201/J

 

 

 

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Arbeit und Soziales

 

betreffend mögliche Unterwanderung von Ministerien durch die Organisation Scientology

 

 

Das Parlament hat in der Vergangenheit schon mehrmals Maßnahmen betreffend Sekten ,

pseudoreligiöse Gruppierungen und destruktive Kulte erörtert. So fand etwa am 27.1.1993

im Parlament über Einladung des Nationalratspräsidiums ein Expertenhearing zum Thema

', Sekten'' gemeinsam mit Beamten der betroffenen Ressorts statt. Obwohl im Anschluß

daran weitere parlamen tarische Aktivitäten entwickelt wurden, hat es bislang - wie auch der

Abgeordnete Dr. Höchtl richtig bemerkte - kaum politische Reaktionen oder Handlungen

gegeben, durch die ein Interesse der Bundesregierung sichtbar geworden wäre.

 

Daher haben die Abgeordneten Öllinger, Stoisits, Anschober, Freundinnen und Freunde am

31.1 .1996 in dieser Angelegenheit auch einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem

die Bundesregierung aufgefordert wird , in Zusammenarbeit mit dem Innenminister ein

effizientes Referat für Sekten , pseudoreligiöse Organisationen und destruktive Kulte

einzurichten.

 

In der Zwischenzeit sind den unterfertigten Abgeordneten einige Informationen bekannt

geworden, die vor allem in bezug auf die pseudoreligiöse Gruppierung Scientology ein

dringendes Handeln notwendig erscheinen läßt.

 

Im Auftrag des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen erstellte der

Politikwissenschafter Hans Gerd Jaschke ein Gutachten über Scientology, in dem diese

Gruppe "als totalitäre Organisation" bezeichnet wird, deren Menschenbild "demokratisch-

rechtsstaatlichen Verfassungsprinzipien zuwider" läuft: "Der totalitäre, auf einem

Alleinvertretungsanspruch basierende Charater der Scientology schließt das

Mehrparteienprinzip und das Prinzip der Chancengleichheit für alle politischen Parteien

aus,' .

 

Waren bisher hauptsächlich die Versuche von Scientology, über die Verankerung bzw. das

Einschleusen von Mitgliedern in wirtschaftliche Unternehmen Macht zu erlangen , öffentlich

thematisiert worden , so liegen inzwischen auch gesicherte Erkenntnisse vor, daß

Scientology versucht, im Bereich politischer Institutionen Einfluß zu nehmen und gezielt

Schaltstellen zu infiltrieren.

 

In diesem Zusammenhang läßt eine Aussage von Familienministerin Moser (Volksblatt vom

19.1.96) aufhorchen, in der es heißt, " sie befürchtet eine Unterwanderung heimischer

Ministerien durch Sekten " . Der ÖVP- Abgeordnete Höchtl ist sogar überzeugt, "daß Sekten

Ministerien unterwandert hätten und dadurch Ermittlungen behindern könnten" .

 

Nach uns vorliegenden Informationen gibt es auch eine von Scientologen geführte EDV-

Firma, die Fa. Topcall, die für einige Bundesministerien bzw. Bundesdienststellen zentrale

Faxserver vertrieben hat, mit denen von allen EDV- Arbeitsplätzen eines Unternehmens aus

Faxe verschickt werden können. Die Schutzgemeinschaft Robin Direkt schreibt dazu:

"Diese Geräte sitzen an den sensibelsten Stellen eines Unternehmens, wo auch vertraulichste

Informationen gebündelt passieren. Ereichbar sind solche Faxserver von innerhalb des

Unternehmens und z. T. auch von außerhalb für Wartung und Anfragen " . (Robin Direkt -

Report, Februar 1995).

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1 . Liegen Ihnen Informationen vor, wonach Mitglieder bzw. Anhänger von Scientology im

Bereich des Bundeskanzleramtes tätig sind ?

 

2. Sehen Sie die Möglichkeit einer Unterwanderung Ihres Ministeriums durchMitglieder

 von destruktiven Kulten oder pseudoreligiösen Sekten? Haben Sie

Vorkehrungen gegen eine derartige Unterwanderung getroffen , und wenn ja, welche?

 

3. Ist die Fa. Topcall auch im Bereich des Ministeriums als Vertreiber von EDV-

Hard- und Software tätig geworden?

a) Wenn ja, können Sie den Umfang der Dienstleistungen bzw. Verträge mit Topcall

präzisieren?

b) Sind Verträge mit der Fa. Topcall noch aufrecht bzw. wurden Verträge gelöst?

c) Sind in Ihrem Büro Fax-Server der Fa. Topcall in Verwendung?

 

4. Inwiefern sind Ihre EDV-Anlagen bzw. EDV-gestützten Daten gegen eine

mißbräuchliche Verwendung durch Außenstehende gesichert?