2185/J XX.GP

 

A n f r a g e

der Abg. Dkfm. Bauer, Mag. Schreiner, Dr. Pumberger , Mag. Trattner

an den Bundeskanzler

betreffend Aussagekraft des "harmonisierten,' EU-Verbraucherpreisindex

Am 7.3.1997 veröffentlichte das  EU-Statistikamt Eurostat erstmals

harmonisierte Verbraucherpreisindex für die EU-Mitgliedstaaten.

Dabei werden die Methodik der Berechnung sowie der Erfassungsbereich,

also die Produkte, die berücksichtigt werden müssen, vereinheitlicht.

In allen EU-Ländern sind nunmehr Mobiltelefone und Personalcomputer

in die Inflation einzurechnen, wenn deren Umsatzvolumen ein Promille

der gesamten Verbraucherausgaben ausgemacht (was sogar für

zutreffen dürfte) .

Hingegen sind etwa Aufgaben für Gesundheit (in Österreich ca. Zehn

Prozent des Bruttosozialprodukts) und Wohnen nicht in die Berechnung

Prozent. Die letzte Konsumerhebung in Österreich fand 1993/94

statt und ergab, daß die Wohnung für den durchschnittlichen österr-

reichischen Haushalt monatlich 5.140 öS kostet, davon 557,- für die

Wohnungsinstandhaltung, Beheizung und Beleuchtung machten extra noch

öS 1.700,- pro Monat aus, für Wohnungsausstattung wurden noch im Durch-

schnitt öS 2.650, - ausgegeben.

Kein Wunder, daß nach dieser neuen Berechnungsart die Teuerungsraten in

Zukunft niedriger als derzeit ausfallen werden, die Schätzung sogenannter

Experten, daß die österreichische Inflationsrate um etwa zwei bis drei

Zehntelprozentpunkte niedriger sein werde als nach der bisherigen Berech-

nung, dürfte aber schwer untertrieben sein.

Diese neue Berechnungsmethode offenbar eingeführt, um möglichst vielen

EU-Mitgliedstaaten die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion zu ermög-

lichen, da auf diese Weise das Inflationskriterium leichter erreicht werden

kann. Der Euro wird als auf der Basis von Rechenkunststückchen eingeführt.

Gefährlicher droht diese Berechnung für Verbraucher, Arbeitnehmer, Pensio-

nisten, Wohnungseigentümer und Vertragspartner zu werden, bei denen Index-

klauseln herangezogen werden: .,Es stehe den EU-Ländern jedoch frei", sagte

ein Eurostat-Beamter, "die harmonisierten EU-Indizes euch für die Lohnindi-

zierung oder Tarifverhandlungen zu verwenden." (Standard, 7.3.1997 ) .

Dieser "harmonisierte", Verbraucherpreisindex spiegelt das wahre Ausmaß der

Teuerung noch weniger wider als der bisherige österreichische, auf Sozial-

partnerabsprachen beruhende VPI. Die Korrektur des Warenkorbes ist ein seit

Jahrzehnten bekannter Trick, der aber diesmal zur geradezu schamlosen

Manipulation herhalten muß, um riesige Ausgabenanteile auszuklammern

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler

die nachstehende

r. n f r a g e :

1 . Welche Waren enthielt der bisherige Warenkorb des österreichischen

verbraucherpreisindex

a. vor der Konsumerhebung 1993/94,

b. nach der Konsumerhebung 19993/94

2. Wie wurden die einzelnen Gruppen im Warenkorb des österreichischen

verbraucherpreisindex

a. vor der Konsumerhebung 1993/94,

b. nach der Konsumerhebung 1993/94

gewichtet ?

3 . Wie entwickelten sich die österreichischen Verbraucherpreise seit

1986 im Gesundheitsbereich, insbesondere für

a. Rezeptgebühren,

b. Spitalskosten,

c. Arzneimittel,

d. Zahnarztleistungen

in absoluten Zahlen und prozentuell?

4 . Wie entwickelten sich die österreichischen Verbraucherpreise seit

1986 im Wohnbereich, insbesondere für

a. Wohnungserrichtung,

b. Mieten,

c. Instandhaltung,

d. Beleuchtung und Beheizung

in absoluten Zahlen und prozentuell ?

5. In welchem Ausmaß hat der überproportionale Anstieg der Preise

im Gesundheits- und Wohnbereich im Sinne der Punkte 3 und 4 zur

Erhöhung des österreichischen VPI in den letzten 10 Jahren beige-

tragen ?

6. Welche Waren enthält der Warenkorb des EU-Verbraucherpresindex

nach der sogenannten "Harmonisierung" im einzelnen ?

7. Mit welcher Begründung wurden die Preise im Gesundheitsbereich aus

den Ermittlungen ausgeklammert ?

8. Mit welcher Begründung wurden die Preise im Wohnbereich aus den

Ermittlungen ausgeklammert ?

9. Wer war österreichischerseits an der Entscheidung, die Preise in

den Bereichen Gesundheit und Wohnen aus dem "harmonisierten" EU-

Verbraucherpreisindex auszuklammern, beteiligt ?

1O. Wie wird in Zukunft die Preisentwicklung in den Bereichen Gesundheit

und Wohnen für Österreich ermittelt ?

11. Welche Berechnungen führten zu dem augenscheinlich unterschätzten

Ergebnis, wonach die Teuerungsraten nach dem neuen "harmonisierten" ,

um den Gesundheits- und Wohnbereich "bereinigten" EU-VPI nur um

zwei bis drei Zehntelprozentpunkte niedriger sein werde als bisher ?

12. Wie hoch waren die jährlichen Kosten für die Ermittlung des öster-

reichischen VPI 1994, 1995 und 1996 ?

13. Wie hoch werden diese Kosten jährlich ab 1997 geschätzt ?

14. Welchen Beitrag leistet Österreich seit dem EU-Beitritt jährlich

für das Eurostat insgesamt ?

15. Wie hoch sind die Budgetmittel, die das Eurostat jährlich für die

Ermittlung des "harmonisierten" EU VPI verbraucht ?

16. Welchen Nutzen außer einer unrealistisch niedrig erscheinenden

Inflationsrate hat Österreich von diesem "harmonisierten", um

wesentliche Ausgabenanteile wie Wohnen und Gesundheit "bereinigten"

EU-VPI außerhalb der virtuellen Realität, also im wirklichen Leben

der Bevölkerung ?

17. Welche Auswirkungen hat diese unrealistisch niedrige Teuerungsrate

insbesondere

a. bei Lohnverhandlungen,

b. bei Pensionsanpassungen,

in den Folgejahren ?