2040/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Justiz

betreffend bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe (§ 46 Abs 1 StGB

J.G.D. wurde vom Landesgericht zu 6 EVR 111 22/1995-27 zu einer Freiheitsstrafe von

zweieinhalb Jahren wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG verurteilt. Sein

Antrag, der auf bedingte Entlassung nach Verbüßung der halben Strafe gemäß § 46 Abs 1

StGB wurde vom Landesgericht Ried im Innkreis abgelehnt. Der Beschluß wurde wie folgt

begründet:

"In Anbetracht des Umstandes, daß der Rechtsbrecher selbst nicht süchtig ist und gegen

Bezahlung eines Kurierlohnes eine sogenannte harte Droge in einer Menge, die zumindest

das Fünfundzwanzigfache der „großen Menge“ im Sinne des § 12 SGG betrug, im

internationalen Verkehr transportierte, verbietet, sich eine bedingte Entlassung gemäß § 46

Abs 1 StGB aus spezialpräventiven und auch aus generalpräventiven Überlegungen. Wegen

der beträchtlichen Menge des im internationalen Verkehr vom Straftäter transportierten

Suchtgiftes würde sowohl die Abschreckungswirkung der Strafe als auch das

Schuztbedürfnis der Allgemeinheit zu kurz kommen, würde der Rechtsbrecher bedingt

entlassen werden. Die dem Schuldspruch zugrunde liegende Menge an Kokain wäre

geeignet gewesen , unzählige Menschen mit Einzeldosen zu beteilen und in ihrer Gesundheit

beträchtlich zu gefährden. Deshalb ist die Straftat auch als besonders verwerflich

einzustufen. Aus diesen Gründen war abschlägig zu entscheiden."

Die Reform der bedingten Entlassung bildete einen wesentlichen Schwerpunkt des

Strafrechtsänderungsgesetzes 1987. Nach Verbüßung der halben Strafe ist der Rest der

Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, wenn eine positive Prognose

dahingehend besteht, daß es der Vollstreckung des Strafrestes nicht bedarf, um den

Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Bei der Erstellung der

Zukunftsprognose ist das Vorleben des Rechtsbrechers, seine Aussichten auf ein redliches

Fortkommen und seine Aufführung während der Vollstreckung sowie der Umstand zu

berücksichtigen, ob es aus besonderen Gründen der Vollstreckung des Strafrestes bedarf,

um der Begehung strafbarer Handlung durch andere entgegenzuwirken. Die bedingte

Entlassung kann auch in Verbindung mit anderen Maßnahmen ausgesprochen werden.

Generalpräventive Überlegungen dürfen der bedingten Entlassung nur mehr

entgegengehalten werden, wenn es aus besonderen Gründen der Vollstreckung des

Strafrestes bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere

entgegenzuwirken .

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1 . Wieviele Anträge auf bedingte Entlassung nach Verbüßung der halben Strafe wurden

im Jahre 1995 und 1996 positiv und wieviele davon ablehnend erledigt

(aufgeschlüsselt nach Jahren)?

2. Was wird von Ihrem Ministerium unter "besonderen Gründen" verstanden, unter

denen generalpräventive Überlegungen einer bedingten Entlassung nach Verbüßung

der halben Strafe entgegenstehen?

3. Gibt es bestimmte Straftatbestände, wie zB § 12 Suchtgiftgesetz, die generell als

solche besonderen Gründe im Sinne des § 46 Abs 3 StGB gelten?

4. Wenn ja, um welche handelt es sich?

5. Nach der Judikatur (LSK 1978/20) gibt es kein Delikt und keine Deliktskategorie, bei

denen grundsätzlich die bedingte Entlassung ausgeschlossen wäre. Als besondere

Gründe gelten zB ein besonders belastetes Vorleben usw. Derzeit kommt die

Bestimmung des § 46 Abs 1 StGB gegen der Intention des Gesetzgebers beim StRÄG

1987 nur in wenigen Fällen zur Anwendung. Was werden Sie unternehmen, um den

Vorstellungen des Gesetzgebers zur Einführung des § 46 Abs 1 StGB im StRÄG 1987

geführt hat, zum Durchbruch zu helfen?

6. Teilen Sie die Auffassung, daß im gegenständlichen Fall (AZ BE 459/1996, LG Ried

im Innkreis) die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Zeit

grundsätzlich aus generalpräventiven Gründen abzulehnen ist?

7. Wurde im gegenständlichen Fall eine Zukunftsprognosse erstellt?

8. Wenn ja, wie lautet diese und sollte diese dann nicht in der Begründung aufscheinen?

9. Wenn nein, ist dies üblich?