1997/J XX.GP

 

des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Großeinsatz der Wiener Polizei gegen zwei Kinder am 30. 10. 1996

Am 30. 10. 1996 spielten zwei Jugendliche im Alter von fünfzehn und vierzehn Jahren im 3.

Bezirk mit einer Spielzeugpistole vom Typ "Softgun,'. Hiebei handelt es sich um eine

Spielzeugpistole mit Federmechanismus, mit der lautlos kleine Plastikkügelchen geschossen

werden können. Dieses Spielzeug gilt als ungefährlich und unterliegt keinen

Verkaufsbeschränkungen. In ihrem Übermut kamen die Jugendlichen auf die Idee, aus dem

Fenster zu schießen. Die Leute schienen es aber nicht einmal zu bemerken. Sie schließen

dann wieder das Fenster und wenden sich dem Computer zu.

Eine halbe Stunde später rückt die VEGA-Einheit in voller Montur aus, sperrt die Straße ab

und stürmt das Haus, in dem die Jugendlichen wohnen. Offensichtlich irren sie sich aber an

der Tür, zerren den ahnungslosen und unbewaffneten Nachbarn aus der Wohnung, fixieren

ihn am Boden und fordern ihn mit vorgehaltener Waffe auf, das Gewehr herauszugeben.

Nachdem dieselbe Aufforderung auch an die anderen Bewohner der Nachbarwohnung

gestellt wurde, konnte der Irrtum schließlich aufgeklärt werden, wobei sich der Einsatzleiter

damit entschuldigte, daß die Beamten ein Luftdruckgewehr gesucht hätten und sie über

Funk die Meldung erhalten hätten, "hier wird auf Kollegen geschossen',. Nachdem die

Einsatzleute schließlich in der richtigen Wohnung festgestellt hatten, daß es sich um eine

harmlose Spielzeugpistole handelt, zieht ein Großteil wieder ab. Lediglich vier uniformierte

Beamte setzten die beiden Jugendlichen weiter unter Druck.

Der vierzehnjährlge Daniel mußte längere Zeit ohne Schuhe auf dem eiskalten Flur an der

Wand stehen, zu dem älteren Arnaud wurden wegen seines Namens abfällige Bemerkungen

gemacht. Die Kinder wurden in der Folge unter Druck gesetzt und mit Aussagen wie ',am

liebsten tät, i dir a Watschn geb’n" nicht gespart. Obwohl die Beamten sie immer wieder

unter Druck setzten, blieben die beiden Jugendlichen bei der Wahrheit, daß sie auf

niemanden geschossen haben, und schon gar nicht auf Polizisten. Nach längerer Zeit traf

die von dem Nachbarn benachrichtigte Großmutter von Arnaud ein, worauf die Beamten die

Wohnung wieder verlassen, Einige Tage später wurden die beiden Jugendlichen (14 und 15

Jahre alt!) auf das Polizeikommissariat geladen mit der Begründung: "Verdacht des tätlichen

Angriffes gegen Beamte, Verdacht der Gefährdung der körperlichen Sicherheit am

30.10.1996 in Wien 3 (samt Adresse)".

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1 . Wer hat in dieser Angelegenheit die VEGA-Einsatzgruppe gerufen? Ist es richtig, daß

die betreffenden Beamten behaupteten , es sei auf sie geschossen worden?

2. Wenn ja, wie kamen die Beamten zu dieser Behauptung?

3 . Haben Sie etwas (Schuß von Spielzeugpistole) verspürt oder gehört?

4. Wenn Sie einen Schuß verspürt hatten, mußten Sie zumindest so nahe am Fenster

gewesen sein, daß sie hätten erkennen müssen, daß es sich um 14- bzw l5jährige

Buben mit einer Spielzeugpistole handelt. Wie weit waren die beiden Beamten von

den beiden Jugendlichen entfernt?

5. Warum wurde der Mann aus der Nachbarwohnung am Boden mit vorgehaltener Waffe

fixiert, obwohl er aufgrund seiner Bekleidung keine Waffe bei sich tragen konnte?

6. Wurden von dem Beamten die Eltern bzw die Großeltern der beiden Jugendlichen

verständigt?

7. Wenn ja, wann?

8. Warum wurden die Jugendlichen auch nachdem sich herausstellte, daß es sich um eine

Spielzeugpistole handelte, weiterhin unter Druck gesetzt?

9. Wie kommen die zuständigen Beamten zu dem Verdacht eines tätlichen Angriffes

gegen Beamte, nachdem sich herausgestellt hatte, daß es sich ja um eine

Spielzeugpistole handelte?

10. Womit rechtfertigen die Beamten den Verdacht der Gefährdung der körperlichen

Sicherheit, nachdem sich herausgestellt hatte, daß es sich um eine Spielzeugpistole

handelte?

11. Wie wird von den betroffenen Beamten die nachträgliche Vorladung der beiden

Jugendlichen und die gesamte Aktion im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

beurteilt?

12. Haben sich die betreffenden Beamten bei den beiden Jugendlichen und insbesondere

bei den Nachbarn der Jugendlichen entschuldigt?

13. Wurden gegen die betroffenen Beamten irgendwelche Disziplinarmaßnahmen gesetzt?

14. Wenn nein, warum nicht?