2038/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Übergriff der Polizei gegen die Künstlerin Johanna Kandl

Aus der APA vom 3.12.1996 ist zu entnehmen: "Eine künstlerische Performance vor dem

Niederösterreichischen Landesmuseum wurde heute, Dienstag, durch das Einschreiten

dreier Polizisten beendet. Augenzeugen berichteten der APA, die bekannte Künstlerln

Johanna Kandl sei von den uniformierten Beamten ,'brutal zu Boden geworfen und

geschlagen" worden. ',Sie lag auf dem Boden, einer der Polizisten drückte ihr das Knie in

den Rücken und verdrehte ihr die Hand" , sagte eine Mitarbeiterin der Kulturabteilung der

Niederösterreichischen Landesregierung, die den Vorfall beobachtet hatte.

Johanna Kandl arbeitet derzeit mit zahlreichen weiteren Kunstschaffenden am Projekt

,'Balanceakte 96" , eine Gemeinschaftsinitiative des Niederösterreichischen Landesmuseums

und der Kunsthalle Krems. Seit 19. November verbringt sie jeden Dienstag zwischen 10.00

und 12.00 Uhr vor dem Landesmuseum in der Wiener Herrengasse 9 eine Kreidezeichnung

auf dem Boden an. Zwar ohne polizeiliche Bewilligung - nach Angaben des

Landesmuseums sei man bei der zuständigen Magistratsabteilung vorstellig geworden. Dort

habe man aber die telephonische Auskunft erhalten, alle Straßenkünstler würden ohne

behördliche Erlaubnis arbeiten. Seitdem wurde diese Aktion zweimal ohne Beanstandungen

durchgeführt.

Dienstag, gegen 10.45 Uhr, dagegen fand die Performance ein jehes Ende. Johanna Kandl

wurde nach Berichten der Augenzeugen brutal festgenommen, obwohl die Frau versucht

habe, sich auszuweisen. ',Sie ist im Innenhof des Museums auf dem Boden gelegen und hat

laut geschriehen 'Tut mir nicht weh, . ,' Eine Mitarbeiterln der Landesregierung hat sogar

photographiert, wie Kandl abgeführt wurde. Am Nachmittag befand sich die Künstlerin

immer noch zur Einvernahme im Wiener Landesgericht. Der Grund der Festnahme, ob die

Frau Verletzungen davongetragen hat, war vorerst unbekannt.

In der Zwischenzeit wurde die Künstlerin in einem Gerichtsverfahren freigesprochen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1 . Was war der Grund der Festnahme der Künstlerin Johanna Kandl am 3. 12. 1996?

2. Wurde die Künstlerin Johanna Kandl bei diesem Vorfall verletzt?

3 . Haben die betreffenden Beamten vor ihrem Einschreiten gegen die Künstlerin Johanna

Kandl mit der Niederösterreichischen Landesregierung, insbesondere der

Kulturabteilung, Kontakt aufgenommen?

4. Wenn nein, warum nicht?

5. Aufgrund welcher Initiative (eigener oder Anzeige eines Dritten) sind die drei

Polizisten am 3. 12. 1996 gegen die Künstlerin Johanna Kandl eingeschritten?

6. Warum wurde die Künstlerin Johanna Kandl in diesem Zusammenhang zu Boden

geworfen , wie lautet die Rechtfertigung der betreffenden Beamten?

7. Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen der Polizeibeamten im Sinne des

Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes?

8. Wurden gegen die betroffenen Beamten Disziplinarverfahren eingeleitet?

9. Wenn ja, gibt es schon ein Ergebnis des Disziplinarverfahrens?

10. Wenn nein, warum nicht?

11 . Sind die betreffenden Beamten schon früher disziplinarmäßig aufgefallen?

12. Was werden Sie unternehmen, um in Hinkunft zu verhindern, daß der Ruf der

österreichischen Exekutivbeamten durch solche Ereignisse ständig verschlechtert

wird?