1945/J XX.GP
der Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
betreffend Dauer der Behördenverfahren bei umweltbeeinträchtigenden Anlagen
Mit Verweis auf die lange Verfahrensdauer werden von seiten der Wirtschaft im Sinne der
Standortsicherung beschleunigende Maßnahmen gefordert. Die Liste der bisher von der
Koalition gesetzten legistischen Maßnahmen ist lang und brachte für die von Umwelt-
beeinträchtigungen betroffenen Nachbar/inn/e/n eine Menge von Verschlechterungen.
Weitere Maßnahmen wurden auch von der amtierenden Regierung angekündigt, die
beabsichtigte Richtung zeichnete sich bereits im Ministerialentwurf für die
Gewerbeordnungsnovelle 1997 ab.
Die derzeitige Deregulierungsdebatte im Betriebsanlagenrecht krankt im Vorfeld schon an
zwei Fehlern :
1. Es gibt keine repräsentativen Daten über die tatsächliche Verfahrensdauer.
Die Behörden führen weder automatisch Verzeichnisse noch wurden solche
Erhebungen als Entscheidungsgrundlage für gesetzgeberische Maßnahmen in Auftrag
gegeben. Die "Bürokratieumfrage: Verfahren dauern zu lange" der
Bundeswirtschaftskammer war eine freiwillige Fragebogenaktion, welche zu 232
Rückläufen führte. Es ist anzunehmen, daß gerade mit der Verfahrensdauer
unzufriedene Unternehmer antworteten.' Daten von seiten der Behörde liegen für
Wien und Niederösterreich vor, beruhen jedoch nur auf Schätzungen der
Gewerbereferenten. Eine definitive Erhebung
liegt unseres Wissens nur für den
Bezirk Grießkirchen (Gewerbereferat) in Oberösterreich vor, welche natürlich in
keiner Weise repäsentativ ist3 .
2 . Die Dauer der Kontrollverfahren wird nicht thematisiert.
Es wird lediglich die Dauer der Genehmigungsverfahren (Neuerrichtung und
Erweiterung von Anlagen) beklagt. Dramatisch lang dauern jedoch die Verfahren zur
Beseitigung von Umweltbeeinträchtigungen wie die nachträgliche Auflagenerteilung,
der Mißstandsbehebungsauftrag oder die Schließung von Anlagen, sofern gegen
Konsenswidrigkeiten überhaupt eingeschritten wird. Wenn die Verfahrensdauer zum
Thema gemacht wird, dann sollte dies jedoch nicht nur bei den Erlaubnissen zu
unternehmerischem Tun sondern auch bei Aufträgen oder Ersatzvornahmen zur
Beseitigung von Umweltschädigungen geschehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.a) Welche empirischen Daten liegen dem Bundesministerium zur Dauer
betriebsanlagenrechtlicher Verfahren nach der Gewerbeordnung für Österreich
vor?
b) Welche Erhebungen wurden im Zuge der Deregulierungsdebatte veranlaßt, um
in Erfahrung zu bringen,
aa) Wie lange die erstinstanzlichen Verfahren zur Genehmigung von
Betriebsanlagen getrennt nach Neuerichtungs- und Erweiterungsansuchen
nach § 74 und § 81 GewO durchschnittlich dauern,
bb) welche Zeit durchschnittlich von der Antragstellung bis zur Rechtskraft
des Genehmigungsbescheides vergeht,
cc) welche Zeit von der Einleitung eines Verfahrens nach § 79 GewO zur
Erteilung von nachträglichen Auflagen bis zur Rechtskraft des Bescheides
durchschnittlich vergeht,
dd) wie oft tatsächlich alle gewerblichen Betriebsanlagen einer behördlichen
Überprüfung nach § 336 und § 82 a GewO unterzogen werden und
ee) wieviele Verfahren zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden
Zustandes (§ 360 Abs lGewO - Vorgehen gegen Betriebsanlagen ohne
Genehmigung) durchgeführt wurden und wieviel Zeit hier durchschnittlich
von der Einleitung des Verfahrens bis zur Rechtskraft des Bescheides und
schließlich zur Setzung von Zwangsmaßnahmen vergeht,
ff) wieviele Verfahren zur Abwehr einer Gefahr für das Leben oder die
Gesundheit von Menschen oder zur Abstellung einer Belästigung durch
eine nichtgenehmigte Anlage (§ 360 Abs 2 GewO) durchgeführt wurden
und
gg) wie lange diese Verfahren bis zur Rechtskraft und schließlich
Durchsetzung dauerten?
c) Wie lauten die Antworten auf die Fragen aa) bis gg) für den Sprengel einer
exemplarisch ausgesuchten Bezirkshauptmannschaft für die letzten fünf Jahre?
2. a) Wieviele Verfahren zur nachträglichen Auflagenerteilung nach § 79 a GewO
wurden bei den Standorten
- Holzindustrie Kaindl in der BH Salzburg Umgebung,
- Fritz Egger Spanplatten bei St. Pölten - Unterradlberg,
- Wienerberger Ziegelindustrie in Hennersdorf,
- KFZ-Werkstätte Rotter in der BH Oberpullendorf
seit 1980 eingeleitet,
b) wieviele dieser Verfahren führten bis jetzt zu einer rechtskräftigen
Auflagenerteilung,
c) wie lange dauerten diese Verfahren jeweils?
3. a) Wie lange dauerten durchschnittlich die Verfahren zur Sanierung von
Dampfkesselanlagen nach § 12 LRG,
b) sind alle diese Sanierungsverfahren in der Zwischenzeit abgeschlossen und
c) welche Betriebe wurden mangels Einhaltung der Emissionsgrenzwerte im Sinne
von § 12 Abs 12 LRG-K stillgelegt?
d) Wann wird der Bundesminister den schon seit 1.1.1995 (!) nach § i3 LRG-K
fälligen Bericht vorlegen, wonach über den Erfolg bei getätigten
Sanierungsmaßnahmen bei Dampfkesselanlagen zu berichten ist?
4. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das Kontrolldefizit im gewerblichen
Betriebsanlagenbereich zu beheben?
5. a) Welche Initiativen haben Sie gesetzt, um eine Harmonisierung der in Ihrem
Ressort beheimateten Anlagenrechte (GewO, LRG-K, BergG) zu bewirken?
b) Welche Initiativen haben Sie zur Harmonisierung der Anlagenrechte des Bundes
gesetzt?
c) Werden Sie zum Abbau der Rechtskomplexität (zB unterschiedliche formale
Voraussetzungen für die Erlangung der Parteistellung) eine zwischen
Umweltministerium (AWG), Landwirtschaftsministerium (WRG, ForstG) und
Wirtschaftsministerium (siehe oben) paktierte Sammelnovelle veranlassen?
6. a) Stimmt es, daß die vom Bundesministerium eingerichtete
Deregulierungskommission die Schaffung eines einheitlichen
Umweltanlagenrechtes fordert, wie lautet der diesbezügliche Beschluß der
Deregulierungskommission?
b) Welche Konsequenzen wird das Bundesministerium aus dieser Empfehlung der
wissenschaftlich hochrangig besetzten Deregulierungskornmission ziehen?