2193/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Haider, Ing. Meischberger, Apfelbeck

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Zurücklegung von durch Gerichte erstatteten Strafanzeigen

Die Anfragesteller gehen davon aus, daß Gerichte und andere Behörden Akten nur dann der

Staatsanwaltschaft zur Überprüfung hinsichtlich des Verdachts strafbarer Tatbestände übermit-

teln, wenn eine Zurücklegung der Anzeige nicht von vornherein zu erwarten ist. Dafür spricht

nicht nur die Rechtskenntnis der Richter und Beamten, sondern auch die richtige Tendenz,

andere Behörden nicht mit vermeidbarer Arbeit zu belasten. Umso seltsamer mutet es daher an,

wenn in manchen Fällen immerhin mehrere Gerichte und Ämter selbst Strafanzeigen erstatten,

diese aber in der Folge ohne Erhebungen zurückgelegt werden. Hier ist als Beispiel die schon

seit 1985 laufende, jetzt beim Handelsgericht Wien zu 6 S 224,225/95y,w anhängige Kon-

kurssache zu nennen, weil im Zusammenhang damit eine Vielzahl gerichtlicher und behörd-

licher Anzeigen ohne Erhebungen zurückgelegt wurden und werden. Beispielsweise seien

genannt:

1. Am 28. April 1993 brachte die Finanzbehörde Gmunden bei der Staatsanwaltschaft Wels

eine Strafanzeige wegen des Verdachtes der Urkundenfälschung (im Zusammenhang mit der

Erstellung eines Sachverständigengutachtens für einen Amtsnachschaubericht) gegen Dkfm.

Rudolf Sch. ein (2 St 158ß/94); sie wurde - ohne jegliche Erhebungen - zurückgelegt, der

Subsidiarantrag wurde vom LG Steyr (Vr 336/95) ohne Erhebungen abgewiesen.

2. Das LG Ried ersuchte in einem Zivilverfahren am 20. April 1995 die Staatsanwaltschaft

Ried (3 St 407/95. 3 St 721/96), eine Überprüfung gegen Dkfm. Rudolf Sch. wegen dessel-

ben Verdachtes durchzuführen. Eine Abtretung an die Staatsanwaltschaft Wels wurde

erfolglos versucht, die Strafanzeige wurde am 9. Dezember 1996 - wiederum ohne Durch-

führung irgendeines der angebotenen Beweismittel und Zeugeneinvernahmen - zurückgelegt.

Auch der hierauf eingebrachte Subsidiarantrag wurde ohne Erhebungen zurückgewiesen.

3. Das Handelsgericht Wien als zuständiges Konkursgericht hat am 2. Mai 1995 der Staats-

anwaltschaft Wien die maßgeblichen Aktenteile zur Prüfung hinsichtlich zweier Verdäch-

tiger (Frau Ingrid S. und Herr Dkfm. Rudolf Sch.) übermittelt. Die Anzeige wurde an die

zuständige Staatsanwaltschaft Wels abgetreten und dort zur Zahl 3 St 974/95 am 29. Juni

1996 ohne Erhebungen zurückgelegt. Ein mit Zustimmung des Konkursgerichtes von den

Masseverwaltern eingebrachter Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung wegen der

Verbrechen nach §§ 133 Abs. 2 2. Fall, 133 Abs. 3 z. Fall, 153 Abs. 2 2. Fall und 165 Abs. 1

und 3 StGB wurde mit Entscheidung des Landesgerichtes Linz zu 3 1 Vr 467/96 am 10. April

1996 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Vorwürfe schon in früherer Anzeigen

erhoben wurden, die ebenfalls zurückgelegt bzw. dazu eingebrachte Subsidiaranträge ab-

oder zurückgewiesen worden sind.

Auffällig an diesen Vorgängen sind folgende Umstände:

1. Die Strafanzeigen wurde zurückgelegt, obwohl zumindest das Konkursgericht durch seine

jahrelange Vertrautheit mit der Konkurssache wohl nicht grundlos eine Überprüfung hin-

sichtlich des Vorliegens strafbarer Handlungen angeregt hat.

2. Keine einzige Strafanzeige führte bisher auch nur dazu, daß substantielle Erhebungen ein-

geleitet oder angebotene Beweise - etwa die nummernmäßig bekannten Konten oder Zeugen-

aussagen - überprüft wurden (dies immerhin beim Vorwurf von Malversationen in Millio-

nenhöhe mit Hilfe einer Bank).

