2200/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Terezija STOISITS, Freundinnen und Freunde
an den Präsidenten des Rechungshofes Dr. Franz Fiedler
betreffend die Kontrolle der Volksgruppenförderung gem.§ 8 Volksgruppengesetz 1976
wegen der versteckten Parteienfinanzierung
Vorbemerkung:
Das Bundeskanzleramt als zuständige Stelle für Volksgruppenbelange unterstützt aus
dem nach dem Volksgruppengesetz vorgesehen Budgettitel "Volksgruppenförderung"
neben den kulturellen Organisationen der Burgenländischen Kroaten auch zwei
parteipolitische Organisationen.
Bei diesen Organisationen handelt es sich einerseits um das "Präsidium der SPÖ-
Mandatare aus kroatischen und gemischtsprachigen Gemeinden im Burgenland" unter
der Leitung des SPÖ-Landtagsabgeordneten Walter Prior und andererseits um die
Arbeitsgemeinschaft kroatischer ÖVP-Kommunalpolitiker im Burgenland" unter der
Leitung des ÖVP-Landtagsabgeordneten Dipl. Ing. Nikolaus Berlakovich.
ln den Jahren 1987 bis einschließlich 1995 erhielten diese beiden Organisationen nach
Angaben des Bundeskanzleramtes öS 2,250.000 ÖS (ÖVP-Mandatare) bzw.
öS 2,739.081 (SPÖ-Mandatare) aus der Volksgruppenförderung überwiesen.
Darüber hinaus bezahlt die Bundesregierung den SPÖ-Mandataren eine sogenannte
"Lebende Subvention", die ebenfalls unter dem Titel "Förderung der Volksgruppen"
budgetiert wird.
Als Beispiel für den Mißbrauch der Volksgruppengelder durch Mandatarvereinigungen der
burgenländischen SPÖ und ÖVP seien die zuletzt abgerechneten Jahre 1993, 1994
undl995 herausgegriffen:
Die SPÖ-Mandatare
Die SPÖ-Mandatare erhielten im Jahr 1993 400.000 öS aus der Volksgruppenförderung
und gaben davon 395.450 öS (das sind 98,9%) für "Büromaterial, Büromiete und
Büroinfrastruktur" aus. Bezeichnend ist dabei, daß sich das Büro des SP-Präsidiums im
Haus der SP-Burgenland befindet, die Miete nach Angaben des Bundeskanzleramtes
daher auf das Konto der Landesparteizeitung der SPÖBurgenland ',BF" und an den
"Sozialdemokratischen Gemeindevertreterverband" überwiesen wurde. Lediglich 1,1%
wurden im Jahr 1993 für "Seminarspesen" ausgegeben.
Ähnlich die Aufschlüsselung für das Jahr 1994: 266.195,2 öS gaben die SPÖ-Mandatare
für "Büromaterial, Büromiete und Büroinfrastruktur(" im SPÖ-Haus in Eisenstadt aus,
54.804,80 öS für Honorare und Reisespesen. Besonders bedenklich: Im Jahr 1994
mußten die SPÖ-Mandatare 179.000 öS an Volksgruppenförderung zurückzahlen, weil
keine Belege vorhanden waren.
Im Jahr 1995 erhielten die SPÖ-Mandatare aus der Volksgruppenförderung
190.190,00 öS für Mietkosten, die an den Sozialdemokratischen
Gemeindevertreterverband des Burgenlandes weiterflossen. Die Telefonkosten der SPÖ-
Mandatare werden aus der Volksgruppenförderung bezahlt. Die Rechnung dafür stellt
aber nicht die Post, sondern der Sozialdemokratische Gemeindevertreterverband.
ln den Jahren von 1989 bis 1992 betrug jener Anteil an der Volksgruppenförderung, den
die SPÖ Mandatare n/nicht für das Parteibüro im SPÖ-Haus in Eisenstadt ausgaben nur
7,6%. Der Rest, nämlich 92,4 % , wurden wieder für "Büroinfrastruktur und Miete" bezahlt.
