2411/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Haider, Scheibner, DI Schöggl

und Kollegen

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten

betreffend zukünftige Ausgestaltung der österreichischen Sicherheitspolitik

Auf dem Gebiet der europäischen Sicherheitspolitik finden entscheidende Entwicklungen und

Weichenstellungen statt. Es steht fest, daß ein Sicherheitssystem in Europa, wie immer es

letztlich aussehen wird, nur mit und um die NATO entstehen wird. Im Bereich der

Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in Europa wird nichts gänzlich Neues entstehen. Ganz

im Gegenteil, die NATO entwickelt sich mehr und mehr zum Fundament eines neuen

europäischen Sicherheitssystems. Im Juli dieses Jahres werden die Verhandlungen der NATO

mit potentiellen Beitrittskandidatenländern beginnen. Mit Rußland wird die NATO demnächst

ein Sondersicherheitsabkommen abschließen. Durch diese sicherheitspolitisch bedeutsamen

Entwicklungen wird ein weiterer Schritt zur Überwindung der Teilung Europas und damit zur

Erhöhung der Sicherheit gesetzt.

In der SPÖVP-Regierung herrscht über die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik

absolute Uneinigkeit. Während die Sozialdemokratische Partei Österreichs Flugblätter mit

dem Wahlspruch "Statt NATO und Waffen Arbeitsplätze schaffen" (siehe Beilage) unters

Volk bringt, hat die Österreichische Volkspartei in allerletzter Sekunde die Zeichen der Zeit

erkannt und den NATO-Beitritt zur Regierungssache mit "Dringlichkeitsstufe römisch eins"

erklärt. Es besteht wenig Hoffnung, daß, obwohl sich auch in der SPÖ einige vernünftige

Stimmen zu Wort melden, sich diese Situation zeitgerecht ändern wird. Vielmehr weist

Bundeskanzler Mag. Klima Aussagen, wonach Österreich in den nächsten Monaten über

einen eventuellen Beitritt entscheiden müsse, strikt zurück: "Das ist nicht erforderlich, wir

haben ausreichend Zeit die Entwicklung zu beobachten..." (APA, 12. 5. 1997). Durch diese

Haltung jedoch besteht akute Gefahr, daß unser Land die sicherheitspolitischen

Entwicklungen in Europa versäumt und völlig auf sich allein gestellt an der Organisation einer

optimalen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu scheitern droht.

Es ist daher an der Zeit, daß die Bundesregierung in der wichtigen Frage der Zukunft der

österreichischen Sicherheitspolitik endlich eine einheitliche und klare Linie verfolgt und

längst fällige Entscheidungen trifft, um die Sicherheit unseres Landes und der Bevölkerung

bestmöglich gewährleisten zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an den Herrn

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten folgende

ANFRAGE

1. Werden Sie, angesichts des Bestrebens der ÖVP nach raschem Beitritt Österreichs zur

NATO ("Dringlichkeitsstufe römisch eins"), darauf drängen, den diesbezüglichen

Regierungsbericht so rasch wie möglich dem Parlament vorzulegen?

* Wenn ja, wann soll dieser dem Parlament vorgelegt werden?

* Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

2. Sind Sie ebenso wie der Herr Bundeskanzler der Auffassung, daß es nicht erforderlich ist

in den nächsten Monaten über einen eventuellen NATO-Beitritt Österreichs entscheiden zu

müssen, da wir (Österreich) "ausreichend Zeit haben die Entwicklung zu beobachten"?

* Wenn ja, aus welchen Gründen?

* Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie diesbezüglich wann ergreifen?

3. Ist es zutreffend, daß die NATO derzeit eine "namentlich begrenzte Erweiterungsrunde von

ehemaligen Staaten des Ostblocks" vor hat, wie Bundeskanzler Mag. Klima (APA,

12.5.1997) meinte?

* Wenn nein, wie erklären Sie sich den diesbezüglichen Informationsstand des Herrn

Bundeskanzlers?