3. Die immer breiteren Hinweise auf strafbare Handlungen und die Vielzahl der Anzeigen

führen nicht zu einer Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Strafverfahrens, sondern die

Zurückweisung des Subsidiarantrages wird sogar noch mit den bisherigen - ungeprüften -

Zurücklegungen von Strafanzeigen begründet.

4. Die Klärung der Vorwürfe ist nur im Wege eines Strafverfahrens möglich, weil dafür die

Öffnung von Bankkonten erforderlich ist; diese Klärung wird verhindert, obwohl sie nicht

nur die allervordringlichste Pflicht der Staatsanwaltschaft ist, sondern auch im Interesse der

seit Jahren straf)barer Handlungen bezichtigten Personen liegt.

5. Als Begründung für das Untätigbleiben wird auch ein Sachverständigengutachten verwendet,

das sich auf Urkunden stützt, hinsichtlich der Strafanzeigen wegen des Verdachts der

Urkundenfälschung erstattet wurden.

6. Der Amtsnachschaubericht in dieser Angelegenheit beschränkt sich auf die Einsichtnahme in

die Unterlagen, die von der vom Verdächtigen geleiteten Bank freiwillig zur Verfügung

gestellt wurden. Der Bericht enthält dennoch die Feststellung, daß "Auffalligkeiten" gegeben

seien; trotzdem wird er als Entscheidungsgrundlage für die Zurücklegung der Anzeige bzw.

die Zurückweisung des Subsidiarantrages herangezogen, obwohl er ohne Aufhebung des

Bankgeheimnisses erstellt wurde.

7. Die strafrechtliche Überprüfung der erhobenen Vorwürfe wird verhindert, obwohl immerhin

der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien am 29. November 1995 ein Diszipli-

narverfahren mit Beschluß eingestellt hat, weil es angesichts der im Verfahren aufgetretenen

gravierenden Fehler und unter Berücksichtigung der Umstände dieses Falles zumindest nicht

abwegig sei, hinter all den festgestellten Unregelmäßigkeiten ein kriminelles Konzept zu

vermuten.

8. Die Zurücklegen der Anzeigen erfolgte immer in Oberösterreich, obwohl zumindest alle

Richter des Landesgerichtes Wels in dieser Sache anerkanntermaßen befangen sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an den Herrn Bundes-

minister für Justiz die nachstehende

Anfrage:

1. Werden Sie dafür sorgen, daß die gegen Frau Ingrid S. und Herrn Dkfm. Rudolf Sch.

mehrfach erhobenen Vorwürfe endlich inhaltlich auf ihren strafrechtlichen Gehalt über-

Pirat werden?

2. Wenn nein, warum halten Sie es für besser, solch schwerwiegende Verdäch6gungen

ungeprüft bestehen zu lassen, obwohl sogar der durch möglicherweise gefälschte Ur-

kunden beeinflußte, jedenfalls aber ohne Auflhebung des Bankgeheimnisses zustande-

gekommene Amtseinschaubericht Auffälligkeiten bei dem betroffenen Bankinstitut

festgestellt hat?

3. Welche Beweise wurden in allen bisher eingebrachten Anzeigen gegen Frau Ingrid S. und

Herrn Dkfm. Rudolf Sch. angeboten?

4. Welche Erhebungsschritte wurden bisher aufgrund der mehrfachen Strafanzeigen hin-

sichtlich der gegen Frau Ingrid S. und Herrn Dkfm. Rudolf Sch. erhobenen Vorwürfe

gesetzt? Welche konkreten Unterlagen wurden beigeschafft und welche Zeugen vernom-

men?

5. Werden Sie in Hinkunft Strafanzeigen, die - wie in diesem Fall - zumindest mittelbar

auch Mitarbeiter der Justizbehörden betreffen, von Staatsanwaltschaften anderer Bun-

desländer bearbeiten lassen?

6. Halten Sie es nicht zumindest für dem Ansehen der Justiz abträglich, wenn zwar alle

Richter eines Landesgerichtes in einer Rechtssache befangen sind, Anzeigen aber von der

Staatsanwaltschaft am selben Gerichtsstandort zurückgelegt werden?

7. Welche Akten wurden im Zusammenhang mit der jetzt beim Handelsgericht Wien zu 6 S

224,225/95y,w anhängigen Konkurssache von Mitarbeitern des Bundesministeriums für

Justiz bisher direkt und nicht nur durch Einholung von Stellungnahmen der mit der

Angelegenheit befaßten Gerichte und Staatsanwaltschaften überprüft?

8. Welche Akten wurden zur Beantwortung dieser Anfrage vom Bundesministerium für

Justiz direkt angefordert und überprüft?