1996/J XX.GP
des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Unterbringung des G.H. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher - Az:
2a Vr 4188/94
Herr G.H. wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8.9.1994 zu
einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde die
Unterbringung des Angeklagten in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
angeordnet. Herr G.H. befindet sich in der Justizanstalt Mittersteig und wird dort
therapeutisch behandelt. Nach unseren Informationen waren die Therapien bisher
erfolgreich.
Gemäß § 24 StGB ist die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
vor der Freiheitsstrafe zu vollziehen. Die Zeit der Anhaltung ist auf die Strafe anzurechnen.
G.H. befindet sich seit 30.6.1994 in Haft und hat somit die gegen ihn verhängte
Freiheitsstrafe schon längst abgebüßt. Da das Maßnahmenrecht keine verbindliche
Obergrenze der Strafe kennt, steht es im Widerspruch zu den Menschenrechtsgrundsätzen,
wonach für eine bestimmte Tat eine bestimmte Strafe auszusprechen ist. Für den
Betroffenen muß das Ausmaß der Strafe weitgehend abschätzbar sein. Für G.H.ist es nicht
klar, ob er nach mehr als 30 Monaten Unterbringung in einer Justizanstalt entlassen oder
noch weiter und wie lange festgehalten wird.
Die unterfertlgten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wieviele Beschwerden sind bis heute beim Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte wegen des österreichischen Maßnahmenvollzuges eingebracht worden
und welches Ergebnis brachten diese
Beschwerden jeweils?
2. Wie rechtfertigen Sie den Maßnahmenvollzug angesichts des Grundrechtes, daß für
jede Person das Ausmaß der Strafe abschätzbar sein muß und angesichts der
europäischen Strafvollzugsgrundsätze, wonach Personen, bei denen eine
Geisteskrankheit festgestellt wird, nicht in Anstalten des Strafvollzuges untergebracht
werden sollen?
3. Werden Sie dafür sorgen, daß diese Gesetzeslage menschenrechtskonform geändert
wird?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?
4. Wieviele Personen, deren Unterbringung gemäß § 21 Abs 1 StGB angeordnet wurde,
wurden im Jahre 1996 in einer Justizanstalt, wieviele davon in einer öffenlichen
Krankenanstalt untergebracht?
5. Wieviele Personen, deren Unterbringung gemäß § Z 1 Abs 2 StGB angeordnet wurde,
wurden im Jahre 1996 in einer Justizanstalt, wieviele davon in einer öffentlichen
Krankenanstalt untergebracht?
6. Wieviele Personen, deren Unterbringung gemäß § 22 StGB angeordnet wurde,
wurden im Jahre 1996 in einer Justizanstalt, wieviele davon in einer öffentlichen
Krankenanstalt untergebracht?
7. Wieviele Personen, deren Unterbringung gemäß § 23 StGB angeordnet wurde,
wurden im Jahre 1996 in einer Justizanstalt, wieviele davon in einer öffentlichen
Krankenanstalt untergebracht?
8. Von der UN-Generalversammlung wurde eine Resolution betreffend den Schutz von
Psychisch Kranken und die Verbesserung der psychiatrischen Versorgung beschlossen
(46/119; abgedruckt im StVG-Kommentar von Holzbauer/Brugger, Seite 656). Halten
Sie den Maßnahmenvollzug, wie er in Österreich praktiziert wird, mit den der
Resolution angeschlossenen Grundsätzen vereinbar?
9. Welche Konsequenzen haben Sie aus dem beim Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte anhängigen Verfahren gezogen?
10. Was spricht im gegenständlichen Fall gegen eine Entlassung des Herrn H.G. aus der
Haft bzw gegen eine klare Festlegung der Dauer der restlichen Haftzeit?