2116/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und Kollegen an den

Bundesminister für Inneres betreffend die Berichtigung der

Anfragebeantwortungen 1181AB vom 5. November 1996 zu

Anfrage 1204/J und 1463/AB vom 21. Jänner 1997 zu Anfra-

ge 1724/J wegen einiger darin getätigter falscher Aussagen.

Der damalige Bundesminister für Inneres, Dr. Caspar Einem, behauptete in der

Anfragebeantwortung vom 4. November 1996 auf Seite 2 erstens..

"...das Nichtzusammentreten eines statutenmäßigen Streitschlichtungsorga-

nes stellt keinen Grund für eine allfällige behördliche Vereinsauflösung und

das Nichtzustandekommen eines vereinsinternen ,Schiedsspruches' keine

von der Vereinsbehörde im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht wahrzunehmende

Angelegenheit dar."

Diese Beantwortung ist nachweislich f a l s c h, denn tatsächlich verhält es sich

so, daß

a) der Verfassungsgerichtshof als Kompetenzgerichtshof am 4. Oktober 1949 zu K 1 - 4/49

erwogen hat:

"Der Verfassungsgerichtshof betont ausdrücklich, daß damit dem Verwal-

tungsgerichtshof nicht etwa die Kompetenz auf dem Gebiete des Vereins-

rechtes abgesprochen werden soll. Eine solche Kompetenz ist vielmehr

zweifellos anzuerkennen, insoweit es sich um die Frage der gesetzmäßigen

Betätigung der Vereinsorgane handelt."

b) die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 1980 zu B 122/79

und vom 10. März 1981 zu B 390/80 besagen, daß

es keinesfalls im Belieben des leitenden Organes liegt, die Bestimmungen

der Satzungen, beispielsweise jene, die das Schiedsgericht behandeln, ent-

sprechend durchzusetzen oder nicht. Nach der Rechtsprechung des Verfas-

sungsgerichtshofes sind auch Vereinssatzungen gesetzeskonform zu inter-

pretieren und zwar ebenso wie generelle Normen.

c) es in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18. November 1970 zu 6 Ob

255/70 heißt:

"...Was sie mit ihrer Klage anstreben, ist, daß die Vereinsleitung tatsächlich

so bestehe und funktioniere, wie es die Statuten vorschreiben. Dabei han-

delt es sich nicht um ein Privatrecht der Kläger, das verletzt oder wenigstens

gefährdet wäre, sondern um das zweifellos vorhandene, davon aber zu un-

terscheidende Interesse auf korrekte Vereinsadministration. Abhilfe gegen

derartige Interessensverletzungen ist aber nicht bei Gericht, sondern bei der

Verwaltungsbehörde zu suchen. Dieser obliegt es, für eine statutengemäße

Betätigung des Vereines zu sorgen (vgl. Freund a,a,O. S, 77, EvBl. 1968 Nr.

263)."

Vgl. ferner: Brindelmayr-Markovics: "Vereins- und Versammlungsrecht S. 28; Fasching:

Kommentar z.d. ZPG, 1, S. 83 zu § 1 JN; Feil: Vereinsgesetz 195 1, S. 15 f.

d) der Oberste Gerichtshofes vom 7. Dezember 1967 zu 1 Ob 235/67 entschieden hat.

"...gegen satzungswidrige Maßnahmen der Vereinsadministration ist im

Verwaltungsweg Abhilfe zu suchen.

