1870/J XX.GP
der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend aufrechte Einberufung von Ing. Peter Zwiauer
Schon 1980 leistete Ing. Peter Zwiauer seinen Grundwehrdienst, durfte aber schon nach
zwei Monaten abrüsten. Sein Dienstgeber, die Post, brauchte ihn dringend und er wurde
wie viele seiner Kollegen aus öffentlichem Interesse befreit. Im November 1993 erhielt er
aus heiterem Himmel einen Einberufungsbefehl . Er ergriff alle ihm offenstehenden
Rechtsmittel, um seine Befreiung vom Wehrdienst aus öffentlichem Interesse geltend zu
machen. Das Militärkommando Niederösterreich hat einer entsprechenden Eingabe des
Anwaltes Zwiauers, Dr Gahleitner am 11.2.1994 stattgegeben. Ein gleichlautender
Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Befreiung des Ing. Peter Zwiauer nach wie
vor aufrecht sei, folgte nur drei Tage später am 15.02.1994.
Am 13.09. 1994 hat Ing. Peter Zwiauer zum ersten Mal einen Feststellungsbescheid darüber
erhalten, daß seine Befreiung vom Wehrdienst aufgehoben sei. Mit der
Zivildienstgesetzesnovelle 1994 trat eine Regelung in Kraft, die sogenannten "Altfällen" , zu
denen auch der Betroffene zu zählen ist, jedes Antragsrecht weggenommen hat. Er hatte am
11.04. 1994 die letzte Möglichkeit einen Zivildienstantrag einzubringen.
Die in der Einleitung der Anfragebeantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung
(20. 12. 1996; 1379/AB) vorgebrachte Argumentation, daß Zwiauer "dreizehn Jahre lang
Gelegenheit gehabt" hätte, einen Zivildienstantrag einzubringen, hätte den Betroffenen
gegenüber seinem Arbeitgeber, der Post, insofern in große Schwierigkeiten gebracht, da
diese mit einer Unabkömmlichkeitserklärung, die Befreiung von der Präsenzdienstpflicht
erwirkte. Die im Zivildienstantrag verbindlich abzugebende Erklärung seine
Zivildienstpflicht zu erfüllen, hätte Zwiauer insofern mit einer Kündigung gegenüber der
Post verbinden müssen, was als nicht zumutbar erachtet werden muß.
Seitdem Zwiauer den Feststellungsbescheid über die Aufhebung seiner Befreiung am
13.09. 1994 erhalten hatte, hat Zwiauer nun in Verfahren bis zu den Höchstgerichten seinen
Gewissenswandel geltend zu machen versucht. Aufgrund seines Fristversäumnisses wurde
er in allen Instanzen abgelehnt.
Seit 7.05.1995 hat Ing. Zwiauer nun einen Befehl zum Dienstantritt in der Kaserne
Zwölfaxing, dem er bisher nicht Folge leistete. Am 26.11.1996 wurde er an seinem
Wohnort um 23,15 Uhr nachts, von drei Beamten in Zivilkleidung aufgesucht. Einer ist
offenbar über das versperrte Gartentor bis zur Haustür eingedrungen, während seine beiden
Kollegen am Gartentor warteten. Der Beamte an der Haustür drohte mit Festnahme und
verlangte von Zwiauer die Unterzeichnung eines Schriftstückes. Zwiauer forderte den
Beamten auf das Schriftstück zu hinterlassen und forderte ihn auf sein Grundstück wieder zu
verlassen, so er keinen Hausdurchsuchungsbefehl hat. Das tat dieser unverzüglich.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
Sie stellen in Ihrer Anfragebeantwortung (6) vom 20.12.1996 fest, daß Ihnen die mögliche
Adoption Ing. Zwiauers durch amnesty international als Gewissensgefangener bekannt
ist. Gleichzeitig erachten Sie eine Entlassung nur im Falle einer vollständigen
Ableistung des Wehrdienstes durch den Betroffenen für möglich. Andererseits hat es
eine Reihe von Fällen von Gewissensverweigerung gegeben, die durch eine vorzeitige
Entlassung aus dem Präsenzdienst eine andere Praxis der Militärbehörden erkennen
hat lassen. Sind Sie Herr Minister vor diesem Hintergrund, der politischen Meinung,
daß Menschenrechte des Einzelnen von geringerer Bedeutung sind als die
Sicherheitsinteressen des Staates, die ja darüber hinaus durch die
Gewissensverweigerung Ing. Zwiauers keineswegs zur Disposition stehen?
In der 12.Antwort stellen Sie fest, daß die ZDG-Novelle 1996 keine praktische Bedeutung
haben wird. Gleichzeitig gibt es aber einige hundert gleichgelagerte Fälle, die
Zwiauers Alter noch nicht erreicht haben, und die mit der Zivildienstnovelle 1996
weiterhin von jedem Antragsrecht ausgeschlossen bleiben. Es handelt sich praktisch
um alle Wehrpflichtigen, die älter als 23 Jahre und jünger als 35 Jahre sind und die
noch keinen Wehrdienst geleistet haben. Treten Sie Herr Minister, angesichts der
Menschen- und verfassungsrechtlich bedenklichen Zugangsregelung zum Zivildienst in
der Novelle 1996 für eine Neuregelung ein, die alle Wehrpflichtigen gleich behandelt
und daher auf den § 76 a Zivildienstgesetz verzichtet?
Wie haben sich Befreiungen aus wirtschaftlichen, öffentlichen und militärischen Interessen
von der Wehrpflicht (bitte aufgeschlüsselt nach Gründen und Jahren) in den Jahren
1991 bis 1996 entwickelt?