1931/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr.Ofner

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Unterschriftenfälschungen im sozialdemokratischen Kärntner Landtagsklub

Ganz Kärnten ist entsetzt über die Fälschung von Unterschriften von Landtagsabgeordneten auf

dem Antrag, mit dem die sozialdemokratische Fraktion im Kärntner Landtag vergangene Woche

die Abhaltung einer aktuellen Stunde erreichen wollte. Noch schlimmer wird die Angelegenheit

dadurch, daß es sich nicht um die Tat einer Einzelperson handelt, sondern mehrere Personen in

den Fall verwickelt sind: der Klubmitarbeiter, der die Fälschungen eigenhändig hergestellt hat,

die Landtagsabgeordneten, deren Unterschriften nach eigenem Bekunden in ihrem Auftrag

"nachgemacht" wurden, und der Klub der sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten insge-

samt bzw. seine Repräsentanten, die den Antrag mit gefälschten Unterschriften eingebracht und

somit verwendet haben.

Um weiteren Schaden für die Demokratie und die Glaubwürdigkeit der Politik und der Politiker

hintanzuhalten, wäre eine genaue Untersuchung der Vorfälle durch die unabhängige Justiz wün-

schenswert. Die Freiheitliche Landtagsfraktion hat daher die Übermittlung einer Sachverhalts-

darstellung an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt angekündigt. Überraschend war es nun, daß

den Zeitungen noch vor Einlangen einer Sachverhaltsdarstellung eine Stellungnahme des Leiten-

den Staatsanwaltes Dr. Dieter Pacheiner entnommen werden konnte und der Pressesprecher Dr.

Horst Pleschiutschnig öffentlich äußerte, er glaube nicht, daß Anklage erhoben werde.

In der am 27.Jänner 1997 eingelangten Anfragebeantwortung 1514/AB (zu 1510/J) hat der

Bundesminister für Justiz darauf hingewiesen, daß die Justizbehörden keine Auskünfte an

Medien erteilen dürfen, wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Ver-

fahrens gefährdet, erschwert, verzögert oder vereitelt werden könnte, und wenn möglich eine

Berichterstattung verhindert werden solle, die geeignet sein könnte, die Unbefangenheit des

Gerichts, der Zeugen und der Sachverständigen oder sonst die Erforschung des wahren Sach-

verhalts oder auch die Unschuldsvermutung zu beeinträchtigen. Die Anfragesteller vertreten

allerdings die Ansicht, daß die Unschuldsvermutung nicht so weit ausgelegt werden darf, daß

bereits vor Einlangen einer Sachverhaltsdarstellung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft

Staatsanwälte oder der Pressesprecher einer Staatsanwaltschaft medial "Freisprüche" verkünden.

Sie richten daher an den Herrn Bundesminister für Justiz die nachstehende

Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie die medialen Äußerungen des Leitenden Staatsanwaltes Dr. Dieter

Pacheiner und des Pressesprechers Dr. Horst Pleschiutschnig im Fall der Unterschriften-

fälschungen im sozialdemokratischen Kärntner Landtagsklub?

 

2. Entsprechen diese Meinungsäußerungen - noch dazu zu einem Zeitpunkt. in dem der

Staatsanwaltschaft noch keinerlei direkte Information in Form von Sachverhaltsdar-

stellungen zugegangen war - den geltenden Erlässen des Bundesministeriums für Justiz?

a) Wenn ja, wieso halten Sie es für unbedenklich, wenn noch vor einer Prüfung der

näheren Umstände öffentlich deutlich gegen eine Anklageerhebung argumentiert

bzw. sie als unwahrscheinlich bezeichnet wird?

b) Wenn nein, in welchen Punkten halten Sie die in den Medien wiedergegebenen

Aussagen für bedenklich"

3. Ist in diesem Stadium, in dem noch nicht einmal ein Akt besteht ein gerechtfertigtes

Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer

Anklageerhebung gegeben?

4. Die Anfragesteller halten die erwähnten Äußerungen in diesem Stadium für gänzlich

entbehrlich: welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit derartige - zumindest sehr

verfrühte - öffentliche Äußerungen von Staatsanwälten in Zukunft gänzlich unterblei-

ben?

5. Werden Sie dafür sorgen. daß die Untersuchung dieser für das öffentliche Leben in ganz

Kärnten im negativen Sinne bedeutungsvollen Straftat in einem anderen Bundesland

durchgeführt wird, wo schon durch die räumliche Distanz politische Interessen. Freundes-

schafften und Abhängigkeiten weniger Einfluß auf die objektive Wahrheitsfindung neh-

men können? Wenn nein, warum nicht?

6. Wurden in dieser Strafsache schon irgendwelche Weisungen erteilt? Wenn ja, wie lauten

sie?