2406/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

betreffend Privatisierungspläne und Zielsetzungen bei den Bundesmuseen

Im Kulturbericht, der unlängst im Kulturausschuß und im Nationalrat behandelt wurde, ist

keine klare Zielsetzung für die einzelnen Bundesmuseen ersichtlich. Im Kulturbericht und

im Kulturausschuß wurden von seiten des Ministeriums nur die im

Forschungsorganisationsgesetz 1981 genannten Ziele "Sammeln, Bewahren, Erschließen"

genannt. Sektionschef Wran hat in diesem Zusammenhang die unbefriedigende Erklärung

gegeben, daß "Sammeln, Bewahren, Erschließen" sehr allgemein sei und sich daher schwer

in Worte fassen lasse, daher habe man den Direktoren eine thematische Autonomie

gegeben.

Die drei genannten Zielsetzungen entsprechen einem sehr alten und unzeitgemäßen

Museumsbild, das offenbar auch in die Formulierung des Forschungsorganisationsgesetzes

eingeflossen ist, doch inzwischen sind 16 Jahre vergangen und im Museumbereich hat sich

in dieser Zeit international viel verändert. Ziele wie Präsentation, Vermittlung,

Museumsdidaktik oder Marketing sind darin nicht erhalten, obwohl sie für ein modernes

und erfolgreiches Museum unerläßlich sind. Das International Council of Museums

(ICOM), die international bedeutsamste Museumsvereinigung, definierte übrigens schon

1975, also noch vor der Verabschiedung des Forschungsorganisationsgesetzes, die

Aufgaben des Museum wesentlich weiter:

"A museum is a non-profit-making, permanent institution in the service of society and

of its development, and open to the public which acquires, conserves, researches,

communicates and exhibits, for purposes of study, education and enjoyment, material

evidence of people and their environment" . Article 1 of Statutes. Code of Professional

Ethics, International Council of Museums.

Eine derartig "sehr allgemein" (Wran) gehaltene Zielsetzung, wie sie im Kulturbericht

ausgeführt ist, erlaubt zwar einerseits eine große Autonomie auf seiten der Museen,

andererseits aber auch viel Willkür auf seiten des Ministeriums, da keine klare Direktiven

vorgegeben sind, auf die sich die Museen berufen könnten. Den Museen wird damit eine

längerfristige Planung erschwert, da Entscheidungen auf seiten des Ministeriums mangels

politischer Leitlinien und Ziele jederzeit umgestossen werden können.

Aus diversen Presseberichten und aus Aussagen der Ressortministerin im letzten

Kulturausschuß geht hervor, daß derzeit an der Einrichtung der Vollrechtsfähigkeit und

damit an einer Ausgliederung der Museen aus dem Ministerium gearbeitet wird. Angesichts

der Unklarheit der museumspolitischen Ziele ist es fraglich, ob klare politische

Zielsetzungen hinter dieser Privatisierungs- bzw. Ausgliederungsabsicht bestehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1 . Gibt es seitens des Ministeriums ein klar formulierte, transparente Museumspolitik?

Wenn ja: Wie sieht diese aus?

2. Warum sind in den allgemeinen Zielsetzungen, wie sie im Kulturbericht und im

Kulturausschuß formuliert wurden (Bewahren, Sammeln, Erschließen), keine

zukunftsweisenden Aufgaben der Museen (wie Präsentation, Vermittlung,

Museumsdidaktik oder Marketing) enthalten?

3. Ist Ihnen die obzitierte Museumsdefinition von ICOM bekannt? Wenn ja: Aus

welchen Gründen vertreten Sie im Kulturbericht die zwar im

Forschungsorganisationsgesetz 1981 genannte, aber wesentlich engere und

internationalen Entwicklungen nicht Rechnung tragende Auffassung von den

Aufgaben der Museen?

4. Weil die Zielsetzung sehr allgemein sei und sich daher schwer in Worte fassen lasse,

habe man den Direktoren eine thematische Autonomie gegeben, hat Sektionschef

Wran im Kulturausschuß erläutert. Wie sieht diese "thematische Autonomie" konkret

aus?

5. Haben die einzelnen Museen eine klar formulierte, nachlesbare und einsehbare

Museumspolitik für ihr jeweiliges Haus ausgearbeitet, die vom Ministerium akzeptiert

wurde und auf die sich die Museen im Zweifelsfall auch berufen können? Wenn ja:

Warum finden sich im Kulturbericht im Sinne von größerer Transparenz diese

ausformulierten Museumspolitiken nicht?

6. Wie werden die Zielsetzungen - so derartige vorhanden sind -, die sich die einzelnen

Museen im Rahmen der "thematischen Autonomie" gesetzt haben, mit der

Museumspolitik des Ministeriums abgestimmt, und wie wird die Erreichung der Ziele

seitens des Ministeriums evaluiert und kontrolliert?

7. Wie wird die "thematische Autonomie" der einzelnen Häuser aufeinander abgestimmt,

sodaß Doppelgleisigkeiten verhindert und Synergieeffekte genutzt werden? Wie

erfolgt in diesem Zusammenhang die Koordination der Häuser?

8. Im letzten Rechnungshofbericht ist zu lesen: "Für die meisten Museen fehlte jedoch

ein Marketingkonzept" . Ist ein derartiges Marketingkonzept für die einzelnen Museen

inzwischen erstellt worden?

9. Wie weit sind die Vorarbeiten im Hinblick auf die Vollrechtsfähigkeit der

Bundesmuseen schon gediehen? Gibt es dazu schon einen ausformulierten Entwurf?

Gab es schon Gespräche mit den Direktoren und anderen Museumsexperten? Wenn ja:

Wie oft und mit welchen? Gibt es Entwürfe von seiten der Direktoren oder anderer

Experten?

10. Was sind die kulturpolitischen, gesellschaftspolitischen und ökonomischen Ziele dieser

angestrebten Vollrechtsfähigkeit und anvisierten Ausgliederung?

11 . Welche internationalen Erfahrungen betreffend Vollrechtsfähigkeit und Ausgliederung

wurden bisher bei den Vorarbeiten berücksichtigt?

12. Wann werden erste Entwürfe der Öffentlichkeit vorgestellt werden? Wie sieht der

Zeitplan für die weitere Vorgangsweise aus?