2463/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Kriegsdienstverweigerung in der Türkei
In der Türkei gilt die Kriegsdienstverweigerung als "Verbrechen erster Ordnung gegen den
Staat". Desertion wird ausschließlich von Militärgerichten verhandelt, was gegen die
Prinzipien der Trennung von Judikative und Exekutive verstößt. Es gibt kein Recht auf
Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wie es die Menschenrechtskommission der
UNO und der Europarat empfiehlt. Seit Mitte 1994 werden auch immer mehr bekennende
Kriegsdienstverweigerer von den türkischen Miltärgerichten zu jahrelangen Haftstrafen
verurteilt.
In der Türkei sind derzeit ca. 200.000 junge Männer "fahnenflüchtig". Im Frühjahr 1994
verlautbarte die türkische Regierung ein Ultimatum an alle Deserteure. Wer sich bis zum
16.05.1994 freiwillig bei den Streitkräften melden würde, bliebe straffrei. Von den damals
250.000 Wehrpflichtigen, die sich dem Dienst entzogen hatten, haben sich immerhin
60.000 aufgrund des Amnestieangebotes gemeldet. Angesichts der beschränkten Wirkung
solcher "Amnestien" begann der Oberste Generalstab, die Militärjustiz
einzusetzen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Können Sie sich eine bilaterale Initiative Österreichs gegenüber der Türkei vorstellen,
die die Menschenrechtslage von Kriegsdienstverweigerern thematisiert?
2. Erachten Sie es für angemessen, wenn deren Einberufung und Rekrutierung
eindeutig aus politischen und ethnischen Gründen erfolgt ist und deren
Strafverfolgung jeglicher rechtsstaatlicher Grundlagen entbehrt?
3. Werden Sie in den Fällen der inhaftierten und zu längeren Gefängnisstrafen
verurteilten Kriegsdienstverweigerer Oman Murat ÜLKE, Aytek ÖZEL, Arif Hikmet
IYIDOGAN bei der türkischen Regierung entsprechende diplomatische Schritte zur
Einhaltung der Menschenrechte und zu deren Entlassung veranlassen?
4. Werden Sie in den Fällen der SympathisantInnen der Verweigerer, der Schriftstellerin
Bilgesu ERENUS und der Fernsehjournalistin Tecfik BERBER und Erhan
AKYLDIZ, die über die Verweigererbewegung berichteten und die zu Haftstrafen
verurteilt wurden entsprechende diplomatische Schritte veranlassen?