1989/J XX.GP
der Abg. Böhacker
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Schätzungen der Abgabenbehörden gem, § 121 Abs. 3 Z. 2 EStG 1988 ijF in
Verbindung mit § 184 Abs. 1 Bundesabgabenordnung ijF
Das Strukturanpassungsgesetz 1996 hat den Finanzämtern die Möglichkeit eingeräumt, die
Steuerpflichtigen zur Abgabe von Steuererklärungen zur Festsetzung von Vorauszahlungen
aufzufordern. Bei Nichtabgabe dieser Steuererklärungen werden die Vorauszahlungen im
Schätzungswege ermittelt.
Nach § 184 Abs. 1 Bundesabgabenordnung hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die
Abgabenerhebung zu schätzen, wenn sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht
ermitteln oder berechnen kann.
Dabei sollen etliche Ungereimtheiten passiert sein. Beispielsweise soll einem Hotelier, der rund
2 Mio. Schilling Verlust erwirtschaftet hat, eine Vorauszahlung zur Einkommensteuer von über
1 Mio, Schilling vorgeschrieben worden sein.
Nach Werner Doralt, Vorstand des Instituts für Finanzrecht, sollen rund zweitausend
gesetzeswidrige Bescheide ausgestellt worden sein. ln all diesen Fällen sei ohne irgendeine
Vorwarnung die Vorauszahlung nach einem bundeseinheitlichen Branchendurchschnitt
geschätzt und den Steuerpflichtigen vorgeschrieben worden. Die Steuerpflichtigen hätten keine
Möglichkeit, zum Schätzungsergebnis Stellung zu nehmen. Somit habe die Behörde
fundamentale Grundsätze des Rechtsstaates verletzt. Darüber hinaus sei die Schätzung
unzulässigerweise um einen Sicherheitszuschlag erhöht worden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an den Bundesminister für
Finanzen die nachstehende
Anfrage
1 ) Wie sehen Sie die Ausstellung von Bescheiden, in denen den Steuerpflichtigen ohne
irgendeine Vorwarnung die Vorauszahlung nach einem bundeseinheitlichen
Branchendurchschnitt geschätzt und vorgeschrieben wurde?
2) Halten Sie die Erhöhung der Schätzung um einen Sicherheitszuschlag für rechtlich
zulässig?
3) Halten Sie es mit den Grundsätzen unseres Rechtsstaates vereinbar, wenn den
Steuerpflichtigen keine Möglichkeit eingeräumt werde, zum Schätzungsergebnis Stellung
zu nehmen?
4) Rechnen Sie mit einer allfälligen Amtshaftungsklage gegen die Behörde wegen
willkürlichem Vorgehen""
5) Wenn ja. mit welchen Auswirkungen7
6) Wenn nein, mit welchen Konsequenzen'?
7) Wie sehen Sie die Wirtschaftlichkeit einer derartigen Vorgangsweise der Behörde bei
derartigen Schätzungen, wenn beinahe alle Betroffenen gegen Schätzungen bei
Vorauszahlungsbescheiden berufen haben?
8) Sollten nicht im Sinne einer Kostenersparnis derartige Schätzungen im Kontakt mit den
Betroffenen vorgenommen werden, um nicht zuletzt Kosten für die Verwaltung zu
sparen?
9) Wenn ja, wann werden Sie welche Maßnahmen setzen?