2209/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Mentil, Haigermoser, Meisinger

und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend

Einführung des "Luxemburger Modells" als Maßnahme gegen die

Schwarzarbeiter in der Bauwirtschaft

Hochrechnungen nach Umfragen haben ergeben, daß fast 25% aller im Lande durchgeführ-

ten Neu- und Umbauten durch "Eigenleistung, Nachbarschaftshilfe oder Pfusch" entstehen,

im Bereich ausschließlich privater Bauprojekte liegt dieser Wert sogar bei knapp 4O%.

Als Ursache für die Flucht in die Schattenwirtschaft und die Beschäftigung von Pfuscher-

partien wird zumeist die enorme Mehrwertsteuerbelastung offiziell vom Handwerker

durchgeführter Arbeiten genannt.

Das Pfuscherunwesen als schwerwiegende Folge verfehlter heimischer Steuerpolitik trägt

jedoch seinerseits wesentlich zur ohnehin krisenhaften Entwicklung der österreichischen

Bauwirtschaft, die im heurigen Jahr voraussichtlich weitere 5.000 Arbeitsplätze verlieren

wird, bei.

Bereits 1996 betrug der - naturgemäß schwer zu schätzende - gesamte Umfang der Schat-

tenwirtschaft in Österreich rund 7% des BIP, was einer Wertschöpfung von rund ATS 160 /"

Mrd. entspräche. Dem Staat entgingen allein dadurch jährlich Steuern und Abgaben von

ATS3OMrd.biszuATS5OMrd.

Im Bereich der Wohnbauinvestitionen ergibt sich folgendes Bild :

 

 

Jahr                       Nettoinvestition                  Mehrwertsteuer                 Eigenleistung,Pfusch

1994                       125,0 Mrd.                            25,0 Mrd.                              28,5 Mrd.

1995                       131,8 Mrd.                            26,4 Mrd.                              30,0 Mrd.

1996                       133,2 Mrd.                            26,6 Mrd.                              30,7 Mrd.

1997                       135,8 Mrd.                            27,2 Mrd.                              31,4 Mrd.

1998                       139,0 Mrd.                            27,8 Mrd.                              32,1 Mrd.

 

 

Bereits mehrmals haben daher freiheitliche Abgeordnete Anträge im Nationalrat einge-

bracht, um die negativen Auswirkungen der gesetzwidrigen Schattenwirtschaft im Wohn-

bau (unterläuft unser Sozialversicherungssystem, verursacht Kosten für Arbeitslose sowie

Lohn- und Einkommensteuerausfälle, gefährdet Handwerksbetriebe und die gesamte Bau-

wirtschaft, ist aus Sicht des Konsumentenschutzes hinsichtlich Haftung und Gewährlei-

stung problematisch, etc.) durch Umsetzung des sogenannten "Luxemburger Modells" zu

vermindern.

Dabei würde all jenen Bauherren, die ihre Arbeiten von Professionisten durchführen ließen,

mindestens 5O% der bezahlten Mehrwertsteuer rückvergütet.

Nach aktuellen Berechnungen des WIFO (welches von einer 50%igen Erstattung der

Mehrwertsteuer ausgeht) könnte durch diese Maßnahme ein Drittel der Pfuscharbeiten

,legalisiert' werden, ein beschäftigungspolitischer Effekt von rund 11.000 neuen Arbeits-

plätzen sei zu erwarten.

Die Mehrwertsteuerverluste in Höhe von rund ATS 12 Mrd. würden kompensiert durch

höhere Sozialversicherungsbeiträge, geringere Kosten für Arbeitslosigkeit, höhere Ein-

nahmen bei Lohn- und Einkommenssteuer sowie ein Ansteigen des BIP um O,3% .

Die unterfertigten Abgeordneten vertreten die Ansicht, daß die krisengeschüttelte Bauwirt-

schaft durch Verwirklichung des "Luxemburger Modells" gezielt entlastet werden kann

und stellen daher an den Bundesminister für Finanzen folgende

Anfrage

1. Existieren Untersuchungen bzw. Berechnungen des Finanzministeriums hinsichtlich der

zu erwartenden budgetären Auswirkungen der Umsetzung des "Luxemburger Modells"?

Wenn ja, was ist das Ergebnis dieser Untersuchungen bzw. Berechnungen?

2. Ist lhnen die Berechnung des WIFO bekannt, wonach im Falle der Umsetzung des

"Luxemburger Modells" der Endall von Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von etwa

ATS 12 Mrd. durch höhere Sozialversicherungsbeiträge und steigende Lohn- und Ein-

kommensteuereinnahmen sowie ersparte Arbeitslosengelder weitgehend kompensiert

würde und zusätzlich eine Steigerung des BIP in Höhe von O,3% zu erwarten sei? Wenn

ja, erwarten Sie als Finanzminister ähnlich positive Effekte des "Luxemburger Mo-

dells"?

3. Welche Argumente sprechen nach Ihrer Ansicht dennoch gegen eine Umsetzung des

"Luxemburger Modells" in Österreich?

4. Sind Sie bereit, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf zum Umsatzsteuer-

gesetz vorzulegen, welcher sich zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft in der Baubranche

am sogenannten "Luxemburger Modell" orientiert und eine mindestens 50%-ige Umsatz-

steuerrückvergütung für Arbeitsleistungen von Professionisten für private Bauherrn vor-

sieht?

5. Haben Sie diesbezügliche Gespräche mit den Bundesministerien für Arbeit, Gesundheit

und Soziales sowie für wirtschaftliche Angelegenheiten geführt, und wenn ja, was war das

Ergebnis dieser Gespräche? Welche Auswirkungen auf die Insolvenzstatistik wären von

einer Umsetzung des "Luxemburger Modells" zu erwarten? Welche volkswirtschaftlichen

Effekte erwartet das Wirtschaftsministerium, welche sozialpolitischen Effekte das Sozial-

ministerium von einer Umsetzung des "Luxemburger Modells"?

6. Welche anderen finanz- und wirtschaftspoli6schen Maßnahmen scheinen Ihnen allenfalls

geeignet, dem Pfuscherunwesen wirkungsvoll zu begegnen? Welche diesbezüglichen In-

itiativen wollen Sie in den nächsten Jahren setzen?