2101/J XX.GP
der Abgeordneten Mentil, Haigermoser
und Kollegen
an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten
betreffend
wirtschaftspolitische Erfolge der Japan-Reise von Bundesminister
Dr. Farnleitner
Vom 19. bis zum 21. Jänner 1997 weilte Wirtschaftsminister Dr, Farnleitner in Begleitung eini-
ger Unternehmensvertreter anläßlich einer sogenannten "Wirtschaftsmission" in Japan.
Die Berichte der wieder heimgekehrten österreichischen Reisegesellschaft klangen euphorisch.
Wirtschaftsminister Farnleitner habe allen Grund zu feiern, die "Wirtschaftsmission" sei erfolg-
reich beendet worden.
Unter anderem habe der Autohersteller Toyota konkretes Interesse gezeigt, für das neue
Kleinbus-Modell "Hiace" einige hunderttausend Stück Reifen von Semperit zu beziehen, wurde
der interessierten österreichischen Öffentlichkeit aus "dem engen Mitarbeiterstab" von Wirt-
schaftsminister Dr. Farnleitner mitgeteilt.
Und mit einem selbstgefälligen Augenzwinkern - wohl ob der Schläue unserer alpenländischen
Verhandler - wurden tiefe Einblicke in die diplomatischen Kunstgriffe österreichischer Außen-
handelspolitik gewährt: Der österreichische Wirtschaftsminister versuchte demnach tatsächlich,
unsere mächtigen fernöstlichen Handelspartner mit dem Hinweis auf die notwendige Unterstüt-
zung Österreichs für die - selbst in Japan umstrittene - Bewerbung des Landes für die Welt-
ausstellung 2005 unter Druck zu setzen.
Das Manöver wurde als gelungen dargestellt, staatlicher Rundfunk und Fernsehen berichteten
in umfangreichen Beiträgen über die Zukunftssicherung für Semperit durch neue Aufträge aus
dem Inselreich. Ein Vertragsabschluß sei beim Ministerbesuch zwar nicht zustande gekommen,
doch "schaue es sehr gut aus".
Vor dem Beitritt Österreichs zur EU hatte unser Land von einem zollbegünstigten Zulieferab-
kommen mit der japanischen Automobilindustrie stark profitiert und im Rekordjahr 1992 ein
Liefervolumen von rund vier Milliarden Schilling erzielt.
Mit dem Beitritt zur EU mußte deren Zollsystem übernommen werden, ein dramatischer Ein-
bruch der KFZ-Zulieferungen auf bloß ATS 500 Mio, im Jahr 1995 - Tendenz weiter sinkend -
war die Folge.
Dies, obwohl der seinerzeitige Wirtschaftsminister Dr. Schüssel vor der EU-Volksabstimmung
vollmundig behauptet hatte, im Rahmen einer erfolgreichen Japanreise die österreichischen
KFZ-Zulieferungen auch für die Zukunft abgesichert zu haben.
Vor allem der Reifenproduzent Semperit mußte bald erfahren, was die damaligen Verspre-
chungen wert waren und fiel von jährlich zwei Millionen PKW-Reifen (Erstausrüstung) auf
knapp ein Zehntel zurück.
Den unterzeichneten Abgeordneten liegen Informationen vor, wonach die der österreichischen
Öffentlichkeit als überaus
erfolgreich dargestellte jüngste "Wirtschaftsmission" von Dr.
Farn-
leitner in Japan keinerlei konkrete Ergebnisse zeitigte und richten aus diesem Grund an den
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nachstehende
Anfrage
1 . Entspricht es den Tatsachen, daß von den sieben eingeladenen Unternehmensvertretern zwei
die Teilnahme an der "Wirtschaftsmission" absagten? Wenn ja, welche Gründe wurden für
diese Absagen genannt?
2. Entspricht es den Tatsachen, daß Kurt Rüdiger von Barisani (Magna Eybl) seine Nichtteil-
nahme an der "Wirtschaftsmission" mit der Untätigkeit der Bundesregierung am japanischen
Markt begründete?
3 . Entspricht es den Tatsachen, daß die japanische Import-Export-Firma Mitsui und die Firma
Semperit die Teilnahme ablehnten, da das Wirtschaftsministerium keinen geeigneten Ge-
sprächstermin mit dem japanischen Wirtschaftsminister zustande brachte, an dem man die
Probleme der österreichischen KFZ-Zulieferindustrie hätte darstellen können?
4. Haben Sie konkrete Handelsabschlüsse mit japanischen Geschäftspartnern erzielen können,
und wenn ja, welche?
5. Entspricht es den Tatsachen, daß der Folgeauftrag von Toyota für das alte Hiace-
Reifenmodell M 733 längst abgesprochen war, mit Ihrem Japan-Besuch nicht das Geringste
zu tun hat und somit von einem neu erwachten Interesse Toyotas an zusätzlichen Reifenlie-
ferungen von Semperit keine Rede sein kann?
6. Konnten Sie wenigstens für den unter 5 . angesprochenen, bereits weitgehend ausverhandel-
ten Folgeauftrag für das alte Hiace-Reifenmodell M 733 einen Vertragsabschluß herbeifüh-
ren?
7. Entspricht es den Tatsachen, daß es sich bei dem Hiace-Folgeauftrag um einen Lieferum-
fang von monatlich etwa 7.500 Stück handelt und somit von "einigen hunderttausend Stück
jährlich" keine Rede sein kann?
8. Ist es richtig, daß Sie mit dem Vizepräsident von Toyota, Herrn Toyota, lediglich in dessen
Funktion als Präsident der japanischen Industriellenvereinigung zusammengetroffen sind?
9. Entspricht es den Tatsachen, daß Sie versucht haben, unsere japanischen Geschäftspartner
mit dem Hinweis auf die mögliche Ablehnung der japanischen Bewerbung um die EXPO
2005 durch Österreich zu Zugeständnissen hinsichtlich des Liefervolumens unserer KFZ-
Zulieferindustrie zu bewegen? Wenn ja, welche konkreten Erfolge konnten Sie mit dieser
Junktimierung erzielen?
10.Lehnen Sie protektionistische Maßnahmen Österreichs (z.B. Nova-Erhöhung für japanische
KFZ) zur Unterstützung der heimischen KFZ-Zulieferindustrie ab?
11.Hielten Sie protektionistische Maßnahmen Österreichs (z.B. Nova-Erhöhung für japanische
KFZ) zur Unterstützung der heimischen KFZ-Zuliefedindustrie für EU-konform"?
12.Entspricht es den Tatsachen, daß Semperit durch den Wegfall des japanischen Marktes
jährliche Verluste in Höhe von etwa
ATS 500 Mio. hinnehmen muß?
13,Welche Informationen hinsichtlich der geplanten weiteren Umstrukturierungen erhielten Sie
im Rahmen Ihres Gespräches mit der Conti-Konzernleitung am 6. Februar 1997?
14,Entspricht es den Tatsachen, daß die Conti-Konzernleitung auch die Schließung des LKW-
Reifenwerkes in Traiskirchen in Erwägung zieht?
15.Ist der erwartete Jahresauftrag von etwa 450.000 LKW-Reifen von Conti bereits bei der
Firma Semperit eingetroffen"?
16.Sind Ihnen bereits Details hinsichtlich des jüngst von Conti an Semperit vergebenen For-
schungsprojektes bekannt, und wenn ja, welche?