1959/J XX.GP

 

ANFRAGE

des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Deponieskandal Bachmanning

Zumindest 350 Millionen Schilling werden für die Sanierung der Skandaldeponie

Bachmanning in Oberösterreich erforderlich sein. Bereits jetzt ist zu sehen, daß die

Belastung des Grundwassers im direkten Umfeld der Deponie dramatisch zunimmt: in den

vergangenen drei Jahren stieg die Belastung des Grundwassers mit Kohlenwasserstoffen und

nicht weniger als 5.500 % , die Grenzwerte für Wasserverunreinigungen werden in der

Umgebung der Deponie bei leicht flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen um das

36-fache überschritten. Die Menge des verseuchten Erdreiches liegt bei 177.000 Tonnen,

statt der bislang geschätzten maximal 105.000 Tonnen. 18.000 Tonnen davon sind als

kritisch und gefährlich zu betrachten.

Die Verantwortung für die von 1978- 1988 betriebene Skandaldeponie wird derzeit bei

einem Gerichtsverfahren am Landesgericht Wels geklärt - leider ist der damalige Betreiber

verhandlungsunfähig. Die Ermittlungsergebnisse des 1.andesgerichtes zeigen jedoch, daß

eine massive Mitverantwortung der Landes- und Bezirksbehörden und damit auch eine

politische Verantwortung besteht.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz folgende

schriftliche

ANFRAGE:

1 . Welche Informationen besitzen Sie über die letzten Schätzungen der Sanierungskosten

und Sanierungsdauer, sowie den konkreten Beginn der Sanierungsarbeiten bei der

Skandaldeponie Bachmanning?

2. Auf welche konkrete Art und Weise wird das verseuchte Erdreich entsorgt? Welche

Mengen werden in andere Deponien gebracht? In welche konkreten Deponien werden

welche Mengen gebracht und welche Mengen des verseuchten Erdreiches sollen der

Verbrennung zugeführt werden? Welche konkreten Mengen werden in welche

Verbrennungsanlage gebracht?

3. Ist es richtig, daß es 1981 zu einer unangemeldeten Kontrolle der Deponie durch

einen Landesbeamten gekommen ist, der damalige Deponiebetreiber Kiener mit einer

Besitzstörungsklage reagiert habe und gegen den Beamten anschließend disziplinäre

Schritte eingeleitet worden sind7 Wenn ja, wann konkret ereignete sich diese

Situation, wer leitete die disziplinarrechtlichen Schritte ein, und welchen Verlauf

nahm das Disziplinarverfahren?

4. Ist es richtig, daß laut den Akten des Landesgerichtes Wels bereits 1981

Färbeversuche im Bereich der Deponie vorgelegt wurden, die belegen, daß die

Deponie undicht ist?

5. Ist es richtig, daß bei der gewerberechtlichen Betriebsbewilligung der BH Wels Land

vom 15.06.1979 nahezu keine umweltrelevanten Maßnahmen vorgeschrieben wurden'?

6. Ist es richtig, daß in der Verhandlungsschrift vom 13.12.1982 das Ansuchen der

Kieba-Bau Ges.m.b.H. um neuerliche, bzw. nachträgliche wasserrechtliche

Bewilligung zum Weiterbetrieb einer Haus- und Sondermülldeponie festgestellt

wurde, daß zum Zeitpunkt der Besichtigung die Grube 1 bereits nahezu mit Haus- und

Sondermüll verfüllt war und die Grube 2 bis zu ca. 50 Zentimeter unterhalb der

Dammkrone mit Bentonit Schlamm, bzw. mit Überstandswasser verfüllt war und die

Grube 3 ebenfalls mit Bentonit Schlämmen, bzw. mit Wasser verfüllt war'?

7. Ist es richtig, daß mit Bescheid vom 21.02. 1983 das Amt der OÖ Landesregierung

das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes für die Mülldeponie festgestellt hat und

dieses Erlöschen mit einer Untersuchungsserie des Institutes für Geothermie und

Hydrogeologie, bzw . der Auswertung durch Dr. Heindl hinsichtlich des

Zusammenhanges zwischen dem Grundwasser und der Deponiesohle durch

Färbeversuche begründet wurde? Ist es richtig, daß darin festgehalten wurde, daß man

davon ausgehen müsse, daß die ursprünglich angenommene Dichte der Deponiesohle

nicht gegeben sei?