Die ÖVP-Mandatare
Die ÖVP-Politiker erhielten 1993 ebenfalls 400.000 öS und gaben diese wie folgt aus:
398.645,8 öS (das sind 99,79%) wurden für "Büroausstattung und Büromaterial!"
ausgegeben, 1.354,2 öS (das sind O,3%) fielen an "Reisespesen" an. Es wurde laut
Bundeskanzleramt kein einziger Schilling für Projekte, kulturelle Aktivitäten, zweisprachige
Publikationen, usw. ausgegeben.
ln den Jahren davor beschränkte sich die ÖVP darauf, mit dem Volksgruppengeld jeweils
ein ÖVP-Popfestival zu veranstalten. Als 1 991 kein Pop-Festival veranstaltet wurde,
zahlten die ÖVP-Mandatare 66.952,11 öS an das Bundeskanzleramt zurück. Den Rest
von den gewährten 100.000 öS hatten die ÖVP-Politiker bereits verbraucht: für
Verwaltungsaufwand und Reisekosten".
Rechnungshofkontrolle:
Auf die ausdrückliche Frage "1. Wurde die Förderung der SPÖ-Mandatare aus der
Volksgruppenförderung bereits vom Rechnungshof überprüft?" (Parlamentarische
Anfrage der Abg. zum Nationalrat Mag. Terezija STOlSlTS. 134/J) antwortete
Bundeskanzler Vranitzky: "Der Rechnungshof überprüft die die Volksgruppenförderung
betreffende Gebarung im Rahmen seiner Kontrolle gegenüber dem Bundeskanz!eramt,
wobei gem. § 9 RHG 1948 i.d.g.F. eine stichprobenartige Überprüfung des jeweiligen
Rechnungsabschlusses betreffend das vorausgegangene Finanzjahr erfolgt. "
(Anfragebeantwortung 146/AB vom 10. April 1996)
Auf Nachfrage, Ob die konkrete Förderung von SPÖ-Mandataren aus der
Volksgruppenförderung" bereits vom Rechnungshof überprüft wurde und mit welchen
Ergebnissen (Parlarnentarische Anfrage der Abg. zum Nationalrat Mag. Terezija
STOlSlTS 988/J) antwortete Bundeskanzler Vranitzky: "Nein.', (Anfragebeantwortung
1111/AB vom 11. September 1996)
ln der Sitzung des Nationalrates am 26. Feber 1997 behauptete der OVP-Abgeordnete
Paul Kiss, im Rahmen der Debatte des Volksgruppenberichtes 1995, daß der
Rechnungshof sehr wohl die Volksgruppenförderung ,'regelmäßig kontrolliert".
Die zitierten Aussagen bezüglich der Tätigkeit des Rechnungshofes können
offensichtlich nicht alle richtig sein. Da versteckte Parteienfinanzierung aus den Töpfen
der Volksgruppenförderung äußerst bedenklich ist, den Interessen der Volksgruppen
schadet und da durch diese Praxis der ÖVP und SPÖ die Volksgruppenförderung also
solche in Mißkredit gebracht werden kann, stellen unterfertigten Abgeordneten folgende
ANFRAGE:
1 . Wurde die konkrete Förderung von SPÖ-Mandataren aus der
Volksgruppenförderung bereits vom Rechnungshof überprüft?
a) wenn ja, wann und mit welchen genauen Ergebnissen?
2. Wurde die konkrete Förderung von ÖVP-Mandataren aus der
Volksgruppenförderung bereits vom Rechnungshof überprüft?
a) wenn ja, wann und mit welchen genauen Ergebnissen?
3. Wurden sonstige Subventionen aus der Volksgruppenförderung bereits vom
Rechnungshof überprüft?
a) wenn ja, wann und mit welcher genauen Ergebnissen?
4. Werden Sie aufgrund der angeführten Unstimmigkeiten der
Förderungsabrechnungen im Hinblick auf den klare gesetzliche Definition, was
unter Volksgruppenförderung zu verstehen ist (Förderung von "Maßnahmen und
Vorhaben zur Erhaltung/ und Sicherung des Bestandes der Volksgruppen, ihres
Volkstums sowie ihrer Eigenschaften und Rechte", siehe Volksgruppengesetz 1976,
§8), in Hinkunft bei stichprobenartigen Überprüfungen der Gebarungen des
Bundeskanzleramtes die angesprochenen Förderungen der Mandatarsvereine in
ihre Stichproben einbeziehen?