196/J

 

 

 

der Abgeordneten Helmut Dietachmayr

und Genossen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Benzinpreise in Österreich

 

 

 

Die Treibstoffpreise in Österreich halten sich hartnäckig in den Schlagzeilen der Medien. Das

ist allerdings wenig überraschend. Die Verbraucherpreise an den Tankstellen zählen zu den

absolut höchsten innerhalb der EU.

 

Während die Endverbraucherpreise an der Spitze rangieren, liegt Östereich bei der

Besteuerung der Treibstoffe nur im Mittelfeld aller EU-Staaten. Das Problem stellen die

österreichischen Nettopreise für Treibstoffe dar, also die Preise ohne Steuern. Diese liegen

etwa 50 Prozent über denen der BRD und ebensoviel über dem EU-Durchschnitt. Die

folgende Tabelle zeigt dies sehr deutlich.

 

Treibstoffnettopreise in ÖS vom 8.1.1996:

 

Super plus Eurosuper Diesel

 

Östereich 4, 13 3,71 3,72

Deutschland 2,76 2,56 2,72

Italien 2,86 2,92 2,85

EU-Durchschnitt 2,54 2,62 2,69

 

Diese exorbitanten Unterschiede müssen Anlaß genug sein, den österreichischen

Mineralölmarkt genauer unter die Lupe zu nehmen. Gegenüber unseren EU-Nachbarländern

Deutschland und Italien müssen die Österreicher wesentlich höhere Verbraucherpreise

bezahlen und der Republik entgehen Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Sowohl in Italien

als auch in der BRD sind nämlich die Treibstoffpreise an den Zapfsäulen bei höheren Steuern

niedriger als in Östereich.

 

Mit dem deutschen Steuerniveau würde der östereichische Finanzminister um etwa 2

Milliarden Schilling mehr einnehmen, mit dem italienischen Steuerniveau würden es sogar

rund 2,9 Milliarden Schilling jährlich sein.

Aus ökonomischer Sicht versagt in Östereich der freie Markt, offenbar ist der Wettbewerb

weniger ausgeprägt als in unseren Nachbarländern.

 

Österreich hat in Europa nach der Schweiz das dichteste Tankstellennetz, gemessen an den

zugelassenen PKW je Tankstelle. Selbst von der Mineralölwirtschaft wird heute die

Notwendigkeit gesehen, das Tankstellennetz zu bereinigen. So meinte beispielsweise Roland

Mielke, Generaldirektor der Aral Austria, daß in Österreich von den 3.600 Tankstellen etwa

1.000 bis 1.500 zuviel am Markt sind. Die Preisregulierung der Vergangenheit, ohne

gleichzeitige Regulierung der Zahl der Tankstellen, war der Grund dieses Wettbewerbsaus-

wuchses.

 

Die Kosten dafür (höhere Partnerspanne, um die Überlebensfähigkeit der Tankstellen bei

niedrigem Mengendurchsatz/Tankstelle zu gewähren) wurden durch die Preisregulierung und

später durch das faktische Kartell der Mineralölkonzerne auf die Konsumenten übergewälzt.

 

Die östereichischen Raffinerieabgabepreise für Treibstoffe liegen je nach Treibstoff nur etwa

zwischen 3 und 5 Groschen je Liter über jenen der BRD. Daran kann man die Mehrkosten für

die Binnenlandlage Östereichs ablesen. Dies ist deshalb möglich, weil die Raffinerien in

Europa durch die bestehenden enormen Überkapazitäten unter starkem Wettbewerbsdruck

leiden. Weitere 2 bis 3 Groschen je Liter mehr als in der BRD sind zusätzlich für die höhere

Produktqualität (Umweltauflagen) zu veranschlagen.

 

Die beiden Argumente der Mineralölwirtschaft zur Rechtfertigung der hohen Treibstoffnetto-

preise, die Binnenlage Österreichs und die Umweltkosten durch österreichische Sonderbe-

stimmungen können daher nicht die wahre Ursache der Nettopreisdifferenz sein. Mit diesen

Argumenten können höchstens 8 Groschen je Liter begründet werden und nicht etwa bis zu

1,40 Schilling je Liter.

 

Das ''Schüssel"-Prinzip stellt eine quasi Indexierung der Treibstoffpreise dar, die als Kriterien

den Dollarkurs und die Spotpreise für Mineralölprodukte an der Rotterdamer Börse

beinhaltet. Ändert sich eines der beiden Kriterien so, daß die Preise über mehr als zwei Tage

hinweg um 20 Groschen je Liter abweichen, so müssen in Österreich die Treibstoffpreise

geändert werden.

 

Die Arbeiterkammer kritisiert dieses System seit jeher sehr heftig, weil die Art der

Indexierung unserer Ansicht nach nicht auf die österreichischen Spezifika der

Mineralölversorgung und der Produktion von Mineralölprodukten abstellt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für wirtschaftliche

Angelegenheiten daher nachstehende

 

 

Anfrage:

 

l. Sehen Sie eine Verbesserung der Wettbewerbssituation durch die Aufhebung der

"Schüssel"-Formel?

 

2. Was halten Sie von der Möglichkeit, die Steuersätze auf das Maß unserer EU-

Nachbarländer anzuheben, um damit zusätzliche Mittel zur Budget-Sanierung zu

erzielen, ohne dabei die Verbraucherpreise anzuheben?

 

3. Halten Sie den von der Kammer für Arbeiter und AngesteIlte resultierenden Betrag von

3 Milliarden Schilling für realistisch?

 

4. Besteht die Möglichkeit, wenn keine geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung der

Situation geschaffen werden, die Strukturen der Mineralölwirtschaft von der EU-

Wettbewerbsbehörde überprüfen zu lassen?