsberufen:

a) Wie lautet Ihre Stellungnahme zu dem in Wiener Krankenanstalten offenbar

herrschenden Usus, das Spritzengeben vom ärztlichen Personal an jeweils

gerade vorhandenes Pflegepersonal zu delegieren ?

b) Wie lautet Ihre Stellungnahme zu der von Monika M. im Polizeiverhör

gemachten Aussage, wonach sie regelmäßig Injektionen gegeben habe ,

die schriftliche Anordnung dazu von Ärzten, wenn überhaupt, dann nur

im nachhinein erhalten habe ?

c) Werden sie im Rahmen Ihrer allgemeinen Gesundheitskompetenz eine Unter-

suchung veranlassen, welche Auswirkung die Beschäftigung von nicht dem

österreichischen Ausbildungsstand entsprechenden ausländischen Pflege-

personals in österreichischen Krankenanstalten, insbesondere der Stadt

Wien, auf die Sicherheit der österreichischen Patienten hat ?

d) Werden Sie im Rahmen Ihrer allgemeinen Gesundheitskompetenz auch untersuchen,

in welcher Art und Weise die Stadt Wien als Arbeitgeber ausländischen

Pflegepersonals Instruktionen über dessen Befugnisse, Rechte und Pflichten

durchführt ?