2340/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend die "Demokratie der Könige" eine Tafelrunde der Privilegienritter?

Im Zuge der Debatte um die Aufnahme von Frauen in das Staatsopernorchester und bei den

Wiener Philharmonikern beschlossen die Wiener Philharmoniker auf die staatliche

Subvention in der Höhe von 2,5 Millionen Schilling pro Jahr zu verzichten. Angesichts

eines immer wieder kolportierten Jahreseinkommens des Vereins Wiener Philharmoniker in

der Höhe von etwa 150 Millionen, dürfte der Verzicht leicht gefallen sein.

Zweifellos erhält damit der Verein der Wiener Philharmoniker keine direkte staatliche

Subvention mehr, dennoch erhält der Verein der Wiener Philharmoniker indirekt weiterhin

staatliche Gelder. So treten sie etwa bei den Salzburger Festspielen auf, die staatlich

subventioniert werden .

Die Mitglieder der Wiener Philharmoniker erhalten aber nicht nur via indirekter

Subventionen staatliche Gelder, sondern auch als Angestellte des Wiener

Staatsopernorchesters und zum Teil auch als Lehrende (Professoren) an österreichischen

Musikhochschulen. Das bedeutet, daß einige Philharmoniker sowohl als Mitglied des

Staatsopernorchesters ein volles Gehalt beziehen als auch als Professor (Lehrender) an einer

österreichischen Musikhochschule. Dieselbe Person hat also zwei volle Dienstverhältnisse

zum Staat. Angesichts von Sparpaketen an den Hochschulen ein höchst fragwürdiger

Doppelverdienst. Fragwürdig auch deshalb, da beide Tätigkeiten wohl kaum in vollem

Ausmaß erfüllt werden können, zumal zu diesen beiden Tätigkeiten noch die

Verpflichtungen (Konzertreisen etc.) als Mitglied der Wiener Philharmoniker kommen.

Jedem anderen Dienstnehmer des Staates jedenfalls würde eine derartige Neben- bzw.

Doppeltätigkeit nicht genehmigt werden.

International gesehen ist eine derartige Doppelbeschäftigung jedenfalls unüblich: So gibt es

bei den vergleichbaren Berliner Philharmonikern ein Unvereinbarkeitsprinzip. Wer eine

Professur annimmt, muß als Philharmoniker ausscheiden bzw. wer Philharmoniker wird

und eine Professur innehat, muß sich entgeltlos karenzieren lassen, Der Hintergrund für

diese Regelung: In Berlin geht man davon aus, daß ein und dieselbe Person nicht

gleichzeitig zwei volle Jobs ausüben kann, schon gar nicht beim selben Arbeitgeber, dem

Staat. - In Österreich ist das selbst Politikern nicht mehr erlaubt, es ist ein Privileg der

Wiener Philharmoniker.

Der Verzicht auf die 2,5 Subventionsmillionen mag den Philharmonikern auch noch aus

einem anderen Grund leicht gefallen sein . Wurde doch schon 1 983 eine den

Philharmonikern gestrichene Subvention in das Gehalt der Staatsopernmusiker integriert,

was nebenbei bemerkt auch die enormen Gehaltsunterschiede zwischen Staatsopern- und

Volksopernmusikern erklärt, wie Josef Kirchberger gegenüber dem "Standard" am

1 8.1.1997 zugab .

"Josef Kirchberger, der stellvertretende Generalsekretär des Bundestheaterverbandes,

gesteht ein, daß eine Lohnerhöhung (für das Volksopernorchester; Anm. MP) bisher nicht

erwirkt werden konnte. Warum es einen derart groben Unterschied gibt, erklärt er mit dem

1983 abgeschlossenen Kollektivvertrag, der eine damals gestrichene Philharmoniker-

Subvention in die Gehaltsbezüge der Musiker integrierte." (Der Standard, 18.1.1997, Vor

dem Staat sind nicht alle gleich.)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie hoch ist der Anteil, den der Staat in den letzten drei Jahren für die Verpflichtung

der Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen bezahlt hat? (Bitte für jedes

Jahr die Höhe getrennt angeben!)

2. Erhalten die Wiener Philharmoniker auch noch für andere Auftritte staatliche Gelder?

Wenn ja: Für welche Auftritte und wie hoch waren in den letzten drei Jahren die

jeweiligen Beträge? (Bitte für jedes Jahr die Höhe getrennt angeben!)

3. Wie hoch ist die Gesamtsumme (in Form von Gehältern etc.), die die Mitglieder der

Wiener Philharmoniker in den letzten drei Jahren als Mitglieder des

Staatsopernorchesters insgesamt erhielten? (Bitte für jedes Jahr die Höhe getrennt

angeben!)

4. Ist es richtig, daß jene Mitglieder der Wiener Philharmoniker, die auch als Lehrende

an österreichischen Musikhochschulen tätig sind, als Mitglieder des

Staatsopernorchesters ein volles Gehalt beziehen? Wie hoch ist der durchschnittliche

Verdienst derartiger Philharmoniker?

5. Halten Sie einen derartigen Doppelverdienst für gerechtfertigt? Ist eine derartige

Doppeltätigkeit gesetzlich gedeckt? Auf welcher gesetzlichen Basis erfolgt die

Genehmigung einer derartigen Neben- bzw. Doppeltätigkeit? Gibt es in Ihrem Ressort

noch andere Dienstnehmer, denen eine derartige Doppeltätigkeit zugestanden wird?

Wenn ja: Wie viele?

6. Halten Sie die drei Tätigkeiten der Philharmoniker - 1 . Mitglied des

Staatsopernorchesters, 2. Mitglied der Wiener Philharmoniker und 3. Lehrender an

Musikhochschulen - zeitlich für vereinbar? Wenn nein, warum erhalten sie als

Lehrende ein volles Gehalt (nur wenn Frage 4 positiv beantwortet wurde)?

7. Zusätzlich zum Sommerurlaub bekommen die Philharmoniker auch Sonderurlaub

während des Staatsopernbetriebes, z.B. für Tourneen. Werden die Substituten von den

Philharmonikern oder vom Staat (der Bundestheaterverband), was einer direkten

Subvention gleichkäme, bezahlt? Was kosten die Substituten?

8. Wie sieht die Karenzregelung aus, die anläßlich der Aufnahme von Frauen in das

Staatsopernorchester ausgehandelt wurde? Tritt diese Regelung bereits nach den 16

Wochen Mutterschutz ein oder erst mit der Inanspruchnahme der Karenz (ab der

wievielten Woche?)? Wie lautet der exakte Text? Wird diese Regelung auch für

andere Orchester gelten und sind für andere Berufsgruppen ähnliche Regelungen

vorgesehen oder handelt es sich dabei um eine "Lex Wr. Philharmoniker"?

9. Wie hoch war die Subvention, die laut Josef Kirchberger den Philharmonikern 1983

gestrichen wurde? Wie hoch fiel damals die mit der Streichung zusammenhängende

Gehaltserhöhung aus? Was hat diese Gehaltserhöhung dem Staat bis heute gekostet?

Was wird sie ihm in Form von höheren Pensionen kosten?