B. Ist es richtig, daß 1982 ein geologisches Gutachten von Prof. Wieser zum Schluß

kam , daß im zur Frage stehenden Raum Bachmanning keine Mülldeponien und schon

gar nicht Sondermülldeponien errichtet werden sollten?

9. Ist es richtig, daß es zur direkten Rolle der Behörden im Gerichtsakt, formuliert durch

den Gerichtssachverständigen, heißt: es stellt sich die Frage, inwieweit durch das

unsachgemäße Betreiben der Anlage und bei rechtzeitigem behördlichen Einschreiten

eine Schadensverminderung hätte erreicht werden können. Wie im

Behördenschriftverkehr erkennbar, waren zahlreiche Vorfälle amtsbekannt, bzw.

deuteten auf eine nicht sachgemäße Betriebsführung hin. Unterstellt man als

theoretisches Gedankenspiel dem Betreiber der Anlage eine nur geringe

Kritikfähigkeit hinsichtlich der Gefahrensabschätzung, so ist es unverständlich,

weshalb nicht die Behörde, beispielsweise für den Betrieb der Anlage, eine chemische

Begleitkontrolle vorschrieb. So gibt es mehrere Berichte an die BH durch Organe der

OÖ Landesregierung, die rechtzeitig Anlaß zur Besorgnis hätten geben müssen. Es ist

den Gefertigten derzeit nicht bekannt, weshalb nicht rechtzeitig befriedigende,

qualitative und quantitative Maßnahmen gesetzt wurden?

10. Ist es richtig, daß im Bescheid vom 08.06. 1989 durch das Landwirtschaftsministerium

ausgeführt wird, daß die Gemeinde Lambach in allen Details von 80 Fässern hoch

toxischen Phenol berichtete, die in Grube 1 eingebracht wurden'? Ist es richtig, daß

diesbezüglich der entsprechende Gerichtsakt feststellt. ', . . . Diese Feststellungen

treffen bei Relevanz einer tatsächlichen Einlagerung von Phenol hinsichtlich der

Befürchtungen zu. Es ist aus Sicht des Gefertigten unverständlich, wie derart

schwerwiegende Feststellungen mehrere Jahre ohne Überprüfung des tatsächlichen

Gefährdungspotentiales im Raum stehen konnten, ohne das sich die zuständige

Behörde bemüßigt fühlte, eine qualitative und quantitative Sachverhaltsdarstellung

vorzunehmen . . . " ?

11. Ist es richtig, daß Dipl.lng. Habelsberger in einem Aktenvermerk der BH Wels Land

am 02.03.1983 mitteilte, daß bei Einsichtnahme in die Betriebsaufzeichnungen der im

Jahr 1982 übernommenen Abfälle festgestellt worden sei, daß "Für die Beurteilung

der Zulässigkeit von Ablagerungen die vorliegende mangelhafte und unvollständige

Deklaration ungeeignet sei . Die Firma Kieba sei mit der Beurteilung von Abfällen und

deren Interpretation des Genehmigungsumfanges alleine überfordert und es wäre

unmöglich, die Wiederverwertung, Aufbereitung und Zwischenlagerung von Abfällen

zu überprüfen. Eine Prüfung der Beseitigungsmethode sei nicht möglich, im Jahr 1982

seien Abfälle übernommen worden , die für die vorhandenen Schwermetallbehälter

und die Bentonitgrube ungeeignet seien. "? Welche konkreten Konsequenzen wurden

aus diesem Aktenvermerk gezogen, an welchen Verteiler wurde dieser Aktenvermerk

übermittelt ?

12. Ist es richtig, daß in weiteren Briefen entsprechende Aktenvermerke vom 11.04.1983,

17.05.1983, 23.09.1983, 11.11.1983, 17.11.1983, 22.11.l983jeweils von

Landesbeamten der BH Wels Land mitgeteilt wurde, daß es jeweils zu illegalen

Ablagerungen gekommen sei? Wie lautet der konkrete Wortlaut dieser

Aktenvermerke? An welchen Verteiler erging dieser Aktenvermerk? Welche

konkreten Konsequenzen wurden aus diesen Informationen gezogen?

