2305/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Maier
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Weisung des Justizministeriums an die Staatsanwaltschaft Graz
In zahlreichen internationalen Vereinbarungen und Verträgen - meist auf EU-Ebene - wurden
Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor Mißhandlungen vorgeschlagen und beschlossen,
um die Rechte der Kinder dieser Welt abzusichern und sie vor Mißbrauch und
Mißhandlungen zu schützen. Dies beinhaltet auch die im Dezember beschlossenen
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderjährigen in der
Europäischen Union.
Darin wird u.a. gef0rdert, daß die Kommission die Untersuchungsergebnisse betreffend der
Probleme, denen Kinder in der Europäischen Union ausgesetzt sind, zur Kenntnis nimmt. Des
weiteren wird auch gefordert, daß die Mitgliedsstaaten in ihrem Strafverfahrensrecht die
Möglichkeiten verbessern, daß Kinder als Opfer oder Zeugen von Gewalttaten nicht aufs
Neue deliktische Vorfälle in traumatischer Weise durchleben müssen, s0ndem unter
geeignetem, psychologischen Beistand befragt werden, wobei Videoaufnahmen oder andere
neue Technologien benutzt werden könnten.
Auch die europäische Entschließung vom 19.9.1996 zu minderjährigen Opfern von
Gewaltverbrechen beschäftigt sich mit dem Schutz der Kinder.
Nun hat nach Presseberichten das Justizministerium der - gegen einen Arzt emittelnden -
Staatsanwaltschaft in Graz die Weisung erteilt, gegen den Kinderchirurgen Dr. M. H. nicht
mehr zu ermitteln, weil ihm kein Vorsatz unterstellt werden könne, daß er den Täter hätte
schützen wollen.
Grund für diese Ermittlungen der StA in Graz waren schwerste Verletzungen eines
Kleinkindes, die ihm von seinem Vater zugefügt wurden. Trotzdem wurde durch den
Chirurgen, Dr. M. H. keine Strafanzeige gegen den offensichtlich Täter - den Vater dieses
Kleinkindes erstattet. Nach dem Bericht aus
dem "Kurier" liest es sich so: "Wenn Manuel
nicht aufhörte zu weinen, schüttelte er das Kind mit dem Kopf nach unten", er preßte den
Brustkorb zusammen, er drosch das Kind auf den Wickeltisch: Schädelbruch, Lebensgefahr".
Nach der österreichischen Rechtslage sind Ärzte bei schweren Kindesmißhandlungen zu einer
Anzeige bei der zuständigen StA verpflichtete. Es liegt somit keinesfalls an den Ärzten selbst,
die Entscheidung zu treffen, ob ein Täter zu therapieren oder zu bestrafen sei.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1 . Ist es richtig, daß das Justizministerium eine Weisung erteilte, die Ermittlungen
gegen den Chirurgen Dr. M. H. einzustellen ?
2. Wenn ja, mit welcher Begründung ?
3. Gibt es dazu ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßes nach dem Ärztegesetz ?
4. Wer hat Ihrer Meinung nach zu entscheiden, ob ein Täter zu therapieren oder
anzuzeigen und damit zu strafen sei ?
Ist es der Arzt oder die Justiz ?
5. Bekennen Sie sich zur Anzeigeverpflichtung nach dem Ärztegesetz bei (schweren)
Kindesmißhandlungen ?
6. Wie oft hat das Justizministerium in den letzten 5 Jahren Weisungen erteilt,
Ermittlungen gegen Ärzte einzustellen, die ihrer gesetzlichen Anzeigeverpflichtung
bei Kindesmißhandlungen nicht nachgekommen sind ?
7. In wievielen Fällen haben in den letzten fünf Jahren Ärzte bei Kindermißhandlungen
Anzeige erstattet ?