Die Verwaltungsbehörde ist im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht gehalten, für

eine Statuten gemäße Betätigung zu sorgen."

e) im Kommentar "Österreichisches Vereinsrecht" verfaßt von Dr. Peter Fessler, Mitglied

und ständiger Referent des Verfassungsgerichtshofes, und von Dr. Christine Keller,

Oberrätin im Bundesministerium für Inneres, auf Seite 80 zu lesen ist:

"Eine beharrliche Verweigerung des schiedsgerichtlichen Verfahrens stellt

daher ein statutenwidriges Verhalten eines Vereinsorganes dar, das zur

behördlichen Auflösung des Vereines führen kann."

f) ebenso bei Dr. Heinrich Skarwada: "Das österreichische Vereins- und Versammlungs-

recht", S.37 nachgelesen werden kann:

"...wird diesem Auftrage nicht nachgekommen, so wird über Antrag der Si-

cherheitsbehörde erster Instanz die zuständige Vereinsbehörde den Verein

wegen Statutenwidrigkeit im Sinne des § 24 des Vereinsgesetzes behörd-

lich auflösen, da er den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes nicht

mehr entspricht."

Der damalige Bundesminister für Inneres, Dr. Caspar Einem, behauptete in sei-

ner Anfragebeantwortung 1181/AB vom S. November 1996 und 1463/AB vom 21. Jän-

ner 1997 zweitens, daß im gegenständlichen Fall

"eine zumindest versuchte Beschreitung bzw. Ausschöpfung des vereinsin-

ternen , Rechtszuges' geboten sei".

Auch diese Behauptung ist nachweislich f a l s c h , denn tatsächlich verhält es sich,

so daß der damalige Bundesminister für Inneres die Satzung des Vereins "Freimaurervereini-

gung des Schottischen Ritus" der Beantwortung unserer ersten schriftlichen parlamentari-

schen Anfrage in diesem Gegenstande beigefügt hat.

Er kennt daher die Ziffer 9 dieses Statutes, in welcher es, wie folgt, lautet:

"In allen Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis entscheidet mit Ausschluß

jedes Rechtszuges endgültig ein Schiedsgericht von drei Vereinsmitglie-

dern..."

Der damalige Bundesminister für Inneres stellt in seiner Anfragebeant-

wortung 1463/AB vom 21. Jänner 1997 unter ausdrücklichem Hinweis auf die

"neuere Judikatur des OGH" drittens fest,

"keine Veranlassung zu sehen, von der aus meiner Sicht durchaus vertret-

baren Rechtsauffassung abzugehen."

Die tatsächliche Rechtslage ist auch hier - wiederum - eine andere:

Auf Befragen erklärte der Leiter der Abt. 11/15 der Gruppe 11/E im Bundesministeri-

um für Inneres, Rat Dr. Ulrich Weber-Schallauer, die vom damaligen Bundesminister für

Inneres angeführten Belegstellen seien folgende zwei(!) OGH-Entscheidungen:

1.) OGH vom 25.1. 1995 zu 3 Ob 543/94; JBl. 1995, Heft 9, Seiten 596 bis

598,

2.) OGH vom 9.2. 1 995 zu 6 Ob 527/95; JBl. 1995, Heft 1O, Seiten 649 bis

651.

Vergleicht man die vom damaligen Innenminister verwendeten "neueren" Rechtspre-

chung des OGH inhaltlich mit der schriftlichen parlamentarischen Anfrage vom 19. Dezem-

ber 1996 zu 1724/J, so stellt man eindeutig fest, daß die vom Dr. Caspar Einem angeführten

oberstgerichtlichen Entscheidungen völlig andere Sachthemen behandeln .

Die unterfertigten Abgeordneten stellen an den Bundesminister für Inneres daher

folgende

Anfrage:

1.) Sind Sie bereit, die inhaltlich f e h l e r h a f t e n Anfragebeantwortungen

Ihres Amtsvorgängers schriftlich zu berichtigen? -

Wenn nein, warum nicht?

2.) Werden Sie die zuständigen nachgeordneten Dienststellen nunmehr anwei-

sen, für eine ehebaldige, ordnungsgemäße und umfassende Behandlung des

vom ehemaligen SPÖ-Abgeordneten zum Nationalrat, Dipl.-Vw. Mag. DDr.

Stephan Tull, am 16. Februar 1996 eingebrachten Anbringens zu sorgen,

um so endlich dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu ent-

sprechen?

Wenn nein, warum nicht?