13. Ist es richtig, daß in einer Zeugenvernehmung der Angestellte der Betreiberfirma,

Karl S. , am 30.11.1989 erklärte, daß Beamte der BH Wels Land jeweils mit

vorheriger Anmeldung Überprüfung durchgeführt hätten? Ist es richtig, daß Karl S.

formulierte, daß die Deponie jedesmal gesäubert wurde, um Spuren zu beseitigen, da

bekannt gewesen sei, wann die Beamten der BH Wels Land ankämen? Wie lautet das

Protokoll dieser Zeugenvernehmung im Wortlaut? Gibt es weitere Hinweise darauf,

daß die entsprechenden Überprüfungen angemeldet wurden? Wenn ja, wer ordnete

diese Anmeldungen an? Gab es in der BH Wels Land eine direkte Anweisung ,

derartige Anmeldungen durchzuführen? Wenn ja, wann wurde sie von wem erteilt?

14. Ist es richtig, daß in einem Aktenvermerk eines Landesbeamten vom 23.03. 1983 der

BH Wels 1.and mitgeteilt wird, daß auf der Deponie potentiell Wasser gefährdende

Stoffe abgelagert seien und im Werksbereich zum Teil undefinierte Abfälle

zwischengelagert würden? Wenn ja, wie lauter der Wortlaut dieses Aktenvermerkes

An welchen konkreten Verteiler erging er, und welche konkreten Konsequenzen

wurden daraus gezogen'?

15 . Wie bewertet, angesichts der enormen notwendigen Summen für die längst überfällige

Sanierung der Deponie, der Minister die konkrete Tätigkeit der BH Wels Land? Wer

war unmittelbar für die Bearbeitung und Kontrolle der Deponie Bachmanning

verantwortlich?

16 . Besitzt der Umweltminister Informationen über politische Interventionen in dieser

Causa?

17 . Welche Informationen liegen über das entsprechende Verfahren gegen die Betreiber

der Skandaldeponie Bachmanning vor? Wann erfolgten die ersten Anzeigen, wann

nahm das Gericht, mit welchen konkreten Schritten und Unterbrechungen, die

Ermittlungen auf, und welche konkreten Phasen kennzeichneten das entsprechende

Verfahren?

18 . Wurde erwogen auch gegen konkrete versagende Beamte Rechtsschritte zu ergreifen ,

wenn ja, von wem wurden die entsprechenden Schritte geprüft und ist auszuschließen,

daß entsprechende Rechtsschritte noch gesetzt werden?

19. Welche weiteren Hinweise auf die Effizienz der Kontrolltätigkeit in der Frage des

Betreibers der Abfalldeponie Bachmanning liegen dem Minister vor?

20. Ist es richtig, daß die Abteilung R-1 der NÖ 1.andesregierung am 19.07. 1982 an die

Abteilung Wasser- und Energierecht Unterabteilung Gewässeraufsicht des Amtes der

OÖ Landesregierung ein Fernschreiben über die Möglichkeit einer Ablagerung von

Sonderabfällen der illegalen Deponie Lassie in Leobersdorf am Gelände der Firma

Kiener richtete? Ist es richtig, daß die kontaktierten OÖ Behörden dafür die

Genehmigung gaben und anschließend der Abtransport erfolgte? Welche konkreten

Substanzen wurden aus Leobersdorf nach Bachmanning transportiert? Und welche

konkreten Mengen handelte es sich jeweils? Wer konkret gab die Genehmigung für

diesen Sondermülltransport der NÖ Behörden, mit Wissen der OÖ Behörden in eine,

wie damals schon bekannt war völlig desolate Deponie Bachmanning?

21 . Wie entwickelten sich die Grundwassermeßergebnisse im direkten Umfeld der

Deponie Bachmanning in den Jahren 1990 bis Ende 1996 für die wichtigsten

Parameter?