2008/J XX.GP
der Abgeordneten Gredler, Schmidt und Partner/innen
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend österreichische Haltung zur Zukunft Hongkongs
Am 1.Juli 1997 wird die britische Kronkolonie Hongkong bekanntlich an die VR
China zurückfallen. Die Bedingungen dafür sind im britisch-chinesischen
Übergabevertrag von 1984 im Prinzip festgelegt und sollen ermöglichen, daß
Hongkong nach dem Grundsatz "Ein Land - zwei Systeme" regiert wird.
Die Ernennung des pro-chinesischen Übergangsparlaments vom Dezember letzten
Jahres, vor allem jedoch die vom Ausschuß zur Vorbereitung der Übergabe
Hongkongs beschlossene Abschaffung von 14 und Änderung von 11 Hongkonger
Gesetzen lassen befürchten, daß das künftige Regime äußerst repressiv gegen
Opposition und kritische Bürger vorgehen wird. So wird die Vereinigungs- und
Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt werden, wesentliche Teile des
Grundrechtskatalogs werden außer Kraft gesetzt, ebenso die Wahlgesetze, das
Datenschutzgesetz und Bestimmungen zum Schutz politischer Parteien.
Besonders die Vertreter der Parteien des im Amt befindlichen frei gewählten
Legislativrates Hongkongs und ihre Anhänger werden möglicherweise Gefängnis-
strafen und sonstigen Menschenrechtsverletzungen und Repressalien aufgrund ihrer
politischen Überzeugung ausgesetzt sein, wie auch die lnternationale Juristen-
kommission in Genf feststellte, die an die UNO appelliert, darauf zu achten, daß
antikommunistischen Chinesen rechtzeitig die Ausreise ermöglicht wird. Mit
tausenden, wenn nicht zehntausenden Flüchtlingen wird zu rechnen sein.
Der wichtigste (künftige) Oppositionelle in Hongkong, Martin Lee von der
Demokratischen Partei Hongkongs fühlt sich vom Westen "verraten", wie er der
französischen Zeitung "Liberation" Anfang Februar mitteilte. Die westlichen
Regierungen seien "vom gigantischen chinesischen Markt fasziniert" und würden
nichts zum Schutz der Demokratie in Hongkong tun. Der britische "Economist"
schreibt zu dieser Problematik in einem Kommentar am 1. Februar folgendes:
"..Foreign investors can draw their own conclusions, and send their money
elsewhere if they wish. Most Hong Kongers, however, have nowhere else to go -
and, it seems, few friends abroad ready to speak up for them...most Asians und
Europeans have been silent...the Europeans are chiefly interested in Chinese
contracts for their companies. Even in Europe, it seems, communists can still make
capitalists dance."
Um herauszufinden, ob diese Analyse auch auf Österreich zutrifft, stellen die
unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für auswärtige
Angelegenheiten:
1. Wie schätzen Sie die Menschenrechtssituation in Hongkong nach dem 1.Juli
1997 ein?
2. Welche lnitiativen haben Sie im Rahmen der EU ergriffen oder werden Sie noch
ergreifen, um eine Beschneidung der Bürger- und Menschenrechte der Bewohner
Hongkongs zu verhindern?
3. Welche lnitiativen haben Sie bilateral mit der Volksrepublik China ergriffen oder
werden Sie ergreifen, um einen Abbau der Menschenrechte in Hongkong zu
verhindern?
4. Stimmen Sie mit der Analyse des "Economist" betreffend lnaktivität der
europäischen Regierungen bezüglich Hongkongs überein? Wenn nein, warum nicht,
und was haben Sie bisher getan, um diesen Eindruck zu entkräften?
5. Stimmen Sie der Meinung Martin Lees zu, daß Europa in erster Linie vom
chinesischen Markt fasziniert sei und Menschenrechte hintanstelle? Wenn nein, was
haben die österreichischen Regierungsvertreter bei ihren zahlreichen Besuchen in
Peking im Laufe der letzten zwei Jahre für die Menschenrechte in diesem Land
unternommen?
6. Welche Konsequenzen haben lhren lnformationen nach Vertreter nicht-
chinafreundlicher Parteien (wie der Demokratischen Partei Hongkongs) und lhre
Anhänger nach der Machtübernahme der Volksrepublik zu befürchten? Welche
Maßnahmen wird die EU bzw. Österreich zu deren Schutz ergreifen?
7. Beim EU-ASEAN-Gipfel in Singapur betonten Sie, daß "Business ohne
Menschenrechte nicht möglich" (KURlER, 17.2.1997) sei. Planen Sie daher
Wirtschaftssanktionen gegenüber der VR China, wenn die geplanten Verletzungen
der Menschenrechte tatsächlich umgesetzt werden?
8. Können Sie abschätzen, wieviele Flüchtlinge Hongkong nach dem 1. Juli 1997
verlassen müssen und wieviele davon nach Großbritannien bzw. in den übrigen EU-
Raum gelangen werden?
9. Wird die EU Hongkong-Flüchtlinge aufnehmen bzw. eine "Quotenlösung" für
Hongkong-Flüchtlinge ausarbeiten und werden Sie sich dafür einsetzen? Wenn
nein, warum nicht?
1O. Wird Österreich Hongkong-Flüchtlinge grundsätzlich aufnehmen, obwohl diese
in der Regel über ein "Drittland" einreisen müßten?