1947/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Stadler

und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Privilegierung der Österreichischen Postsparkasse bei der Entrichtung von Abgaben

Nach § 211 Abs. 1 BAO gelten Abgaben in nachstehend angeführten Fällen als entrichtet:

a)       bei Barzahlung am Tag der Zahlung, bei Abnahme von Bargeld durch den Vollstrecker am
Tag der Abnahme:

b)      bei Einzahlung mit Erlagschein am Tag, der sich aus dem Tagesstempel des Aufgabepostamtes
ergibt:

c)       bei Einzahlung durch Postanweisung,
1. Wenn der eingezahlte Betrag der empfangsberechtigten Kasse bar ausgezahlt wird,
am Tag der Auszahlung,
2. Wenn der eingezahlte Betrag auf das Postscheckkonto der empfangsberechtigten
Kasse überwiesen wird, am Tag der Überweisung durch das Abgabepostamt;

d)      bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der
empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift;

e)       bei Einziehung einer Abgabe durch Postauftrag am Tag der Einlösung;

f)        bei Zahlung mit Scheck an dem in lit. A oder lit. D bezeichneten Tag, je nach dem der Scheck
bar oder im Verrechnungsweg eingelöst wird;

g)      bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf
Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben,


auf Abgabenschuldigkeit eines anderen Abgabenpflichtigen am Tag der nachweislichen
Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben;

h)      bei Entrichtung in Wertzeichen(Stempelmarken) mit der vorschriftsmäßigen Verwendung

       der Wertzeichen;
i)     bei Entrichtung durch Hingabe von Wertpapieren nach Maßgabe der gesetzlichen
       Vorschriften, die diese Entrichtungsform gestatten.

Erfolgt in Fällen des Abs. 1 lit.. c. die Auszahlung oder Überweisung durch das Abgabepostamt
oder in den Fällen des Abs. 1 lit. d die Gutschrift auf dem Postscheckkonto oder dem sonstigen

Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet aber noch innerhalb von drei Tagen

nach Ablauf der zur Entrichtung der Abgabe zustehenden Frist, so hat die Verspätung ohne

Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage,

gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen ( Abs.2).

 

Erfolgt in den Fällen des Abs. 1 lit. f die Gutschrift auf eines Schecks im

Verrechnungsweg, so gilt Abs. Sinngemäß (Abs.3 )

 

Diese Regelung bewirkt einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil für die Österreichische

Postsparkasse, die sich zur Durchführung des Zahlungsverkehrs der Postämter bedient und als

Entgelt für die Benützung der Postinfrastruktur jährlich rund 1,2 Mrd. S an die Post- und

Telekom Austria AG entrichtet. Es ist nämlich offenkundig, daß dem zur Entrichtung der

Abgaben Verpflichteten ein Vorteil wächst, wenn er sich der Postämter bedient. Eine

Einzahlung mit Erlagschein wird nämlich sofort wirksam. Eine Entrichtung im Wege anderer

Kreditinstitute ist hingegen erst am Tag der Gutschrift wirksam, was zu einem entsprechenden

Zinsenverlust führt.

 

Laut Stoll, Bundesabgabenordnung-Kommentar, 3. Band, Seite 2231, werden durch §211

Abs. 1 lit. b die Wirkungen der Einzahlungen mit Erlagschein in Übereinstimmung mit der

Zivilrechtslage gebracht. Bei Einzahlungen auf ein Postscheckkonto mit Erlagschein gelte

nämlich das Postamt als Machthaber des Kontoinhabers (nicht des Zahlenden), weshalb als


Tag der „Zahlung“ der Tag der Einzahlung beim Postamt angenommen werde. Das Datum des

Tagesstempels des Aufgabepostamtes werde als Erfüllungszeitpunkt angesehen. Da die

Empfangsberechtigten Kassen ein Konto bei der PSK unterhalten würden und die

Einzahlungen durch Erlagschein bei einem Postamt so zu werfen, als ob der Abgabenschuldner

diese Zahlung beim Geldinstitut des Abgabengläubigers geleistet habe. Die Einzahlung mit

Erlagschein wirke damit unmittelbar wie eine Gutschrift auf dem Konto der

Empfangsberechtigten Kasse, wodurch die in lit. b vorgesehene, von der Bestimmung für

Banküberweisungen nach lit. c bis e abweichende Regelung gerechtfertigt sei.

 

Die grundlegende Voraussetzung einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung ist die

Chancengleichheit im Wettbewerb. Der Staat hat durch Vorgabe entsprechender

Rahmenbedigungen diese Chancengleichheit zu sichern. Die aktuelle Diskussion um die

Veräußerung der Bundesanteile an der CA ermöglicht es, auch grundsätzliche Entscheidungen

für eine Neuordnung des Wettbewerbs der heimischen Kreditwirtschaft zu treffen und auf

diese Weise deren Europareife für die Zukunft zu garantieren.

 

Vor diesem Hintergrund ist auch die Privilegierung der Österreichischen Postsparkasse in

Frage zu stellen. Dies um so mehr in Anbetracht der bevorstehenden Änderung ihrer

Rechtsform, die verdeutlicht, daß es sich dabei um einen Wettbewerb mit anderen

Kreditunternehmen stehenden Marktteilnehmer  handelt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen

nachstehende

ANFRAGE

1.       Sind Sie der Auffassung, daß die im Zusammenhang mit der wirksamen Entrichtung von
Abgaben bestehende Privilegierung der Österreichischen Postsparkasse noch sachlich
gerechtfertigt ist?


Wenn ja, wie begründen Sie diese Auffassung?
Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie zur Beendigung dieser Privilegierung setzen?

2.       Teilen Sie die Auffassung, daß die bestehende Regelung eine Wettbewerbsverzerrung
zu Gunsten der Österreichischen Postsparkasse bewirkt?
Wenn ja, inwieweit?
Wenn nein, warum nicht?

3.       Teilen Sie die Auffassung, daß hinsichtlich der Wirksamkeit der Entrichtung von Abgaben
alle inländischen Kreditinstitute bzw. Bankstellen gleichzustellen sind?
Wenn nein, warum nicht?

4.       Kann nach der Entrichtung der Post und Telekom Austria AG die Regelung, wonach das
Postamt als Machthaber des Abgabengläubigers auftritt, aufrecht erhalten werden?
Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?
Wenn nein, warum nicht?

5.       Planen Sie in diesem Zusammenhang auch eine Änderung des Postsparkassengesetzes?

6.       Planen Sie darüber hinaus andere Änderungen des Abgabenverfahrens im Bereich der
Entrichtung der Abgaben?