2457/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen
an den Bundesminister für äußere Angelegenheiten
betreffend F. Dvorak - einjährige U-Haft in Deutschland
Am 14. Mai 1996 wurde der österreichische Staatsangehörige F. Dvorak aufgrund eines
Haftbefehles des Direktors des Amtsgerichtes Garmisch-Partenkirchen, Körner, wegen des
Vorwurfes der angeblichen Hinterziehung von Abgaben in der Bundesrepublik Deutschland
verhaftet. In diesen Tagen jährt sich die Verhaltung Dvoraks, ohne daß bis heute ein
ordentliches Strafverfahren mit einem baldigen Urteilsspruch in Sicht wäre.
Die Verhaftung des österreichischen Staatsangehörigen erfolgte ohne vorherige Ladung des
Beschuldigten, wie dies aufgrund eines zwischenstaatlichen Abkommens zwischen der
Republik Osterreich und der Bundesrepublik Deutschland in Finanzstrafsachen vorgesehen
wäre, wobei beide Staaten derartige Ladungen im Rechtshilfeweg zustellen.
Wie aus einer umfangreichen Schilderung des Falles durch den Anwalt des Betroffenen
hervorgeht, dürfte die Haft einzig und allein ihren Zweck darin haben, Herrn Dvorak gefügig
zu machen und belastende Aussagen zu erzwingen. Diese greifbare strafbehördliche Absicht ist
in krassem Widerspruch zu menschenrechtlichen Grundsätzen in der Strafverfolgung und stellt
nichts anderes als Willkürjustiz dar.
Der erwähnte Sachverhalt ist Ihrem Ministerium aufgrund des früher bereits mit Anfrage vom
2. 10. 1996, 1298/J, übermittelten Schriftverkehrs des Anwaltes Dr. Klecan an Ihr Ministerium,
Abt. IV/1, bekannt. Dr. Klecan hat sich zuvor bereits mit Schreiben vom 9.9, 1996 in dieser
.Angelegenheit an ihr Ministerium gewandt.
Ich habe mich mit Schreiben vom 26.9.1996 an den Herrn Bundespräsidenten der
Bundesrepublik Deutschland gewandt.
Mit Anfragebeantwortung vom 28.11.1996, GZ 117.152/ß-IV 1/96, teilten Sie mir mit, daß
gegen den Beschuldigten Dvorak durch das bayrische Justizministerium am 21.11.1996
Gründe für die weitere Inhaftierung des Betroffenen mitgeteilt wurden. Ferner stellen Sie fest,
daß diese Gründe angeblich auch dem Rechtsvertreter des Betroffenen bekannt seien. Hiezu
halte ich fest, daß diese Gründe jedenfalls der aufgrund der menschlichen, familiären und
wirtschaftlichen Implikationen schwer betroffenen Ehegattin des Beschuldigten bis dato nicht
bekannt sind. Ihr ist auch nicht bewußt, welche zusätzlichen Grunde die Inhaftierung des
österreichischen Staatsbürgers im Rahmen einer einjährigen (!) Untersuchungshaft in einem
deutschen Gefängnis rechtfertigen würden. Ihr Hinweis in der bereits zitierten
Anfragebeantwortung, wonach Herr Dvorak "korrekt untergebracht" sei und "menschlich
zufriedenstellend behandelt" werde, kann nur als verwerflicher Zynismus gegenüber der
menschenrechtswidrigen Beraubung der Freiheit eines österreichischen Staatsbürgers gedeutet
werden.
Besonders grotesk wird Ihr Hinweis auf das in der Bundesrepublik Deutschland
vorherrschende Prinzip der Generalprävention, der sich auf die Frage nach österreichischen
Abwehrmaßnahmen bezieht. wenn österreichische Staatsbürger ohne Aburteilung zu
Pressionszwecken ihrer Freiheit beraubt werden. Es ist ein Grundsatz der Strafrechtspflege,
daß der generalpräventive Charakter einer Strafe auf einer rechtskräftigen Verurteilung durch
ein zuständiges Gericht nach einem rechtsstaatlichen Verfahren beruhen muß. Diese
Erfordernisse dürfen auch Ihnen und Ihrem Ministerium bekannt sein. Sich auf die Wirkung
der Generalprävention im Zusammenhang mit einer überlangen Untersuchungshaft zu beziehen,
läßt an hinreichender rechtsstaatlicher Gesinnung zweifeln.
Im Zusammenhang mit den vorstehend getätigten Feststellungen und vor dem Hintergrund des
Ihrem Ministerium ausführlich bekannten Sachverhaltes richten die unterfertigten
Abgeordneten an Sie als zuständigen Bundesminister für äußere Angelegenheiten folgende
ANFRAGE:
1.) Welche Bemühungen hat Ihr Ministerium zwischenzeitlich zugunsten des Betroffenen
mit dem Ziel seiner Enthaftung unternommen?
2.) Welche Schritte wird Ihr Ministerium unternehmen, um die menschenrechtswidrige
Fortdauer der nunmehr einjährigen Untersuchungshaft des Herrn F, Dvorak zu
beenden?
3.) Wann ist Ihren Informationen zufolge endlich mit einem ordentlichen strafgerichtlichen
Verfahren gegen F. Dvorak zu rechnen?
4.) Welche Meinung vertritt nach den österreichischen Erfahrungen der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zur Frage der überlangen Dauer einer
Untersuchungshaft, insbesondere dann, wenn dem Betroffenen die angeblich
hinreichenden Haftgründe nicht genannt werden?
5.) In welcher Weise wird die Republik Österreich dem Betroffenen bei der
Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Bundesrepublik Deutschland
behilflich sein - etwa aus dem Titel der Amts- oder Organhaftung. der Entschädigung
aus dem Titel des Schmerzengeldes und dergleichen.7