* Wenn ja, wie ist die von Ihnen in Mons getätigte Aussage: "Ich ... würde eine

dahingehende Stellungnahme des Gipfels begrüßen, daß alle gegenwärtigen Mitglieder der

Union (Anm. EU) eingeladen werden, der NATO beizutreten ...", zu verstehen?

4. Wird "ein Fernbleiben aus der NATO die Stellung Österreichs in der EU gefährden", wie

Sie in der "Presse" vom 2.5.1997 meinten?

* Wenn ja, aus welchen Gründen, inwieweit und mit welchen Konsequenzen?

* Wenn nein, was veranlaßte Sie zu dieser Aussage?

5. Existieren in Ihrem Ressort außen- und sicherheitspolitische Untersuchungen und

Beurteilungen betreffend die Ausgestaltung der künftigen österreichischen Außen- und

Sicherheitspolitik?

* Wenn ja, welche und zu welchem Schluß gelangen diese?

* Wenn nein, warum nicht?

6. Wie sieht aus Ihrer Sicht die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik für den Fall

eines Nicht-Beitritts zur NATO und WEU aus?

* Welche sicherheitspolitische Vorteile erwarten Sie sich durch einen solchen Nicht-Beitritt?

* Wie kann Ihrer Auffassung nach sonst die Sicherheit Österreichs bestmöglich gewährleistet

und gestaltet werden?

7. Ihr Regierungspartner SPÖ verteilt Flugblätter mit dem Titel: "Statt NATO und Waffen

Arbeitsplätze schaffen" (siehe Beilage). Besteht zwischen Sicherheitspolitik und

Arbeitsplatzpolitik Ihrer Auffassung nach ein Widerspruch?

* Wenn ja, wie sieht dieser aus?

* Wenn nein, wie erklären Sie sich diese Aussage der SPÖ im Verhältnis zur

Regierungspolitik?

8. Ist Ihrer Auffassung nach eine NATO-Mitgliedschaft mit den "Kernelementen" der

österreichischen Neutralität vereinbar?

* Wenn ja, weshalb?

* Wenn nein, warum nicht?

9. Ist Ihrer Meinung nach eine WEU-Mitgliedschaft Österreichs mit der Neutralität vereinbar?

* Wenn ja, warum?

* Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

10.Auf welche Höhe werden sich die Kosten eines NATO-Beitritts für Österreich belaufen?

* Gibt es hinsichtlich der diesbezüglichen Kosten in Ihrem Ressort Berechnungen, und wenn

nein, worauf beruhen Ihre Kostenschätzungen?

* Welche Kosten würden im Bereich der militärischen Landesverteidigung anfallen?

11.Stimmen Sie mit der von Bundeskanzler Mag. Klima in einem Interview (Salzburger

Nachrichten vom 22.2.1997) aufgestellten Behauptung überein, daß Österreich im Falle

eines NATO-Beitritts verpflichtet wäre Nuklearwaffen und/oder fremde Truppen auf

seinem Hoheitsgebiet zu stationieren?

* Wenn nein, warum nicht?

* Wenn ja, worauf stützt sich diese Behauptung?

* Existiert ein NATO-Dokument, das den Vertragsstaaten die unbedingte Stationierung von

Nuklearwaffen und/oder fremder Truppen vorschreibt und wenn ja, welches?

12.Welche Kosten würden entstehen, würde Österreich tatsächlich seine Landesverteidigung

nach Schweizer Muster, auf sich allein gestellt als bewaffnete Neutralität, organisieren?

* Wäre Österreich bei der Durchführung seiner Sicherheitspolitik nach Schweizer Vorbild zu

Nachrüstungen im Bereich der militärischen Landesverteidigung gezwungen?

* Wenn nein, warum nicht?

* Wenn ja, auf welche Höhe würden sich die Kosten für eine ernst genommene militärische

Landesverteidigung belaufen?