1941/J XX.GP
der Abgeordneten Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Verhalten des österreichischen Botschafters in Chile nach dem Pinochet-Putsch
Das bis heute gerüchteumwobene Verhalten des österreichischen Botschafters in Chile in
den Jahren nach dem Putsch von 1973 war in letzter Zeit immer wieder Gegenstand von
Medienberichten (Standard, 4./10. Oktober 1996, 1./2. Februar 1997). Dr. Anton Segur-
Cabanac, von 1974 bis Herbst 1976 Österreichs Botschafter in Santiago, reagierte mit einer
Klage auf eine Aussage, er sei äußerst freundlich zum Pinochet-Regime eingestellt gewesen
und habe das Seine dazu beigetragen, daß politisch Verfolgte, die um politisches Asyl in
seiner Botschaft angesucht hatten, in die Hände der DINA (Chiles Geheimpolizei)
gelangten.
Konkret geht es um einen Vorfall im Juni 1976, als zwei Dutzend Chilenen in der
bulgarischen Botschaft, die damals nach Abbruch der Beziehungen unter Österreichs
diplomatischem Schutz stand, Asyl suchten. Der damalige österreichische Botschafter
behauptete, er sei abends zu dem Gebäude gerufen worden, habe aber aus Sorge, als Geisel
genommen zu werden, nur vor dem Gartentor mit den Asylsuchenden sprechen wollen.
Weil niemand von ihnen herauskam (Anm. : die Asylsuchenden mußten damals mit ihrer
Verhaftung rechnen) habe er das Gespräch auf den nächsten Tag verschoben. Doch am
Morgen war die Botschaft leer, Sicherheitskräfte waren eingedrungen. Nach Aussagen von
Dr. Segur-Cabanac habe er sofort das Wiener Außenministerium verständigt, das ihm aber
jeglichen Protest untersagt habe. Anderseits existiert lt. Medienberichten (Standard, 1./2.
Februar 1997) ein Schreiben des Außenamtes vom 13. Jänner i977, wonach im
Zusammenhang mit dem Eindringen von Asylwerbern in das ehemalige bulgarische
Residenzgebäude die österreichische Botschaft Santiago wegen dieses Vorfalls bei den
chilenischen Stellen umgehend vorstellig geworden sei und protestiert habe.
Ferner gibt es Zeugenberichte, wonach Asylwerber in der österreichischen Botschaft bis zu
ihrer Ausreise sechs Monate in einem kleinen Raum warten mußten. Segur habe ihren
Asylanspruch bezweifelt und auf Anweisungen aus Wien gewartet. Während dieser Zeit
seien vor der Botschaft postierte Polizisten mehrfach eingedrungen und hätten die
Asylsuchenden mit Waffen bedroht. Segur hätte sich den Asylanten gegenüber als
persönlicher Freund des Polizeichefs und des Juntamitglieds General Cesar Mendoza
bezeichnet.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
1. Stimmt die Aussage, daß dem damaligen österreichischen Botschafter seitens des
österreichischen Außenamtes verboten wurde, gegen diese schwere Verletzung der
diplomatischen Immunität zu protestieren? Oder stimmt es, wie in einem Schreiben des
Außenamtes vom 13. Jänner 1977 (gezeichnet von Dr. W. Köffler) behauptet, daß die
österreichische Botschaft Santiago wegen dieses Vorfalls bei den chilenischen Stellen
umgehend vorstellig geworden sei und protestiert habe? Wie erklären Sie diese
widersprüchlichen Aussagen bzw. wie lautete die Weisung des Außenamtes?
2 . Wieviele der angeführten asylsuchenden Personen sind damals verschwunden?
3. Was hat der damalige Botschafter in der besagten Nacht unternommen, als zwei Dutzend
Chilenen in der bulgarischen Botschaft, die damals unter Österreichs diplomatischem
Schutz stand, Asyl suchten? Wie hat das Außenamt auf das Verschwinden dieser
Personen reagiert? Welche Konsequenzen hatte der Vorfall für den damaligen
österreichischen Botschafter?
4. Wie stellen sich die Vorkommnisse lt. Akten des Außenministeriums dar?