2237/J XX.GP
A n f r a g e
der Abg. Mag. Haupt, Haller, Dr. Pumberger
an die Bundesministerin für Arbeit , Gesundheit und Soziales
betreffend bessere Ausbildung für Rettungs-Sanitäter
"Durch qualifizierte Hilfe könnten jährlich mindestens 520 der
österreichweit rund 4000 Unfalltoten gerettet werden. Ebenso 1600 bis
2100 Menschen mit plötzlichem Herzstillstand, " stellt der Präsident
der Österreichischen Akademie für Gesundheitswesen fest.
"Wenn Sanitäter ohne Arzt am Unfallort sind, führt das für die Patienten
oft direkt in die Pathologie" , erklärt der zwei Jahre im österreichischen
Rettungswesen tätig gewesene Internist und Notfallmediziner F. St . , der im
Vorjahr aus Protest über die patientengefährdenden Zustände seine Tätigkeit
als Chefarzt des Wiener Roten Kreuzes zurücklegte und nunmehr im AKH
arbeitet.
Kein Wunder: Sanitätsgehilfen sind formal Hilfsarbeiter, für deren
hauptamtliche Tätigkeit bloß ein knapp dreiwöchiger Kurs innerhalb von
zwei Jahren nach der Anstellung erforderlich ist, obwohl diese ca. 2000
Personen in der Regel von Anfang an zu Noteinsätzen eingeteilt werden.
Demgegenüber ist "Rettungssanitäter', in Deutschland, Ungarn, Norwegen
und England ein eigenständiger Beruf mit mehrjähriger Ausbildung.
"Wir haben uns einstimmig für eine dreijährige qualifizierte Berufs-
ausbildung ausgesprochen. Dafür soll den Sanitätern dann im Gegenzug
die Kompetenz gegeben werden, Grundtechniken, wie Intubieren, Infusionen
setzen oder Defibrillation, durchzuführen" , sagte der Notfallreferent
der Wiener Ärztekammer als Mitglied einer entsprechenden Arbeitsgruppe,
Auch der Leiter der Rotkreuz-Leitstelle Kufstein spricht sich für die
Besserqualifizierung von Rettungssanitätern aus: ',Meine Leute wären die
ersten, die die Schulen stürmen" , denn ,es gibt nichts Schlimmeres , als
hilflos dabeizstehen , wenn wirkliche Hilfe gefragt wäre . ',
Widerstand gegen diese lebensrettenden und arbeitsplatzschaffenden
Maßnahmen kommt interessanterweise von den Zentralstellen des Roten
Kreuzes und anderer Hilfsorganisationen, die sowohl von der öffent-
lichen Hand als auch aus Spendengeldern großzügig finanziert werden
und an deren Spitze so mancher sozialdemokratische Altpolitiker steht .
Es sind zwar die meisten Einsatzwagen aus öffentlichen und privaten
Spendengeldern mit High-Tech-Medizin bestückt, in mehr als 1000 davon
fahren aber lediglich Sanitäter, die die Geräte gar nicht bedienen
dürfen. Mit dem Argument: 'Oberstes Prinzp muß sein, daß die Ausbildung
auch unseren Freiwilligen offensteht . Wenn ich den Grundstock zu hoch
ansetze, scheide ich ein Heer von 30 .ooo Freiwilligen aus. Das wollen
wir nicht, und das können wir uns nicht leisten" , setzt sich z.B. der
Generalsekretär des Rc,ten Kreuzes über die Interessen der Patienten
und der Sanitäter hinweg und nimmt so weitere unnötige Todesopfer in
Kauf. Dieses geld- und machtpolitische Kalkül übersieht eines:
Während jede vergebliche Rettungsfahrt letztendlich eine sinnlose Ausgabe
ist, Menschenleben kostet und die freiwilligen und hauptamtlichen Helfer
frustriert , kann fachgerechte , qualifizierte Erstversorgung die Anzahl
der Pflegetage um bis zu 10 % reduzieren.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin
für Arbeit, Gesundheit und 5oziales die nachstehende
A n f r a g e :
i . Wann hat das Bundesinstitut für Gesundheitswesen im Auftrag des
Gesundheitsministers einen ',Tätigkeits- und Bedarfskatalog zum
Thema Sanitäter erstellt?
2. Wie lautet dieser"Tätigkeits- und Bedarfskatalog'?
3 . Wann ist mit dem Abschluß der von Ihrer Amtsvorgängerin in Auftrag
gegebenen Studie: "Ausbildung zum Sanitäter und Notfallsanitäter"
zu rechnen?
4 . Werden Sie diese Studie dem Nationalrat zur Kenntnis bringen?
5 . Welchen akuten Handlungsbedarf hat Ihr Ressort angesichts des Umstandes ,
daß durch qualifizierte Hilfe jährlich mindestens 520 der österreich-
weit rund 4000 Unfalltoten gerettet werden können, ebenso 1.600 bis
2100 Menschen mit plötzlichem Herzstillstand, daß also jährlich
infolge unzulänglicher Rettungsmaßnahmen ca. 2100 bis 2600 Menschen
in Österreich vorzeitig sterben müssen ?
6 . Teilen Sie die Auffassung des Präsidenten der Akademie für Gesundheits-
wesen, wonach die Anzahl der Pflegetage der Patienten durch fachgerechte
Erstversorgung um 10 % reduziert werden könnte, was Einsparungen von
4 , 28 Mrd. öS im Gesundheitssystem mit sich brächte ?
7. Teilen Sie die Auffassung des für die Sanitäterausbildung zuständigen
Beirates und des Notfallreferenten der Wiener Ärztekammer, daß
Rettungssanitäter nach einer dreijährigen Qualifizierten Berufs-
ausbildung bei der Erstversorgung von Notfallopfern Grundtechniken
wie Intubieren, Infusionen setzen und Defibrillation durchführen
dürfen 7
8 . Bis wann ist mit seiner Regierungsvorlage zur besseren Audbildung
und Ausübung des Berufes Rettungssanitäter zu rechnen ?
9 . Werden Sie bis zur Inkraftsetzung eines solchen Gesetzes dafür
sorgen, daß e.ine ausreichende Zahl von Notfallärzten auch in .länd-
lichen Regionen zur Erstversorgung von Notfallopfern zum Einsatz
kommt ?
10 . Wie lauten derzeit die Kostenabgeltungsverträge für das Rettungswesen
zwischen den Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen einerseits
und den Sozialversicherungsträgern andererseits?
1 1 . Wie lautet die Meinung Ihres Ressorts zur Haltung des Österreichische
Roten Kreuzes: Das ÖRK hält sich nicht für berechtigt, Spenden, die
es von der österreichischen Bevölkerung für allganeine humanitäre
Zwecke erhält, auf Dauer zur Bezahlung von Kosten zu verwenden, deren
Deckung gemäß Verfassung und Gesetz den Gebietskörperschaften und/oder
den Sozialversicherungen obliegt ', ( Denkschrift 1990 ) , obwohl
Spendensammlungen meist mit dem Hinweis auf das Rettungswesen oder
im Zusammenhang mit Gesundheitsaktionen ( z . B . Blutspendewesen )
erfolgen 7
12. Welche Ausbildungsverbesserungen sind aus Gesundheitspolitischer
Sicht für freiwillige Helfer im Sanitätsdienst von Hilfsorganisa-
tionen zu empfehlen?